Irre!!! Patienten sollen Gesundheitsdaten in Gesundheitscloud von Microsoft oder SAP stellen

Kommentar - Jetzt wird es irre. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) schwärmte in der „Rhein-Neckar-Zeitung“ davon, wie toll es doch sei, wenn nun die 70 Millionen Gesetzlich Krankenversicherte in Deutschland ihre persönlichsten Daten rund um ihre Gesundheit, Krankheiten oder Medikamente in eine Cloud stellen.

Zeigte schon vor 20 Jahren, 1995, wie Daten gestohlen werden: Der Film "Das Netz" mit Sandra Bullock. Hier eine Programm-Mitteilung von RTL II.

Am besten, empfiehlt der US-Superkonzern von Bill Gates, solle man das in einer Microsoft-Cloud tun. Und Deutschlands Antwort auf Microsoft, SAP, schwafelt ähnliches. Natürlich heißt es, hätten zig Tests belegt, dass die Gesundheitsdaten rund um den persönlichen Gesundheitszustand super sicher seien. In einer fremden Cloud. Von fremden Unternehmen. Die ihre Milliarden mit Clouds verdienen.

Und das, wo noch nicht einmal die Deutsche Telekom oder die US-Spionagebehörde NSA es schaffen, ihre Daten vor Hackern aus dem eigenen Land oder anderer Nationen zu sichern.

Die "Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik GmbH" (HPI) aus Potsdam schwafelt jedenfalls davon, einen „radikal patienten- oder bürgerorientierten Ansatz“ nun mit der SAP-Cloud für Patienten bereit zu stellen.

„Dabei bieten wir den Patienten die Möglichkeit, ihre Daten in einer Gesundheitscloud abzulegen, die wir entwickeln“, so HPI-Direktor Prof. Dr. Christoph Meinel gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Die Patienten könnten dann selber entscheiden, welche Art von Daten auf Seiten von Ärzten, Krankenhäusern oder Unternehmen eingestellt und zur Verfügung gestellt würden.

Was bedeutet das? Welcher Patient kann sich heute noch daran erinnern, welchem Arzt er vor 20 Jahren seine Patientendaten gegeben hat. Haben dieser Arzt und die dortige Arzthelferin dann lebenslange Zugriffsrechte auf sämtliche Daten?

Und was ist mit den Versicherungskonzernen, die beispielsweise eine Rechtsschutzversicherung anbieten, oder eine Kfz-Versicherung?

Wie sicher sind persönlichste Gesundheitsdaten, wenn Versicherungsvertreter da allzeit nachschauen können und Daten herauskopieren können?

Nur weil man einmal möglicherweise etwas leichtsinnig einem Versicherungsvertreter oder seiner persönlichen Versicherung gegenüber ein solches Recht eingeräumt hat. Möglicherweise obendrein noch in den mini gedruckten "Allgemeinen Versicherungsbedingungen", die häufig über viele DIN-A-Seiten gehen. So lang, dass niemand das ernstlich durchliest. Aber dennoch ist alles, was da steht, wenn man es unterschreibt, rechtsverbindlich.

Gilt das dann auch lebenslang? Wer vergibt die Passwörter?

Zudem: Wer möchte schon seine Krankenakte bei einem Versicherungsvertreter im externen Computer abgespeichert haben? Daten, die dann ja weitergeschickt werden könnten – an x-beliebige Personen. Denn wer reinschauen kann, kann in der Regel auch kopieren oder mit dem Smartphone oder den üblichen Snippingtools fotografieren.

Und was ist mit dem persönlichen Arbeitgeber? Gibt es dann irgendwann eine Art Kreditreform für Kranke? Eine digitale Anfragemöglichkeit von Arbeitgebern an eine Art Gesundheitsreform-Datenbank, die einem dann mitteilt:

Bewerber xy hatte Krebs, einen Herzinfarkt oder litt unter einem Schlaganfall? Oder Bewerberin xy hat Multiple Sklerose seit fünf Jahren. Würde man so einen Mitarbeiter noch unbefristet einstellen wollen?

Hinzu kommt: Wo Daten sind, ist auch Big Data nicht mehr weit: Was ist, wenn Konzerne anfangen, heimlich Daten zu matchen? Die Mutter mit der Tochter.

Nach dem Motto: Die Mutter hatte Multiple Sklerose, deshalb geben wir der Tochter einen Wahrscheinlichkeits-Score von 2, dass diese auch in ihrem 35. Lebensjahr MS erhält. Oder Brustkrebs, da die Tante das hatte. Oder Hepatitis C, da der Onkel sich das in den 1960er Jahren eingefangen hatte.

SAP behauptet, schreibt focus-online, wonach angeblich letzte Sicherheitstests in Bezug auf den unbeschränkten Zugang auf Patientendaten „erfolgreich abgeschlossen“ worden seien.

Bis Ende 2017 wollen man die Patientencloud dann „flächendeckend in allen Kliniken und Praxen verfügbar“ machen, natürlich auch das dumme Schaf, den Patienten, damit einfangen.

Nichts ist sicher im Internet!

Einfangen von Patienten, die teils nur Hauptschulabschluss haben. Ooer auch als Abiturienten nicht einmal ansatzweise erahnen, was alles mit persönlichsten Daten passieren könnte.

Bekannt ist: Millionen Deutsche schaffen es noch nicht einmal, eine Reise online zu buchen, ohne dass sie sich hinterher aufregen, dass sie irgendwas mitgebucht hätten, was sie angeblich gar nicht hätten buchen wollen.

