Australien zeigt, wie digitale Wissenschaftsbildung für Kinder gelingen kann

Mehr als 130 Schulen nehmen an einer virtuellen Exkursionswoche teil – ein Bildungsmodell, das im deutschsprachigen Raum seinesgleichen sucht.

Virtuelle Exkursionen für Schulen in Australien – So funktioniert’s. Grafik: Chat GPT Pro Version für NETZ-TRENDS.de.

Digitale Klassenzimmer-Expedition in Australiens Natur

Vom 13. bis 16. August 2024 wird das Klassenzimmer für Tausende australische Schülerinnen und Schüler zur digitalen Forschungsbasis. Im Rahmen der diesjährigen National Science Week organisiert das Wissenschaftszentrum Scitech erstmals eine interaktive virtuelle Exkursionsreihe für die Jahrgangsstufen 3 bis 6. Ziel ist es, Kindern einen spielerischen Zugang zu aktuellen Fragen des Artenschutzes, der Nachhaltigkeit und der naturwissenschaftlichen Forschung zu ermöglichen. Organisiert wird die Woche durch das australische Bildungsministeriums des Government of Western Australia.

Unter dem Motto „Species Survival – More Than Just Sustainability“ durchlaufen die Kinder vier thematisch strukturierte Online-Einheiten: Ozeane, Feuchtgebiete, Insekten und Wüsten. Jede dieser 45-minütigen Sessions wird von Scitech-Wissenschaftsvermittlern moderiert und durch Beiträge von Expertinnen und Experten aus Westaustralien ergänzt. Die Teilnahme ist kostenfrei und rein digital – ein Konzept, das insbesondere Schulen in abgelegenen Regionen oder mit begrenztem Budget die Mitwirkung ermöglicht.

Ein Bildungsformat für alle – unabhängig von Ort oder Geld

„Es war uns wichtig, dass alle Schülerinnen und Schüler teilnehmen können – auch jene in entlegenen Gegenden oder mit finanziellen Hürden“, sagt Ryan Forsyth, Primary STEM Coordinator bei Scitech. Gerade Schulen, die sonst kaum Gelegenheit für Exkursionen oder externe Bildungsangebote haben, profitieren vom barrierearmen Zugang. Keine Reisekosten, keine Logistik – und dennoch ein echtes Erlebnis.

Die virtuelle Science Week wurde so konzipiert, dass die Inhalte nicht nur unterhaltsam, sondern auch pädagogisch anschlussfähig sind. Lehrkräfte erhalten ergänzend Materialien und Aktivitätspakete, mit denen sich die behandelten Themen im Unterricht weiter vertiefen lassen – auch nach Ende der Exkursionswoche.

Wissenschaft zum Anfassen – mit echten Forschenden

Das Besondere an dem Format ist der direkte Kontakt zu Fachleuten aus der Wissenschaft. Kinder erleben, wie Forschung funktioniert, welche Fragen sie stellt – und wie sie zum Schutz von Arten und Lebensräumen beitragen kann. Die digitalen Begegnungen bringen die Realität naturwissenschaftlicher Berufe ins Klassenzimmer und wecken Neugier auf eigene Wege in die Wissenschaft.

„Wir möchten, dass Schülerinnen und Schüler sich selbst in diesen Rollen sehen können“, erklärt Ryan Forsyth. Die Inhalte der Exkursionen orientieren sich daher bewusst an der Lebenswelt der Kinder – und verbinden sie mit konkreten, aktuellen Fragen der Umweltforschung in Australien.

Ein Blick nach Europa: Viel Potenzial, wenig Angebot

Während Australien mit Scitech ein landesweites, interaktives Bildungsformat für Grundschulen etabliert, fehlt ein solches Pendant im deutschsprachigen Raum weitgehend. In Deutschland existieren zwar Programme wie „Jugend forscht“, das „NaturVision Filmfestival“ oder regionale Wissenschaftsfestivals. Doch diese richten sich meist an ältere Zielgruppen oder finden ausschließlich in Präsenz statt. Kostenfreie, digitale Exkursionsreihen mit direktem Zugang zu Expertenwissen für jüngere Schüler gibt es nicht.

