
Am Flughafen Berlin Brandenburg (BER) war am vergangenen Wochenende fast nichts mehr normal. Die Fluggäste standen in langen Schlangen, Check-in-Schalter blieben leer, Flüge verspäteten sich oder mussten umgeleitet werden. Doch diesmal war nicht das Wetter schuld, kein Streik, keine Technikpanne – sondern ein
Getroffen wurde nicht der Flughafen selbst, sondern der US-Konzern Collins Aerospace, einer der wichtigsten IT-Dienstleister für die Passagierabfertigung in Europa. Dessen Systeme verbinden Flughäfen, Airlines und Sicherheitsdienste miteinander – und fielen flächendeckend aus. Das Resultat: ein Vorgeschmack auf die Folgen digitaler Abhängigkeit.
Der Angriff legte zentrale Funktionen lahm – von der Gepäcksteuerung bis zum Rollstuhlservice. Betroffen waren auch andere europäische Flughäfen, darunter Brüssel, Dublin und London-Heathrow. Zahlreiche Abläufe mussten improvisiert werden: Personal notierte Passagierdaten auf Papierlisten, Check-in-Prozesse wurden manuell durchgeführt.
Dass der Flughafen Berlin Brandenburg den Betrieb überhaupt fortsetzen konnte, war dem Improvisationstalent seiner Mitarbeiter zu verdanken. Der Vorfall zeigt drastisch, wie eng die Systeme moderner Infrastruktur miteinander verflochten sind – und wie schnell sie kollabieren, wenn ein externer Dienstleister versagt.
Der Dienstleister sprach von einem „Cybersecurity-Vorfall“, blieb aber Details schuldig. Ob es sich um gezielte Sabotage, eine Ransomware-Erpressung oder einen verdeckten Spionageversuch handelt, ist offen. Klar ist jedoch: Flughäfen gehören längst zu den bevorzugten Zielen internationaler Hackergruppen.
Die Attacken folgen meist einem ökonomischen oder politischen Kalkül. Ziel ist es, kritische Prozesse zu stören, Daten zu erpressen oder schlicht Vertrauen zu zerstören. In einer Branche, die rund um die Uhr auf digitale Steuerung angewiesen ist, kann ein solcher Angriff binnen Stunden Schäden in Millionenhöhe verursachen.
Die Digitalisierung hat den Luftverkehr schneller und effizienter gemacht – gleichzeitig aber verwundbarer. Viele Flughäfen und Airlines stützen sich auf dieselben Software-Lösungen oder denselben Cloud-Anbieter. Diese Monokulturen erzeugen Effizienzgewinne – aber auch systemische Risiken.
Fällt ein Glied aus, bricht die gesamte Kette. Resilienz, also die Fähigkeit, Angriffe oder Ausfälle ohne Totalausfall zu überstehen, wird zur entscheidenden Disziplin der kommenden Jahre. Sie erfordert Redundanz, Notfallpläne und die Rückkehr zu elementarer Krisenfähigkeit – etwa die Möglichkeit, Passagierabfertigung oder Sicherheitsprozesse im Notfall analog zu überbrücken.
Was am Flughafen Berlin Brandenburg geschah, ist sinnbildlich für eine Entwicklung, die längst alle Lebensbereiche betrifft. Krankenhäuser, Stadtverwaltungen, Energieversorger – überall nehmen Cyberangriffe zu. Aber auch der digitale Freizeitsektor ist betroffen.
Gerade Plattformen mit sensiblen Zahlungsdaten – Streamingdienste, Trading-Apps oder Gaming, die behaupten, sie seinen "Casinos ohne Limitierungen" – sind ein wachsendes Ziel von Cyberangriffen. Solche Online-Casinos werben oft mit Freiheit und unbegrenztem Spielangebot, operieren aber außerhalb deutscher Lizenzierung und damit außerhalb nationaler Aufsicht.
Das Problem: fehlende IT-Sicherheitsstandards und schwacher Datenschutz. Server stehen häufig im Ausland, Sicherheitsprotokolle sind uneinheitlich, und Nutzer wissen selten, wo ihre Daten tatsächlich gespeichert werden. Für Hacker ist das ein gefundenes Fressen – eine Branche mit hohen Geldströmen und geringen Hürden.
Ein Klick auf den falschen Link kann genügen, um Kreditkartendaten, Passwörter oder Identitätsinformationen abzugreifen. Wer solche Plattformen nutzt, trägt deshalb eine enorme Eigenverantwortung – sowohl rechtlich als auch sicherheitstechnisch.
Cyberresilienz darf nicht länger nur eine Frage der Technik sein. Sie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Unternehmen, Behörden und Privatnutzer gleichermaßen betrifft. Betreiber digitaler Dienste müssen ihre Systeme härten, Mitarbeitende schulen und Krisenszenarien regelmäßig testen.
Politisch braucht es eine klare Linie: weniger Abhängigkeit von einzelnen Großanbietern, verbindliche Sicherheitsstandards auch für internationale IT-Dienstleister – und eine europaweit einheitliche Aufsicht über digitale Infrastrukturen.
Der Vorfall am Flughafen Berlin Brandenburg ist kein Einzelfall. Er ist ein Warnsignal – dafür, wie verwundbar eine Gesellschaft wird, wenn sie ihre Lebensadern vollständig digitalisiert, ohne sie gleichzeitig zu schützen.
Ob im Flugverkehr, in der Energieversorgung oder im privaten Online-Konsum: Digitale Sorglosigkeit ist längst kein Kavaliersdelikt mehr. Jeder einzelne Klick, jede App, jede Schnittstelle kann zum Einfallstor werden.
Wer verstanden hat, dass Cyberangriffe nicht nur Flughäfen lahmlegen, sondern auch Konten, Daten und Identitäten gefährden, weiß: Wachsamkeit ist die neue Währung der digitalen Moderne.