
Deutschland finanziert derzeit knapp ein Viertel (23,6 Prozent) des Haushalts der Europäischen Union (EU). Konkret entspricht dies jährlich etwa 47 Milliarden Euro. Innerhalb einer Legislaturperiode (Zeitraum zwischen zwei Bundestagswahlen, normalerweise vier Jahre) summiert sich der deutsche Beitrag auf insgesamt rund 188 Milliarden Euro. Doch die von der Europäischen Kommission geplante drastische Erhöhung des EU-Haushalts könnte diese Last massiv steigern.
Deutschland zahlt deshalb einen so hohen Anteil, weil es die stärkste Volkswirtschaft innerhalb der aktuell 27 EU-Mitgliedsstaaten ist und dementsprechend der größte Nettozahler ist. Andere bedeutende Nettozahler sind Frankreich, die Niederlande und Schweden, jedoch ist der deutsche Beitrag mit Abstand der höchste.
Für die Jahre 2028 bis 2034 schlägt die Europäische Kommission – ein zentrales Organ der EU, dessen Mitglieder nicht direkt von den Bürgern gewählt werden – einen sogenannten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR, langfristiger Finanzplan der EU) von insgesamt 2 Billionen Euro (2.000 Milliarden Euro) vor. Das entspricht einer Erhöhung des jährlichen EU-Budgets um 43 Prozent, von aktuell etwa 199 Milliarden Euro auf künftig 285 Milliarden Euro pro Jahr.
Sollte Deutschland seinen bisherigen Anteil von 23,6 Prozent beibehalten, würde der jährliche deutsche Beitrag von derzeit 47 Milliarden Euro auf etwa 67,3 Milliarden Euro steigen. Über eine Legislaturperiode von vier Jahren entspräche dies insgesamt rund 269,2 Milliarden Euro – eine absolute Mehrbelastung von über 81 Milliarden Euro bzw. 43 Prozent.
Die Belastung für die Bevölkerung würde erheblich steigen. Deutschland hat rund 84 Millionen Einwohner. Bisher zahlt jeder Bundesbürger jährlich etwa 560 Euro für den EU-Haushalt. Mit der geplanten Erhöhung würde sich dieser Betrag auf etwa 800 Euro erhöhen. Über vier Jahre gesehen wären das 3.200 Euro pro Person statt bisher 2.240 Euro – eine Mehrbelastung von 960 Euro.
Noch stärker betroffen sind die rund 42 Millionen deutschen sozialversicherungsabgaben-pflichtigen Steuerzahler. Pro Jahr zahlen sie aktuell durchschnittlich 1.120 Euro an die EU. Nach der Erhöhung würde sich ihr Beitrag auf jährlich etwa 1.600 Euro erhöhen, insgesamt also auf 6.400 Euro innerhalb von vier Jahren – ein Plus von 1.920 Euro pro Steuerzahler.
Um die Größenordnung zu veranschaulichen: Der gesamte Bundeshaushalt Deutschlands beträgt aktuell etwa 477 Milliarden Euro jährlich. Deutschlands derzeitiger EU-Beitrag macht damit etwa 9,8 Prozent des gesamten Bundeshaushalts aus. Der geplante neue EU-Beitrag würde rund 14,1 Prozent des aktuellen Bundeshaushalts umfassen – ein deutlicher und spürbarer Anstieg.
Deutschlands Bruttoinlandsprodukt (BIP, Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen) betrug im Jahr 2024 etwa 4.500 Milliarden Euro. Der derzeitige EU-Beitrag von 47 Milliarden Euro entspricht damit etwa 1,04 Prozent des BIP. Der geplante erhöhte Beitrag von 67,3 Milliarden Euro entspräche etwa 1,50 Prozent des deutschen BIP, was eine merkliche Steigerung der wirtschaftlichen Belastung bedeutet.
Im Jahr 2022 zahlte Deutschland rund 33,5 Milliarden Euro in den EU-Haushalt ein und erhielt etwa 13,2 Milliarden Euro zurück. Deutschland ist somit Nettozahler (zahlt mehr ein als es zurückbekommt) und erhielt lediglich 39 Prozent seiner Einzahlungen zurück. Sollte Deutschlands Beitrag auf 67,3 Milliarden Euro steigen, ohne dass sich Rückflüsse erhöhen, würde Deutschland zum noch größeren Nettozahler: Dann läge die Nettozahlerquote bei rund 80 Prozent, da nur 13,2 Milliarden Euro zurückfließen würden und der Nettoverlust auf etwa 54,1 Milliarden Euro pro Jahr steigen würde.
Die EU-Gelder fließen überwiegend in Länder, die wirtschaftlich schwächer sind und daher als Nettoempfänger gelten. Exemplarisch gehören dazu Polen, Ungarn, Rumänien, Griechenland, Portugal und Spanien. Für diese Länder stellt die EU-Mitgliedschaft finanziell einen klaren Nettogewinn dar. Deutschland finanziert somit indirekt zahlreiche Projekte in diesen Ländern, ohne entsprechende Rückzahlungen in gleichem Maße zu erhalten.