Was heißt das alles? Dass auch dies nun möglich erscheint: Dass irgendwo in Arial 8, also in einer Minischrift, sich künftig Ärzte, Krankenkassen oder Krankenhäuser, einfach eine Zustimmung ermogeln werden, dass sie Patientendaten in eine „Gesundheitscloud“ schieben können oder Zugriff auf die Patientencloud, beziehungsweise "Gesundheitscloud", erhalten.

Notwendig ist das in 99% aller Arztbesuche wohl nicht. Aber Ärzte sind Bestandteil des Pharmasystems. Je mehr sie von einer Firma verschreiben, desto besser.

Sie kennen das deshalb: Man erhält zehn Seiten Kleingedrucktes von der lächelnden Arzthelferin auf einem Klemmbrett. Hier soll man dann zu allem Möglichen zustimmen... Dass sämtliche Risiken einer OP dem Patienten mitgeteilt würden und dass man das ok fände. Wer nicht zustimmt, erhält eben keine Behandlung. Mit einem seitenweisen Papierkram sind häufig schon Akademiker beim Arzt überfordert. Wie mag es nur aussehen bei den normalen Bürgern?

Am Sonntag den 11. Juni 2017 strahlte RTL II mit Schauspielerin Sandra Bullock einen faszinierenden US-Blockbuster aus: Der Film „Das Netz“ lief vor 20 Jahren, 1995, im Kino. Er hatte geradezu prophetische Ansätze. In dem Kinowerk ging es genau darum, dass einer jungen Frau ihre Daten geklaut wurden. Dann hatten Hacker im zentralen FBI-Register Lügen zu der jungen Frau eingetragen, die authentisch wirkten: Sie sei vorbestraft, wegen Prostitution oder Drogenbesitz.

Wir zitieren RTL II in der Programmbeschreibung dieses 20 Jahre alten Films. Was nichts anderes bedeutet, als dass die Technik sich seitdem um viele Millionen Prozent verbessert hat:

„Als Computerexpertin Angela eine Diskette mit einem geheimnisvollen Entschlüsselungsprogramm analysieren soll, kommt sie dabei einer einflussreichen Organisation von Daten-Terroristen gefährlich nahe. Die wenden jedes Mittel an, um Angela völlig auszulöschen...

Die menschenscheue Systemanalytikerin Angela Bennett hat seit vier Jahren ihre Wohnung kaum verlassen. Pizza bestellen, Bankgeschäfte abwickeln, mit Gleichgesinnten reden, das erledigt sie alles per Computer. Auch ihrem Job kann sie bequem von zu Hause aus nachgehen. Sie ist darauf spezialisiert, im Auftrag der Softwarefirma Cathedral Virenprogramme zu knacken.

Eines Tages erhält sie von ihrem Kollegen Dale eine Diskette mit einem mysteriösen Entschlüsselungsprogramm zugeschickt. Sie ahnt nicht, dass dieses Programm, das Zugang zu streng geheimen Internetdatennetzen verschafft, von einer Organisation skrupelloser Daten-Terroristen stammt. Ihre Verbindungen reichen bis in die höchsten Kreise und sie sind wenig daran interessiert, dass jemand sie enttarnt. Dale wird das erste Opfer der Gangster, und als nächstes steht Angela auf ihrer Liste.

Um sie dazu zu bewegen, die Diskette herauszugeben, setzen die Computerspezialisten ihr ganzes Können ein: Angelas Bankkonto und ihre Führerschein-Registrierung werden gelöscht, dafür erhält sie ein saftiges Vorstrafen-Register, schließlich wird sie per Computer bei den Behörden sogar für tot erklärt. Ohne Identität auf der Flucht vor Polizei und Gangster-Hackern kann Angela niemandem wirklich trauen und sich letztendlich nur auf ihr eigenes Können verlassen...“

Deshalb: Wer seine Gesundheitsdaten wirklich einer Cloud von Microsoft oder SAP oder sonst wem anvertraut, gibt seine Daten lebenslang aller Welt preis. Es lässt sich nie mehr einfangen, wer nun Zugriffsrechte hat und wer nicht. Vieles wird man auch vergessen nach 5, 10 oder 20 Jahren. Doch die Datenkraken, die einem das Leben zur Hölle machen mit Daten, über welche sie einen erpressen können, vergessen nie.

Gesundheitsdaten gehören nur in einen Aktenordner oder in die Hände ganz weniger vereinzelter Ärzte, welchen man vertraut. Das muss nicht bedeutet, dass das jeder Arzt sein muss, bei dem man gerade ist!

Röntgenbilder, Laborberichte, Daten zu Untersuchungen, Impfungen, oder Medikamente sind mindestens so privat wie das Bankkonto oder die Sexpraktiken auf die man steht. Es muss nicht jeder wissen! Auch nicht jeder Arzt! Und auch nicht jede Versicherung! Diese Daten gehören nur einem selber.

Deshalb: Die Krankenakte gehört nur in den privaten Schrank oder zum jeweils behandelnden Arzt, wenn man glaubt, dass es der eigenen Genesung hilfreich ist! Nicht aber ins Internet, oder in die Hand eines JEDEN Arztes, nur weil er einen weißen Kittel trägt.

Diese Daten gehören auch nicht über eine "Gesundheitscloud" in die Hände von Versicherungskonzernen, irgendwelchen vergangenen Arztpraxen (zu denen man vielleicht gar nicht mehr will) und auch nicht in die Hände eines jeden beliebigen Arztes, den man mal aufsucht.

Zudem: Warum nennen SAP oder Microsoft das Kind nicht beim Namen und sprechen wenigstens ehrlicherweise nicht von einer "Gesundheitscloud", sondern von einer "Krankencloud"? Weil sich das schlechter verkaufen lässt? Weil es die Gefahren deutlicher aufzeigt?

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