Strom! WiWo: Bundesnetzagentur schwärze umfangreich Daten von Tennet, 50 Hertz, Amprion und TransnetBW

Die Energiewende hin zu mehr teurer Erneuerbarer Energie ist in Deutschland in vollem Gange. Doch zum Leidwesen zahlreicher Energieversorger sei die Preisgestaltung der vier großen Übertragungsnetzbetreiber Tennet TSO (Bayreuth), 50Hertz Transmission (Berlin), Amprion (RWE, Dortmund) und TransnetBW (Stuttgart) in zentralen Punkten nicht transparent, bemängelt die Wirtschaftswoche (WiWo) in einem aktuellen Artikel. (1)

Diese vier Übertragungsnetzbetreiber sind zentrale deutsche Strompreis-Antreiber. (Grafik: Wikimedia Commons, Francis McLloyd)

So spricht die Wirtschaftswoche mit Blick auf Tennet, 50 Hertz, Amprion und TransnetBW von einem Olipopol, welches entsprechende Macht bei der Strompreisgestaltung habe. Grund: Die vier Unternehmen haben als Übertragungsnetzbetreiber, kurz als Netzbetreiber bezeichnet (2), die zentrale Strom-Infrastruktur in ihrer Hand und können entsprechend recht frei schalten und walten. Das merken 2018 einmal mehr die Verbraucher in Deutschland, da dann einmal mehr die Strompreise klettern werden, berichtet die Wirtschaftswoche weiter.

So schreibt die WiWo: "Im kommenden Jahr heben die Netzbetreiber ihre Preise an. Wieder einmal. Wofür das Geld verwendet wird, darüber rätseln selbst Experten. Denn die Zahlen werden einfach geschwärzt." Und weiter führt die Wirtschaftswoche aus: "Es sind die schwarzen Balken, die Kevin Canty zur Verzweiflung treiben. Mal finden sie sich über einzelnen Sätzen, dann machen sie gleich ganze Seiten unlesbar. Eines jedoch verhindern alle Schwärzungen: Dass Energie-Experten wie Canty, der früher selbst bei der Bundesnetzagentur arbeitete, die Kosten der Energiewende einsehen können."

Dies habe zur Folge, dass "der Hauptposten auf der Stromrechnung fast intransparent" bleibe. Dabei handele es sich ausgerechnet um jenen Posten, bei welchem die vier Übertragungsnetzbetreiber Tennet, 50 Hertz, Amprion und TransnetBW regelmäßig die Preisschraube anziehen würden. Dies geschehe in Form der Netzentgelte, welche die Übertragungsnetzbetreiber den Energieversorgungsunternehmen (EVU) in Rechnung stellen, die es wiederum an die Stromkunden weitergeben müssen. (3)

Übertragungsnetzbetreiber sind die Unternehmen, welche die großen Stromautobahnen bauen und warten. Und zu ihnen führt die Wirtschaftswoche nun kritisch weiter aus:

"Die Genehmigungsbescheide, die den Unternehmen (Anmerkung Redaktion: Also den Übertragungsnetzbetreiber) die Entgelterhöhungen absegnen, verlassen die Regulierungsbehörde meist als schwarzgefärbte Blöcke. ‚Von den einzelnen Zahlen ist so gut wie alles geschwärzt, sogar das Ergebnis‘". Deshalb, so die WiWo, könnten selbst Energie-Fachleute nicht nachzuvollziehen, "was hinter den Netzentgelterhöhungen" stecke.

Dieses sei vor allem deshalb so problematisch, da kaum ein Player in der Energiebranche so viel Macht habe, wie die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber Tennet, 50Hertz Transmission, Amprion und TransnetBW. (4, 5, 6, 7)

Zu diesen vier zentralen deutschen Unternehmen schreibt die Wirtschaftswoche weiter:

"Die vier Unternehmen bilden ein Oligopol, das von der Bundesnetzagentur kontrolliert wird. Mit Genehmigung der Behörde langten die Unternehmen zuletzt kräftig zu. Mit Preissteigerungen um bis zu 80 Prozent im vergangenen Jahr erwarben sich vor allem die Betreiber im Osten den Ruf, Preistreiber der Energiewende zu sein. Nun legt auch der Westen nach: Um 45 Prozent wird Amprion aus Dortmund seine Entgelte ab 1.1.2018 anheben. Weitergereicht werden diese Kosten zumeist an die Stromkunden."

Als Grund für die Preiserhöhungen gäben laut WiWo die vier Stromnetzbetreiber an, sie würden in den Ausbau der Stromautobahnen und die kostenintensiven Eingriffe ins Stromnetz investieren. Doch ließen sich solche Investitionsbehauptungen kaum kontrollieren. Grund:

"Denn durch die schwarzen Balken auf den Genehmigungsbescheiden lässt sich die Berechnung der Netzentgelte nicht nachvollziehen."

Schwärzerei der Bundesnetzagentur verhindere Preistransparenz für den Verbraucher

Schuld an der mangelnden Transparenz scheint, glaubt man der Wirtschaftswoche, auch das Verhalten der zuständigen Bundesnetzagentur zu sein, welche durch ihre Regulierungsaufgabe letztlich entscheidend an der Preisgestaltung der Energie, also des Strom, mitmischt. Sie ist die Behörde, welche letztlich Schwärzungen absegnet.

