Kommentar: Google zahlt Mini-Steuer in Großbritannien nach: Eine Farce

Mit einer Ministeuer in Höhe von 172 Millionen Euro verteilt auf 10 Jahre konnte sich einer der weltgrößten Konzerne - die aus den USA stammende Alphabet (besser bekannt durch seine Tochter Google) - nun aus einer in der Europäischen Union immer weniger gern gesehenen Steuerdrückerei zumindest in Großbritannien schleichen.

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Google hat allen Grund auf Wolke Sieben zu schweben: Die Steuernachzahlung ist letztlich ein Bonbon für Google.

Allerdings sollte man die 172 Millionen Euro Steuernachzahlungen von Google nicht zu hoch gewichten, schaut man sich die gewaltigen hoch profitablen Geschäfte von Google an. Neben den USA und Deutschland gehört Großbritannien zu den wichtigsten Ländern für Google. Der US-Konzern erwirtschaftet einen Großteil seines geschätzten 14 Milliarden US-Dollar Jahresgewinns in 2015 aus dem Monopolgeschäft mit Onlineanzeigen in seiner dominierenden Internetsuchmaschine (Adwords, Adsense) sowie auf YouTube (Werbespots).

Da Google keine Länder-Umsätze publiziert, bleiben Schätzungen. Und die lauten im Markt, dass Google alleine in Deutschland jährlich einen Umsatz von über 10 Milliarden Dollar umsetzen könnte und dass sich die Größenordnung in Großbritannien nicht viel weiter davon entfernt.

Wenn man nun hört, dass die Steuerrückzahlung von Google vom britischen Finanzminister George Osborne auf Twitter "als Sieg für uns" gewertet wird, ist das peinlich. Der Sieger ist mal wieder Google. Denn die Steuernachzahlung betreffe sogar mehrere Jahre.

Da Google aber auch in Großbritannien, wie in Deutschland, kaum Steuern bezahlt, da das Unternehmen sich unter anderem auf die Steuerflüchtlings-Insel Irland zurückzog und dort europäische Umsätze schön an der deutschen oder britischen Steuer vorbei verbucht - ähnlich wie es die weiteren amerikanischen Superkonzern Apple, Microsoft, Amazon, Starbucks oder Facebook in Europa machen - dann bleibt einem letztlich die Sprache weg.

EU-Politiker lassen sich von Google & Co seit bald 20 Jahren an der Nase herumführen

Die Sprache bleibt weg, auf Grund so viel Dummheit auf Seiten der nationalen wie supranationalen EU-Politiker, die sich seit nun bald 20 Jahren von den amerikanischen Superkonzernen an der Nase herumführen lassen. Wie effektiv die Steuerprellerei in Europa durch die amerikanischen Internet- und sonstigen Digitalkonzerne ist, lässt sich schon an der jährlichen Forbes Richest Liste ablesen. Standen dort vor noch 15 Jahren traditionelle Unternehmer und Steuerzahler an der Spitze - wie beispielsweise die deutschen Albrechts von Aldi - rücken die amerikanischen Steuertrickser aus der Internet-Szene immer weiter nach vorne.

Das Geschäft mit der Steuertrickserei in Europa honoriert die Börse und treibt damit die Privatvermögen der Nerds aus Silicon Valley in immer astronomischere Höhen. In den USA entfallen von den 300 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz der börsennotierten Internet-Konzerne 57% auf nur zwei Häuser: Auf Google und Amazon. Dies sagte kürzlich eine Studie. Gleichzeitig ist es kein Zufall, wenn US-Präsident Barack Obama (Demokraten) kürzlich sagte: Die US-Wirtschaft sei weltweit die hegemonialste und keiner solle sich über die Kraft und Macht der US-Wirtschaft irren.

Dem steht ein teils radikal die Wirtschaft regelrecht schadendes Verhalten der EU-Politik gegenüber europäischen Unternehmen. Man nehme beispielsweise den seit wenigen Jahren von der EU den Banken vorgeschriebenen Zwang, für jeden Pups im Bereich der elementarsten Kundenbetreuung eigener Kunden eine Einwilligung einholen zu müssen.

... Gleichzeitig drangsaliert die EU die heimische Wirtschaft mit irren schädigenden Regelungen

Selbst wenn die Bank einen für den Kunden offensichtlich nützlichen Vorschlag hat, wie beispielsweise der persönliche Überziehungskredit günstiger abgelöst werden könnte, als dauerhaft im teuren Konto-Minus zu bleiben, ist laut neuerem EU-Gesetz eine Erlaubnis zur Unterbreitung eines solchen Vorschlags - der für den Kunden nützlich sein könnte - notwendig. Das führt dann zu irren Briefen, wie jenem von der HypoVereinsbank. Sie schrieb kürzlich an einen Kunden, der sein Konto seit Wochen überzogen hatte:

"Alternative zum HVB Dispokredit. Sehr geehrter Herr (Kunde), leider darf ich Sie aufgrund einer gesetzlichen Regelung ohne Ihre ausdrückliche Einwilligung nicht telefonisch zum obigen Anlass kontaktieren. Sind Sie so freundlich und versuchen es bitte Ihrerseits per Telefon? Dann können wir uns kurz besprechen. Meine Telefonnummer….".

