Tageszeitungsmarkt im freien Fall: Auflage sinkt von 27,3 Mio. (1991) auf 10,9 Mio. (2023) – Augsburger Allgemeine und Nürnberger Nachrichten fordern Mehrwertsteuerabsenkung auf 0 Prozent und gezielte Förderung

Dramatischer Rückgang der Auflagenzahlen: Der deutsche Zeitungsmarkt steckt tief in einer existenziellen Krise. Die Auflagenzahlen klassischer Tageszeitungen sind dramatisch eingebrochen – von 27,3 Millionen Exemplaren täglich im Jahr 1991 auf nur noch 10,9 Millionen im Jahr 2023. Das entspricht einem Rückgang von mehr als 60 Prozent. Doch die Krise trifft nicht allein die Tagespresse.

Grafik: NETZ-TRENDS über Chat GPT Pro-Version. Stand: 24. Mai 2025.

Auch die regionalen Wochenzeitungen und kostenlosen Anzeigenblätter leiden in Deutschland wie in vielen anderen Ländern, auch in der Schweiz und Österreich, massiv. Von ihrem Höchststand mit etwa 94 Millionen Exemplaren pro Woche im Jahr 2013 wird ihre Auflage bis zum Jahr 2025 voraussichtlich auf rund 45 Millionen Exemplare fallen. Gerade diese Publikationen sind essenziell für die lokale Berichterstattung und für die regionale Wirtschaft als flächendeckende lokale Werbeträger und Werbemittel in die Haushalte unverzichtbar. Denn ohne Werbung geht auch Lokalwirtschaft kaum. Besonders Anzeigenblätter, die samstags erscheinen, bleiben für den lokalen Handel entscheidend, da sie unmittelbar vor dem umsatzstarken Wochenende hohe Reichweiten erzielen.

Medienwandel und verändertes Leseverhalten

Der Auflagenverlust hat viele Gründe. Einerseits wenden sich jüngere Zielgruppen zunehmend von traditionellen Printmedien ab und konsumieren ihre Nachrichten bevorzugt über Plattformen wie Instagram oder TikTok. Lange Texte gelten gerade bei Angehörigen der Generation Z zunehmend als zu mühsam und werden bewusst vermieden.

Politisch verursachte Kostenexplosion

Andererseits hat die Politik der letzten Jahre mit mehrfachen Erhöhungen des gesetzlichen Mindestlohns seit 2015 wesentlich zur Kostenexplosion bei der Zustellung beigetragen. Seit Einführung des Mindestlohns mit 8,50 Euro pro Stunde ist dieser kontinuierlich gestiegen und soll nun auf beispiellose 15 Euro pro Stunde erhöht werden. In der Branche wird diese Erhöhung mit Recht als irrwitzig hoch und als weiterer Sargnagel für die lokale Medienwirtschaft gesehen. Betroffen sind Tageszeitungen wie Anzeigenblätter und Wochenzeitungen gleichermaßen, obwohl deren Zustellung häufig durch Minijobber erfolgt – darunter Schülerinnen und Schüler, Studierende sowie Rentnerinnen und Rentner, für die diese Tätigkeit oft eine existenzwichtige Zusatzeinnahme ist. Doch viele Zustellerinnen und Zusteller sind auch Ungelernte.

Enorme wirtschaftliche Belastung durch Mindestlohn

Laut der SCHICKLER Standortanalyse Zeitungszustellung haben sich die jährlichen Gesamtkosten für die Zustellung von Tageszeitungen und Anzeigenblättern in Deutschland mittlerweile auf etwa 1,7 Milliarden Euro erhöht. Bundesweit sind täglich etwa 100.000 Zustellerinnen und Zusteller im Einsatz (Verweis: Schickler Studie), um mehr als 10 Millionen Zeitungen zu verteilen sowie die regionalen Wochenblätter, die oft vom gleichen Zustellapparat bedient werden. Manche Verlage beschäftigen bis zu 6000 Zustellern, die eine flächendeckende Zustellung der Bevölkerung sicherstellen sollen.

