IT-Tipp | Messenger
Der Messenger Wire Swiss GmbH ist kein neues Produkt, sondern ein seit 2014 existierender Kommunikationsdienst. Wire wurde in der Schweiz gegründet und geht auf eine Initiative von Janus Friis zurück, einem der Mitgründer von Skype. Die Gründung erfolgte in einer Phase, in der digitale Kommunikation zunehmend von großen Plattformkonzernen geprägt wurde und Fragen nach Kontrolle, Transparenz und rechtlichem Zugriff stärker in den Vordergrund rückten.
Janus Friis war an der frühen Entwicklung und Finanzierung von Wire beteiligt. Er ist heute weder operativ tätig noch öffentlich als Eigentümer ausgewiesen. Wire befindet sich aktuell in privater Hand, wird von einem Managementteam geführt und ist nicht börsennotiert. Das Unternehmen gehört, zumindest was bekannt ist, zu keinem US-Technologiekonzern. Öffentliche Register und Unternehmensangaben weisen Wire als eigenständiges Schweizer Softwareunternehmen aus. Dennoch ist der Fakt, dass kaum bekannt ist, wer nun aktuell als Investor in Wire, beziehungsweise der Wire Swiss GmbH hinter dem Messenger in Persona steht, etwas seltsam. Neuerer CEO ist der Franzose, offenbar mit deutschen Wurzeln, Benjamin Schilz, der selbst im IT-Sicherheitsbereich als StartUp-Unternehmer tätig gewesen ist. Seltsam aber: Im Impressum steht neben Schilz (Benjamin François Schilz). Pierrine Auberson als Co-Geschäftsführer. Es scheint also eine Doppelspitze zu geben.
Der Messenger Wire Swiss GmbH hat im Frühjahr 2024 eine strategische Partnerschaft mit der Schwarz Gruppe bekannt gegeben. Nach Angaben der beteiligten Unternehmen beteiligt sich die Schwarz Gruppe an Wire; zugleich soll der Messenger innerhalb der Unternehmensgruppe eingesetzt und gemeinsam weiterentwickelt werden. Konkrete Angaben zur Höhe, Struktur oder zum Einfluss der Beteiligung wurden bislang nicht veröffentlicht, was auf eine eher informative Beteiligung schließen lässt: Man will wohl auch intern im Informations-Loop sein, was angesichts der Tatsache dass die Schwarz Gruppe ein Riese ist, Wire eher klein, verständlich erscheint.
Die operative Umsetzung der Zusammenarbeit erfolgt über die Digitalsparte Schwarz Digits. Vorgesehen ist, Wire künftig als „Wire on STACKIT“ anzubieten, also auf der Cloud-Infrastruktur der Schwarz Gruppe. Nach Unternehmensangaben befinden sich die Rechenzentren von STACKIT in Deutschland und Österreich. Parallel richtet Schwarz Digits eigene Strukturen neu aus; der zur Gruppe gehörende Digitaldienstleister mmmake, zuletzt mit rund 350 Mitarbeitern, wird organisatorisch aufgeteilt, Teile wechseln in Cloud- und IT-Einheiten der Gruppe.
Mit dieser Konstellation ist Wire Teil einer öffentlich kommunizierten Kooperation mit einem der größten Handels- und IT-Unternehmen Europas.
Der Blick richtet sich dabei insbesondere auf den CEO von Wire, auf Benjamin Schilz, der die strategische Außendarstellung des Unternehmens derzeit maßgeblich prägt. In öffentlichen Profilen und Artikeln ist unter anderem von „orchestrierten M&A-Transaktionen im Technologiesektor“ die Rede. Betrachtet man die öffentlich bekannten und konkret benennbaren Vorgänge, erweist sich der Umfang dieser Orchestrierung jedoch als überschaubar.
Nach extern zugänglichen Informationen bezieht sich diese Erfahrung vor allem auf die Fusion des Cybersecurity-Start-ups Acorus Networks mit dem US-Unternehmen Volterra im Jahr 2019. Acorus Networks sei demnach 2016 gegründet worden, habe zum Zeitpunkt der Transaktion rund 21 Mitarbeiter beschäftigt und zuvor etwa 5 Millionen Euro Venture Capital aufgenommen. Volterra wiederum sei ein junges Unternehmen im Bereich Edge Computing gewesen, das laut damaligen Angaben 25 Millionen US-Dollar Finanzierung erhalten habe. Durch den Zusammenschluss sei eine Organisation mit rund 100 Mitarbeitern entstanden.