Sollten die Ukraine und Georgien EU-Mitglieder werden, würde dies die finanzielle Belastung Deutschlands wahrscheinlich weiter erhöhen, da beide Länder zu den wirtschaftlich schwächeren Staaten Europas gehören. Es ist davon auszugehen, dass diese Länder deutlich mehr finanzielle Mittel aus dem EU-Haushalt erhalten würden, als sie einzahlen könnten. Dies würde Deutschlands Rolle als Nettozahler nochmals verstärken und den Druck auf den EU-Haushalt und dessen Finanzierung erheblich erhöhen.
Diese enorme Steigerung der finanziellen Last wäre politisch nur durchsetzbar, wenn klare Vorteile für Deutschland sichtbar wären. Dazu könnten mehr Investitionen in Sicherheit und Verteidigung, grenzüberschreitende Industrieprojekte, Migrationsmanagement oder gezielte Förderung von Innovationen und Technologie gehören.
Zugleich werden aktuell alternative Finanzierungsquellen diskutiert, beispielsweise neue EU-Eigenmittel wie Plastikabgaben oder CO₂-Zölle, um die Mitgliedsbeiträge teilweise zu entlasten.
Fazit
Ein Anstieg des EU-Haushalts auf 2 Billionen Euro würde für Deutschland eine immense finanzielle Herausforderung darstellen. Der Beitrag pro Einwohner und Steuerzahler würde deutlich steigen, ebenso der Anteil am Bundeshaushalt und am deutschen BIP. Ohne erhebliche Rückflüsse oder neue Finanzierungsquellen könnte Deutschlands Rolle als Nettozahler noch dramatischer werden – ein zentrales politisches Thema der kommenden Jahre.
Ein Organ ohne direkte demokratische Legitimation
Die Europäische Kommission ist das zentrale ausführende Organ der Europäischen Union (EU). Dennoch besitzt sie eine entscheidende Schwäche: Ihre Mitglieder, sogenannte EU-Kommissare, werden nicht direkt von den Bürgern gewählt. Stattdessen erfolgt ihre Ernennung durch die nationalen Regierungen der Mitgliedsstaaten, was die EU-Kommission strukturell ähnlich wie das Politbüro der ehemaligen DDR (Deutsche Demokratische Republik) oder zentrale Machtorgane wie die Pekinger Regierung Chinas erscheinen lässt – allesamt Gremien ohne unmittelbare demokratische Legitimation durch freie Wahlen.
Die EU-Kommission besteht derzeit aus 27 Kommissaren, wobei jeder EU-Mitgliedsstaat genau einen Kommissar stellt. Dies bedeutet, dass Deutschland als bevölkerungsreichstes Land Europas mit über 84 Millionen Einwohnern lediglich einen einzigen Kommissar entsendet. Prozentual entspricht dies lediglich 3,7 Prozent der gesamten Kommission, obwohl Deutschland gleichzeitig rund 23,6 Prozent des EU-Haushalts trägt.
Die EU-Kommission verfügt über erhebliche Machtbefugnisse, darunter das Vorschlagsrecht für neue EU-Gesetze, die Kontrolle der Einhaltung bestehender Gesetze durch die Mitgliedsstaaten und die Verwaltung des EU-Haushalts. Ihre Entscheidungen beeinflussen direkt den Alltag von rund 450 Millionen Europäern, ohne dass diese Kommission gegenüber den Bürgern direkt rechenschaftspflichtig wäre.
Das Europäische Parlament, das direkt von den Bürgern gewählt wird, besitzt zwar Mitspracherechte, doch die eigentliche Exekutivmacht liegt fest in der Hand der Kommission. Hierdurch entsteht ein erhebliches demokratisches Defizit, das zunehmend Kritik und Unverständnis hervorruft.
Wie das Politbüro der DDR oder zentrale Regierungsgremien in China entscheidet die EU-Kommission weitgehend unabhängig von direkter demokratischer Kontrolle. Zwar unterscheiden sich EU und autoritäre Systeme fundamental in politischen und gesellschaftlichen Strukturen, doch in Bezug auf die Legitimation ihrer ausführenden Organe zeigen sich erstaunliche Parallelen: Wichtige politische und wirtschaftliche Entscheidungen werden in einem kleinen Kreis nicht direkt gewählter Entscheidungsträger getroffen.
Dieser Zustand führt dazu, dass Deutschland zwar finanziell stark belastet ist, aber nur einen minimalen Einfluss auf die exekutiven Entscheidungen innerhalb der EU hat. Gleichzeitig wächst die Skepsis gegenüber der EU in Teilen der Bevölkerung, die sich von einer fernen Bürokratie regiert sieht.
Fazit: Notwendigkeit einer demokratischen Reform
Die EU-Kommission, in ihrer jetzigen Form und Zusammensetzung, trägt entscheidend zur Wahrnehmung eines demokratischen Defizits bei. Um langfristig das Vertrauen in die EU-Institutionen zu sichern und die demokratische Legitimität zu stärken, wäre es notwendig, über grundlegende Reformen nachzudenken – etwa durch eine direkte Wahl der Kommissionsmitglieder oder eine stärkere Kontrolle und Einflussnahme durch das direkt gewählte Europäische Parlament. Nur so kann verhindert werden, dass die EU-Kommission dauerhaft wie ein zentralistisches Politbüro erscheint, das fernab der Bürger regiert.