Doch nicht nur das: Nach Angaben der Wirtschaftswoche sei die Datenlage bezüglich der Preistransparenz bei den Entgelten "desaströs", was eine Studie unter dem Titel "Transparenzdefizite der Netzregulierung" ebenfalls belege:

"So waren von den 500 Genehmigungsbescheiden, welche die Bundesnetzagentur zwischen 2006 und 2009 erstellte, lediglich zwölf Prozent in der Datenbank der Behörde verfügbar. Und diese Unterlagen waren laut Studie ‚vollständig geschwärzt‘."

Das offensichtlich intransparente Datenchaos der Bundesnetzagentur kommentiert in der Wirtschaftswoche Energieexperte Andreas Jahn vom Regulatory Assistance Project, mit den Worten:

"Man weiß einfach nicht, woher die Kosten kommen, weil die Übertragungsnetzbetreiber bloß eine Prozentzahl ohne nähere Angaben veröffentlichen. Zu jeder Photovoltaik-Anlage gibt es besser einsehbare Angaben als zu den Entgelten der Übertragungsnetzbetreiber. Es herrscht hier nach wie vor ein Transparenzdefizit."

Ein weiterer Stromexperte kommentiert gegenüber netz-trends.de den Artikel in der Wirtschaftswoche mit den folgenden Worten:

"Das machen die Politiker sehr geschickt. Die Kosten werden von den Übertragungsnetzbetreibern den Energieversorgungsunternehmen als Vorkosten in Rechnung gestellt, die das wiederum bei den Kunden eintreiben müssen und vom Verbraucher als Buhmann angenommen werden, obwohl die für die Erhöhung der Strompreise, der Netzentgelte, gar nichts können."

Dies bedeute, dass die mächtigsten Stromkonzerne Deutschlands, also die Übertragungsnetzbetreiber Tennet TSO (Bayreuth), 50Hertz Transmission (Berlin), Amprion (RWE, Dortmund) und TransnetBW (Stuttgart) "munter die Preise" erhöhten und an die Wettbewerber, die Übertragungsnetzbetreiber, weitergeben würden, selbst aber in Deckung blieben. Dies sei regelrecht "pervers".

Hintergrund Bundesnetzagentur (8)

Die Bundesnetzagentur hat nach eigenen Angaben, die zentrale Aufgabe, den Wettbewerb in den Energie-, Telekommunikations-, Post- und Eisenbahnmärkten zu fördern und die Leistungsfähigkeit der Infrastrukturen in diesen Bereichen sicherzustellen. Präsident der Bundesnetzagentur ist Jochen Homann.

Als Regulierungsbehörde trage die Bundesnetzagentur dazu bei, dass Unternehmen die erforderlichen Investitionen in die Zukunftsfähigkeit der Netze tätigen könnten. Die Behörde regele außerdem die Nutzung von Frequenzen und Rufnummern. Eine besondere Rolle spiele sie auch bei der Umsetzung der Energiewende: Die Bundesnetzagentur beschleunige die Planung neuer Stromleitungen und stelle damit sicher, dass Energie auch in Zukunft verlässlich verfügbar sei und bezahlbar bleibe.

Zudem solle die Bundesnetzagentur für mehr Wettbewerb und Transparenz in den Märkten für Energie und Telekommunikation sowie bei Eisenbahn und Post sorgen und den Standort Deutschland stärken. Davon profitierten auch die Verbraucherinnen und Verbraucher. Durch ihre Entscheidungen sei es vom Gesetzgeber vorgesehen, dass die Bundesnetzagentur sicherzustellen habe, dass ein fairer Wettbewerb der Anbieter im Energie- und Telekommunikationsmarkt und der Marktzutritt neuer Unternehmen zu ermöglichen sei. Auch in den Bereichen Post und Eisenbahnen solle die Bundesnetzagentur für die weitere Entwicklung des Wettbewerbs Sorge leisten.

Um Engpässe zu verhindern, sei es zudem Aufgabe der Bundesnetzagentur, dass die Stromnetze ausgebaut würden. Dies sei vor allem deshalb wichtig, da die Energiewende einen umfassenden Umbau des deutschen Stromversorgungssystems notwendig mache. Ähnlich sehe es im Bereich des Telekommunikationsmarktes aus, der sich ebenfalls rasant entwickle und dessen Kommunikationsnetze deshalb ebenfalls stetig ausgebaut werden müssten.

Zudem schreibe der Gesetzgeber der Bundesnetzagentur vor, wonach sich diese für einen Dialog zwischen Unternehmen und Verbraucherinnen und Verbrauchern einzusetzen habe und durch Moderation Kunden zu ihren Rechten verhelfen solle.

Einzelnachweise

(1) Strompreis: Das schwarze Geheimnis der Energiewende, von Andreas Macho, in: Wirtschaftswoche (WiWo Online) vom 29. Oktober 2017. Abgerufen am 30.10.2017.

(2) Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB), in: Wikipedia.

(3) Energieversorgungsunternehmen (abgekürzt EVU), in: Wikipedia.

(4) Tennet TSO GmbH, in: Wikipedia.

(5) 50Hertz Transmission, in: Wikipedia.

(6) Amprion GmbH, in: Wikipedia.

(7) TransnetBW GmbH, in Wikipedia.

(8) Bundesnetzagentur, in: bundesnetzagentur.de. Abgerufen am 30.10.2017.


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