In der Folge sei Volterra vom US-Technologieunternehmen F5 Networksübernommen worden; anschließend sei der heutige Wire-CEO dort als Vice President tätig gewesen, ein Klassiker bei Übernahme von Start-Ups, dass die Gründer noch ein Weilchen an Bord sind, sein müssen und helfen sollen, das zugekaufte Unternehmen gut zu integrieren.
F5 Networks sei, schreibt Wikipedia, 1996 gegründet worden, habe seinen Sitz in Seattle, beschäftige rund 7.000 Mitarbeiter und erzielte zuletzt einen Jahresumsatz von knapp 2,7 Milliarden US-Dollar. Damit handelt es sich um einen international tätigen, aber im Vergleich zu großen Plattformkonzernen überschaubaren Anbieter im Bereich Netzwerk- und Anwendungssicherheit.
Wire ist ein Messenger für Textnachrichten, Sprach- und Videoanrufe sowie Dateiübertragungen und steht für iOS, Android, Windows und macOS zur Verfügung. Der Dienst richtet sich sowohl an private Nutzer als auch an professionelle Kontexte. Aussagen darüber, ob Wire „sicherer“ ist als andere Messenger, lassen sich von außen nicht abschließend belegen. Technische Sicherheitsversprechen werden zwar gegeben, reale Angriffsszenarien oder staatliche Zugriffsmöglichkeiten können aber durch NETZ-TRENDS.de nicht verlässlich bewertet werden.
Offiziell ist Wire nach wie vor im Schweizerischen Steuerparadies Zug ansässig. In der Außendarstellung wird aber mit Berlin als Hauptstandort geworben. Wie das zusammenpasst, ist etwas ungewöhnlich. Klar dürfte sein: In Berlin ist Recruiting günstiger, auch die zu rekrutierenden neuen Mitarbeiter als in Zugs nicht weit entfernter Nachbarstadt Zürich. Ganz abgesehen davon, hat kaum ein ITler Lust in Zug zu leben, einer nicht gerade super attraktiven Destination, vom See mal abgesehen.
Der offizielel Wire-Standort Schweizgilt international als Standort mit eigenständigem Datenschutzrecht, politischer Neutralität und einem Rechtsrahmen, der sich von dem der EU und der USA unterscheidet. Diese Rahmenbedingungen erklären, warum sich mehrere Messenger-Anbieter für diesen Standort entschieden haben. Der Sitz allein ist jedoch kein Garant für Sicherheit, sondern ein Teil der strukturellen Einordnung.
Wire gehört zu einer Gruppe von Messengern, die nicht Teil großer, werbefinanzierter Plattformökosysteme sind. Gleichzeitig ist Wire kein Community-Projekt, sondern ein kommerzielles Softwareunternehmen mit klarer Unternehmensstruktur. Damit positioniert sich der Dienst zwischen klassischen Consumer-Messengern und spezialisierten Kommunikationslösungen für Organisationen.
| Messenger | Gründung | Sitz / Rechtsraum | Initiator / Hintergrund | Eigentumsform |
|---|---|---|---|---|
| Wire | 2014 | Schweiz | Initiiert von Janus Friis | Privat, managementgeführt |
| Threema | 2012 | Schweiz | Schweizer Entwicklerteam | Privat |
| Signal | 2012 | USA | Signal Foundation | Gemeinnützige Stiftung |
| Telegram | 2013 | wechselnd | Pavel Durov | Privat |
| 2009 | USA | Jan Koum, Brian Acton | Meta-Konzern | |
| iMessage | 2011 | USA | Apple | Apple Inc. |
Fazit
Als IT-Tipp betrachtet ist Wire vor allem ein Beispiel dafür, wie stark sich Messenger durch Herkunft, Eigentumsverhältnisse und Geschäftsmodell unterscheiden. Wer Messenger bewusst auswählt, sollte diese strukturellen Faktoren kennen und Marketingaussagen oder pauschale Sicherheitsversprechen entsprechend einordnen.
Nach eigenen Angaben des Unternehmens werde Wire inzwischen von über 1.800 Organisationen genutzt. Der Messenger komme dabei nicht nur in klassischen Unternehmensstrukturen zum Einsatz, sondern auch in behördlichen und organisatorischen Kontexten, unter anderem bei Strafverfolgungsbehörden sowie als kommunikationsbezogene Alternative zu Plattformen wie Microsoft Teams. Eine unabhängige Überprüfung der konkreten Einsatzszenarien oder der genannten Nutzerzahlen liege öffentlich jedoch nicht vor.