Durch die Auflagenrückgänge, auch bedingt durch die höchsten Mindestlöhne weltweit, erhält heute in Deutschland fast jeder zweite kein Wochenblatt mehr und nur noch rund 13 % der Bevölkerung in Deutschland erhalten 2025 täglich eine Tageszeitung.

Man könnte jedoch auch festhalten: Immerhin – denn andere Mediengattungen erreichen heute oft noch deutlich weniger Menschen und verbreiten zudem nicht selten fragwürdige Anzeigen oder unzuverlässige Informationen aus unterschiedlichsten Onlinequellen. Wer wirklich fundiert und umfassend informiert sein möchte, greift nach wie vor zur Tageszeitung, mindestens zum regionalen Wochenblatt für Lokalnachrichten wenn er oder sie denn keine Tageszeitung hat, oder zu einer seriösen Zeitschrift.

Dabei ist zu beachten, dass die genannten 13 Prozent der Bevölkerung, die täglich eine gedruckte Tageszeitung erhalten, durch die digitalen Angebote der Verlage – also die Online-Ausgaben und Apps – in ihrer Reichweite erheblich erweitert werden. Viele Menschen nutzen die digitalen Verlängerungen der Zeitungen, sodass die tatsächliche Zahl der erreichten Leserinnen und Leser deutlich höher liegt.

Wenn die Politik die Entscheider trifft

Zudem zählt der Kreis der regelmäßigen Zeitungsleserinnen und -leser – ganz gleich, ob sie ihre Zeitung im Abonnement, im Einzelverkauf oder digital beziehen – traditionell zu den gesellschaftlich besonders aktiven und meinungsbildenden Gruppen. Diese Leserschaft ist überdurchschnittlich häufig im Bildungsbürgertum verankert, verfügt meist über ein höheres Einkommen und ist in gesellschaftlichen, wirtschaftlichen oder politischen Entscheidungspositionen überrepräsentiert.

So hatten im Jahr 2021 rund 62,4 Prozent der Zeitungsleser eine abgeschlossene Berufsausbildung und etwa 11,7 Prozent ein Haushaltsnettoeinkommen zwischen 1.500 und 2.000 Euro15. Zeitungsleserinnen und -leser prägen damit nicht nur die öffentliche Debatte, sondern auch zentrale Entwicklungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Wer den Zugang zu diesen Menschen informativ verliert oder diesen gar bewusst einschränkt, verliert weit mehr als nur eine Informationsquelle – es geht um den Verlust von Einfluss und Teilhabe an gesellschaftlicher Meinungsbildung.

Wie der Mindestlohn-Irrsinn die Pressefreiheit bewusst angreift

Hinzu kommt, dass die geplante Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro die Zustellkosten der Zeitungsverlage nochmals drastisch ansteigen lassen würde. Nach Berechnungen von NETZ-TRENDS.de bedeutet dies jährliche Mehrkosten von rund 289 Millionen Euro allein für die Zeitungszustellung – ein Plus von fast 17 Prozent. Für viele Verlage wäre das existenzbedrohend. Klar ist: Diese Entwicklung stellt einen massiven Angriff auf die Pressefreiheit dar und wiegt deutlich schwerer als vieles, was von politischen Akteuren gerne als angebliche Gefahr für die Freiheit in Deutschland populistisch ins Feld geführt wird.

SPD, Grüne, Linke sowie CDU und CSU in der Verantwortung

Die Hauptverantwortung für diese dramatische Situation tragen maßgeblich die Parteien der vergangenen oder aktuellen Bundesregierung: SPD im Rahmen ihrer Dauerehe mit CDU und CSU, sowie Grüne und die sozialistisch-radikalen Linken, die die fortlaufenden Mindestlohnerhöhungen politisch mitgetragen haben und noch mehr fordern - auch über die 15 Euro hinaus. Dabei gehört Deutschland schon jetzt neben der Schweiz, Australien und Kalifornien zu den teuersten Mindestlohnländern weltweit. Zum Vergleich: In Südafrika liegt der Mindestlohn für einen ganzen Monat in der Farmerbranche bei im Schnitt nur 150 bis 200 Euro.