Google braucht eine solche Einwilligung der "Kundenbetreuung" nicht. Diese holt sich Google vor allem in immer komplizierteren Datenschutz-"Einwilligungen", oder einfach per Update auf den Handys der über 1,4 Milliarden Google Android-Handynutzer im Google-Appstore. Dass dies möglich ist, liegt daran, da Google in den USA mit der Zentrale angesiedelt ist. Und das Gesetz dort ermöglicht eine solche Kundenansprache zur Erweiterung der Geschäftstätigkeit.

Deutschen Unternehmen drohen existenzbedrohende Razzien und U-Haft bei Steuerangelegenheiten

Doch damit ist der Irrsinn in der Europäischen Union noch nicht zu Ende: Ebenfalls ein immer beliebteres Mittel in Deutschland sind Razzien und U-Haft gegen Unternehmer, wenn diese eine bestimmten Art von Steuern angeblich nicht bezahlt hätten. Statt - auch mit Rücksicht auf Arbeitsplätze - dezent und still diese Dinge zu Regeln, drohen in Deutschland den Unternehmen existenziell bedrohliche Razzien und U-Haften. Wie in Sachsen im Falle des in Leipzig (Zentrale), oder Dresden (IT-Entwickler) angesiedelten Internetunternehmens Unister in den Jahren 2012 und 2013.

Unister hatte in Hochzeiten 2100 Mitarbeiter. 2012 und 2013 kam es zu Razzien und U-Haft durch die bei der Generalstaatsanwaltschaft Dresden angesiedelte sächsische "Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen", kurz "Ines". Das sächsische Justizministerium umschreibt das Konstrukt wie folgt: "Die Generalstaatsanwaltschaft ist die vorgesetzte Behörde aller Staatsanwaltschaften im Bezirk des Oberlandesgerichts Dresden. Sie ist dem Oberlandesgericht Dresden als Staatsanwaltschaft für alle Rechtssachen zugeordnet und verfügt außerdem über eine integrierte Ermittlungseinheit als zentralen Eingreifreserve zur Bekämpfung schwerer Kriminalität."

Dieser "Eingreifservice", vor gut 13 Jahren von der CDU-Regierung in Sachsen unter Führung des damaligen sächsischen Justizminister Thomas de Maizière gegründet, war mit ingesamt vier Razzien gegen Unister an zahlreichen Standorten - von Leipzig über Dresden, Berlin bis Lichtenstein - vorgegangen und zwar mit über 120 Ermittlern. Dabei hatte man zwei der Unister-Gründer jeweils rund eine Woche kurz vor Weihnachten in U-Haft genommen. Hätte eine Dresdner Amtsrichterin der U-Haft kein Ende gesetzt, hätte Unister damals in die Insolvenz schlittern können - da die wichtigste kaufmännische und operative Führung ja in U-Haft saß und das Ende des Jahres, kurz vor dem Jahresabschluss also.

Der Vorwurf: Statt Bundessteuer wurde eine lokale Steuer bezahlt

Der Vorwurf der Integrierten Ermittlungseinheit Sachsen gegen Unister lautete: Statt einer Bundes-Versicherungssteuer auf einen Reise-Stornoschutz, beziehungsweise einen Reise-Umbuchungsservice, habe Unister eine andere lokale sächsische gewerbliche Steuer bezahlt und damit den Bundes-Fiskus um Steuereinnahmen von möglicherweise bis zu einer Millionen Euro geprellt. Unister hatte diesem Vorwurf entgegnet, man habe keine Produkte vertrieben, für welche man nicht über eine Genehmigung beispielsweise der Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) verfüge und habe entsprechend auch die richtige Steuer abgeführt.

Vor den Razzien auf Grund der Steuervorwürfe hatte Unister rund 2.100 Mitarbeiter. 2016, gut drei Jahre später, sind es nur noch rund 1.300. Die gut dreijährigen Steuer-Ermittlungsverfahren haben also ihre Spuren hinterlassen beim einem der erfolgreichsten deutschen Internetunternehmen und einem der größten ostdeutschen privaten Arbeitgeber, der rund zehn Jahre nach der Wende, 2002, gegründet worden ist.

Die durch den Steuervorwurf hervorgerufene Krise des einst von Leipziger Studenten gegründeten Unternehmens Unister ist eine Krise, die staatlich billigend in Kauf genommen worden ist. Denn seitdem hat Unister an den Kapitalmärkten erhebliche Probleme.

