Test Suchmaschine cliqz.com von Burda: Werden Burda-Treffer bevorzugt?

Der deutsche Medienkonzern Hubert Burda Media aus München und Offenburg startet in Konkurrenz zu Google, Bing, DuckDuckGo oder WolframAlpha eine eigene Suchmaschine. Der Name: cliqz.com, beziehungsweise cliqz.de, was aber auf die com.-Domain umgeleitet wird.

Neu an der Internetsuchmaschine Cliqz ist, dass man direkt über den Browser sucht. Allerdings ist das auch schon die Schwäche. Denn die Suchmaschine schlägt in unserem Test nur drei bis vier Treffer bei Eingabe in den Browser vor. Unser erster Test der Burda-Suchmaschine, beispielsweise als Add-on in Mozilla Firefox heruntergeladen, belegt zunächst einmal:

Wer in Cliqz über den Browser beispielsweise nach dem Wort „Pauschalreise“ sucht, das also direkt in die Browser-Zeile eingibt, kommt - oh Wunder - natürlich direkt auf ein eigenes Reiseportal von Burda, also Holidaycheck, und zwar gleich an zweiter Stelle. Natürlich wird holidaycheck in Cliqz in unserem Test direkt vor dem Konkurrenten der Unister Group, also vor ab-in-den-urlaub.de platziert. Zufall?

Zumindest auffällig. Weiterer Test: Als eines der größten unabhängigen Flugvergleichsportale gilt fluege.de - ebenfalls aus dem Hause Unister in Leipzig. Eigentlich müsste also bei dem Suchbegriff „Fluege“ fluege.de weit vorne auftauchen in Cliqz. Tut es auch: Zu oberst kommt fluege.de, dann swoodoo.com, dann opodo und zu letzt expedia.

Gibt man das Suchwort „Billige Pauschalreise“ ein, kommt zu oberst ein total unbekanntes Portal mit dem Namen „sparurlaub.de“ (des eigentlich im Internet unbekannten Kölner Reisebüros Annette Reinert). Erst an zweiter Stelle kommt das wesentlich wichtigere Reiseportal ab-in-den-urlaub.de, welches in Deutschland immerhin als größter deutscher Online-Pauschalreisevermittler gilt. An dritter Stelle kommt schließlich das im Pauschalreisemarkt ebenfalls eher nicht bedeutende Flugportal http://www.5vorflug.de/angebote/pauschalreisen.html.

Gibt man das Wort „Preisvergleich“ in den Suchschlitz von Cliqz ein, kommt zu oberst das gleichnamige Portal preisvergleich.de, dann billiger.de, dann idealo.de und dann guenstiger.de. Nach welchem Kriterium Cliqz Ergebnisse anzeigt, lässt sich anhand dieses weiteren Beispiels recht schnell erkennen: Portale, die einen generischen Namen haben, also möglichst nah am Suchwort sind, sind im Vorteil.

Das hat aber auch eine entscheidende Schwachstelle im Gegensatz zu Google oder Bing: Denn gerade im Internet gilt häufig: Es ist nicht überall Wein drin, wo Wein drauf steht. Heißt: Burda scheint mit Cliqz nicht unbedingt durchgängig die Qualitätskriterien eines Portals zu berücksichtigen, sondern setzt auch stark auf eine möglichst hohe Nähe zum Suchwort. Das scheint zumindest für Suchwörter zu gelten, die kommerzieller Natur sind (wie wir später aber sehen, weniger für nachrichtlich geprägte Suchwörter).

Weiteres Beispiel: Gibt man das Wort „Zahnersatz“ ein, landet man zu oberst auf http://www.implantate.com/zahnersatz.html, an zweiter Stelle kommt ein Fachaufsatz von Wikipedia, an dritter Stelle http://www.optimale-zahnbehandlung.ch/index.php/zahnersatz und an vierter Stelle www.dentaltrade-zahnersatz.de. Auch hier erschließt sich uns nicht, um was für ein Portal es sich überhaupt handelt und warum Cliqz diese Reihenfolge meldet. Was ist das Ausschlusskriterium für die Zehntausenden anderen Internetportale, die sich ebenfalls um Zahnersatz kümmern?