Auch in Österreich bietet der „Science Pool“ in Wien spannende Wissenschaftsformate für Kinder – jedoch ebenfalls überwiegend vor Ort. Das geplante „Konrad Lorenz Open Science Center“ in Oberösterreich wird voraussichtlich erst 2025 eröffnet und könnte zukünftig eine größere Rolle spielen. In der Schweiz vermittelt das renommierte „Technorama“ in Winterthur naturwissenschaftliches Wissen interaktiv, doch auch hier beschränkt sich das Angebot auf den Präsenzbesuch.

Australien macht vor, was in Europa noch fehlt

Die australische Science Week 2024 zeigt, wie digitale Wissenschaftsbildung niederschwellig, inspirierend und inklusiv gestaltet werden kann. Das Programm verbindet Fachwissen mit pädagogischer Aufbereitung, Interaktivität mit realen Forschungsbezügen – und erreicht dabei Hunderte Schulen im ganzen Land.

Ein vergleichbares Modell für Deutschland, Österreich oder die Schweiz wäre nicht nur machbar, sondern längst überfällig. Gerade angesichts der gesellschaftlichen Bedeutung von Nachhaltigkeit und Klimaschutz wäre ein stärkerer Fokus auf niedrigschwellige, digitale und kostenlose Bildungsangebote für junge Schülergenerationen ein notwendiger Schritt in die Zukunft

Wie sieht das digitale Format konkret aus?

Die virtuellen Exkursionen von Scitech sind Live-Videokonferenzen, die über eine gängige Online-Plattform (z. B. Microsoft Teams oder Zoom) laufen. Lehrkräfte loggen sich mit ihrer Klasse zur angegebenen Uhrzeit ein, die Teilnahme ist browserbasiert und erfordert keine spezielle Software. Die Schülerinnen und Schüler nehmen dabei in Echtzeit teil, können über die Lehrkraft oder per Chatfunktion Fragen stellen, interaktive Aufgaben bearbeiten oder kleine Experimente mitmachen – je nach Thema.

Die Veranstaltung wird geleitet von einem moderierenden Scitech-Wissenschaftsvermittler, der die Inhalte kindgerecht aufbereitet, durch das Programm führt und die eingeladenen Expertinnen und Experten live dazuschaltet. Teilweise werden auch Live-Videos aus der Natur oder von wissenschaftlichen Arbeitsplätzen gezeigt, ergänzt durch Animationen oder kleine Erklärfilme.

Zusätzlich erhalten die Schulen im Vorfeld ein digitales Begleitpaket, bestehend aus vorbereitenden Arbeitsblättern, Bastelideen, kleinen Experimenten und Hintergrundinfos. So kann der Unterricht vor- und nachbereitet werden – auch unabhängig von der Internetverbindung im Moment des Livestreams.

Wissenschaft zum Anfassen – digital und live im Klassenzimmer

Das Besondere an dem Format ist die Kombination aus echtem Live-Erlebnis und schulfreundlicher technischer Umsetzung. Die Exkursionen finden als digitale Videokonferenzen in Echtzeit statt. Lehrkräfte wählen sich mit ihrer Klasse zu einer festgelegten Uhrzeit über eine sichere Online-Plattform ein – in der Regel reicht ein Laptop mit Lautsprechern und Internetzugang.

Moderiert werden die Sessions von einem Wissenschaftsvermittler oder einer Vermittlerin von Scitech, der oder die durch die Veranstaltung führt, Expertinnen und Experten aus verschiedenen Forschungsbereichen live zuschaltet und mit kleinen Videos, Animationen oder Experimenten die Inhalte kindgerecht vermittelt.

Die Schülerinnen und Schüler können während der Sitzung Fragen stellen, mitraten, Impulse geben oder vorbereitete Aufgaben aus dem digitalen Begleitmaterial lösen. Dieses Material wird vorab an die Lehrkräfte versendet und enthält Experimente, Bastelideen und Hintergrundinformationen, die zur Vor- oder Nachbereitung im Unterricht dienen. So wird aus dem digitalen Format kein passiver Vortrag, sondern ein interaktives Lernerlebnis mit echtem Austausch.

Gefällt mir
1