Bei Google & Co gibt es weder Razzien noch U-Haft, dafür schiebt die EU weitere Milliarden in ihren Schoß

In anderen Bundesländern hätte man die Steuervorwürfe gegen Unister anders gelöst. Beispielsweise indem das Finanzamt bei Unister ein Büro ein Jahr lang bezogen hätte, um die Steuerangelegenheiten parallel zu prüfen und gegebenenfalls bei Falschbuchungen in dem einstigen Startup zu helfen, dass das korrigiert wird. Das hat in den vergangenen Jahren beispielsweise das Finanzamt Berlin bei diversen Internetunternehmen so gemacht. Nicht aber das Finanzamt Leipzig.

Und bei Google & Co? Da gibt es weder Razzien, noch U-Haft. Wieso auch: Legal ist es, in Steuer-Oasen zu gehen. Doch nicht alles, was auf Grund mangelnder Gesetzgebung in der EU legal ist, ist auch gesellschaftlich ok.

Umso verwunderter ist man, dass nun britische Politiker die lächerlich niedrige von Google nachbezahlte Steuer als großen Sieg der britischen Steuerzahler feiern. Geht es noch? Richtig liegen deshalb britische Oppositions-Parteien, die den vermeintlichen Sieg der Konservativen aus David Camerons Regierungspartei als Farce bezeichnen.

Arbeitnehmer, die in Deutschland ihren Job verlieren, müssen auf 60.000 Euro Abfindung bis zu 42% Steuern bezahlen

Auch wenn Google angeblich künftig Steuern nicht nur auf Gewinne, sondern auch auf Umsätze in Großbritannien bezahlt: Nach wie vor ist nicht bekannt, wie hoch prozentual diese Steuern sind. In Deutschland wird jeder, der ein jährliches Bruttoeinkommen als Arbeitnehmer von über 53.000 Euro hat, bereits mit einem Spitzensteuersatz von 42% auf jeden Euro, der über diesen 53.000 Euro verdient wird, belegt.

Angesichts der niedrigen Steuernachzahlung im Falle von Google - in britischen Pfund sind es 130 Millionen - hat man den Eindruck: Wir könnten möglicherweise über einen britischen Steuersatz für Google in Höhe von maximal 3% auf Gewinne oder Umsätze im Jahr sprechen. Denn die Nachzahlungen betreffen die vergangenen zehn Jahre - also seit 2005. Auch dies teilte die britische Steuerbehörde "Her Majesty's Revenue and Customs" (HMRC) mit.

Google zahlt in dem EU-Mitglied Irland, ein Land, welches auch mit deutschen Steuergeldern in der Finanzkrise gerettet wurde, gerade einmal 12,5% Steuern auf Gewinne. Das ist drei Mal weniger, als ein Arbeitnehmer, der mit 55 bei einem jährlichen Bruttoeinkommen in Höhe von 53.000 Euro seinen Arbeitsplatz in Deutschland verliert und als Entschädigung dafür 60.000 Euro Abfindung von seinem ehemaligen Arbeitgeber erhält. Denn in diesem Falle sind Steuern in Höhe von 42% in Deutschland zu zahlen.

Das bedeutet: Dem Arbeitnehmer bleiben von rund 60.000 Euro Abfindung nur rund 34.000 Euro netto. Findet er nach einem Jahr Arbeitslosigkeit mit Arbeitslosengeld noch keine Anschlussbeschäftigung, fällt er Dank der Agenda 2010 - von der SPD und den GRÜNEN vor bald 15 Jahren eingeführt und der CDU/CSU weiterhin hochgehalten - auf HartzIV-Niveau, also Sozialhilfeniveau.

Bevor der Staat in Deutschland hilft, müssen Arbeitnehmer ihre Eigentumswohnung verkaufen oder private Altersvorsorge auflösen

Doch erhält er dann kein staatliches Geld. Denn erst muss noch die berufliche erhaltene Abfindung für den Arbeitsplatzverlust verbraucht werden und die möglicherweise vorhandene Eigentumswohnung verkauft werden, auch eine möglicherweise privat abgeschlossene Rentenversicherung muss aufgelöst und aufgezehrt werden.

Erst wenn der ehemalige Arbeitnehmer nackt ist wie eine Bratkartoffel, dann kommt der Staat und hilft - mit rund 399 Euro HartzIV im Monat für Singles oder 360 Euro im Monat, sofern er in einer Haushalts-Partnerschaft lebt. Das regelt das deutsche Arbeitslosengeld II (ALG II), welches wiederum im deutschen Steuergesetzbuch und zwar im SGB II und SGB XII niedergeschrieben ist.

Wie gut haben es da die US-Steuerflüchtlinge Google & Co in der Europäischen Union

Wie gut haben es da doch die US-Steuerflüchtlinge Google & Co. Statt HartzIV und 42% Steuern gibt es Milliarden von der EU hinterhergeschoben und noch Applaus von einem dumpfen Finanzminister wie George Osborne aus Großbritannien.

Nach Markt-Schätzungen eines vorzüglichen Internetkenners könnte Google seit 2005 alleine in Großbritannien weit über 40 Milliarden Euro umgesetzt haben. Die Rendite bei Google - Investitionen auf weiteres Wachstum und neue Geschäftsfelder nicht mitberücksichtigt - wird auf circa 50% geschätzt.

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