Das ist denn auch schon die bislang am stärksten festgestellte Schwachstelle an der Suchmaschine von Hubert Burda: Dass Cliqz zwar Treffer vorschlägt (viel zu wenige), dem Nutzer aber durch Einspielen der Portalnamen zu wenige Zusatzinfos zur Verfügung stellt, die einem ermöglichen, genauer vorher zu checken: Ist das wirklich so ein Portal, was ich suche oder nicht und gibt es auch noch zahlreiche andere Alternativen?

Auch das fällt uns auf: Cliqz bevorzugt in unserem Test doch immer wieder auffällig große Namen: Gibt man beispielsweise das Suchwort „Flüchtlinge“ ein, so ist der erste Treffer handelsblatt.com, dann spiegel.de, dann sueddeutsche.de. Kleinere Nachrichtenportale würden bei Cliqz wahrscheinlich untergehen, da man sie kaum finden kann. Doch gerade kleine Nachrichtenportale haben auch ihre Zielgruppe und sind oft auf Themen spezialisiert. Auch sie haben für Millionen Nutzer als Nischenprodukte einen hohen Wert. Wird der in Cliqz ignoriert?

Das ist aber jetzt nur unser Eindruck in einem ersten Schnelltest. So richtig überzeugt sind wir noch nicht von Cliqz. Dennoch finden wir von netz-trends.de es spannend, dass Burda sich an eine neue Internetsuchmaschine gewagt hat. Vielfalt belebt bekanntlich das Geschäft. Und die ist bei einem Monopolisten wie Google, der immerhin 95 Prozent des Internet-Suchmaschinengeschäftes in Deutschland auf sich vereint, dringend notwendig.

Was wir noch nicht verstehen: Wie möchte Burda mit Cliqz Geld verdienen? Noch rühmt man sich damit, man blende ja keine Werbung ein. Doch macht Google gerade mit Werbung - Adwords oder Adsense - geschätzt gut 80 Prozent seines jährlichen 75 Milliarden US-Dollar Umsatzes.

Und darauf möchte Burda verzichten? Das können wir uns kaum vorstellen, da sich das Projekt Cliqz dann wohl kaum refinanzieren würde. Und neue Einnahmequellen hat Burda im Angesichts sinkender Auflagen beispielsweise seines Flaggschiffs FOCUS dringend nötig.

Ein dickes Plus von Cliqz ist, dass das Portal angeblich keine Nutzerdaten sammelt. Doch auch hier könnte sich die Katze wieder in den Schwanz beißen. Denn klar, einerseits klingt es gut, wenn man sagen kann, wir sammeln von Dir keine Daten. Auf der anderen Seite gehört gerade die Datensammelei zum ureigensten Geschäftsprinzip von Internetsuchmaschinen bislang. Gerade die möglichst optimal personalisierten Treffer erhöhen für den Nutzer den Mehrwert. Das gilt für natürliche Treffer im Internet ebenso, wie für kommerzielle Treffer im Internet, also für Werbung.

Natürlich kann es sein, dass Hubert Burda Media nun altruistisch wird und aufs Geld verdienen keinen großen Wert mehr legt und deshalb nun auf eine Anti-Tracking-Technik im Cliqz-Browser setzt. Aber vorstellen können wir uns das eher nicht.

Deshalb wird es spannend werden: Wie will Burda mit seiner neuen Internetsuchmaschine Cliqz Geld verdienen? Denn bekanntlich kommt erst das Fressen und dann die Moral. Das Wusste schon Bertold Brecht.

Geschäftsführer der Cliqz GmbH, eine Tochter von Burda, sind Marc Al-Hames und Jean-Paul Schmetz. Cliqz gibt es für Windows, OS X, iOS und Android.

Für die Desktopversion nutzt die neue Internet-Suchmaschine die Gecko-Engine zur Darstellung von Websites. Dieses Prinzip nutzt auch Mozilla Firefox. Wer einmal beispielsweise über Mozilla Firefox Cliqz installiert hat, dem stehen künftig auf Grund der Anti-Trecking-Software keine Firefox-Add-ons in diesem Browser mehr zur Verfügung.

Die 1.0-Version der neuen Browser-Internetsuchmaschine Cliqz steht seit Dienstag zum Download bereit und zwar unter: https://cliqz.com.

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