Gleichzeitig führen die strengeren Regelungen zur Einhaltung des Mindestlohns vermehrt zu umfassenden manchmal fast schon schikanösen Kontrollen durch den deutschen Zoll. Aus Sachsen-Anhalt ist zu hören, dass hier bei einem Zeitungsverlag teils bewaffnete Zollmitarbeiter, begleitet von einer Hundertschaft der Polizei, in der Vergangenheit eine oder gar zwei Razzien durchgeführt habe (Razzien werden gerne mehrere hintereinander gemacht, immer dann, wenn die Betroffenen nicht damit rechnen natürlich). Auslöser waren, dass Zeitungszustellerinnen oder Zusteller gegenüber Behörden angegeben hatten, sie sähen sich unter dem Mindestlohn bezahlt, da sie die Anzahl auszutragender Zeitungen innerhalb der offiziell veranschlagten Zeit pro Zustelltour nicht schaffen könnten. Solche "Prüfungen" können nicht nur empfindliche Strafen nach sich ziehen, sie verschärfen die wirtschaftliche Lage der betroffenen Verlagshäuser zusätzlich und bauen bewusst auf ein Klima der Angst.

Anstatt den strukturellen Wandel in der Medienbranche mit gezielten Maßnahmen wie einer Mehrwertsteuerabsenkung auf 0 Prozent für Zeitungsprodukte und Zeitschriftenprodukte, also die Presse, abzufedern, beschleunigen die Regierungsparteien das Verlagssterben zusätzlich durch ihre kurzsichtige Lohnpolitik.Einige meinen aber auch: Vielleicht auch vorsätzlich. Ungebildete und uninformierte Bürger lassen sich bekanntlich leichter manipulieren. Kritik gibt es dann halt nicht mehr. Wie schön, mag der eine oder andere denken. Dabei sind die Zeitungen in Deutschland, bis auf die BILD Zeitung, eh schon maximal angepasst und oft zu reinen Regierungs-Mitteilungsblättern verkommen. So manchner 60-Sekünder in Instagram oder Tiktok ist da provokanter und informativer.

Alarm der Verlegerverbände

Mitglieder des Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) sowie der Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter (BVDA), heute Bundesverband kostenloser Wochenzeitungen (ehemals Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter), schlagen angesichts der erneuten Kostenlawine durch eine weitere irrwitzige Anhebung des Mindestlohns um 17 Prozent auch für ungelernte Menschen dennoch zu Recht Alarm. Beide Verlegerverbände kämpfen gemeinsam für das Überleben ihrer Mitglieder. Rund 80 Prozent der Wochenblätter befinden sich im Besitz oder stehen in Verbindung zu Tageszeitungsverlagen, weshalb der drohende Zusammenbruch dieser Strukturen weitreichende Folgen hätte. Beide Verlegerverbände sitzen im Haus der Presse in Berlin mitten im historischen Zeitungsviertel und in Sichtweise zu Axel Springer, zur linken taz oder der Verbraucherzentrale Bundesverband.

Dramatischer Appell aus der Branche

Erst kürzlich machten die Chefredakteure Michael Husarek (Verlag Nürnberger Presse, Nürnberger Nachrichten) und Peter Müller (Augsburger Allgemeine) in einem eindringlichen Appell auf dem einflussreichen Mediendienst Kress.de deutlich, wie ernst die Lage ist. Sie fordern dringend konkrete politische Schritte, um den lokaljournalistischen Strukturen das Überleben zu sichern. Ohne schnelle politische Hilfen, wie die geforderte Mehrwertsteuerabsenkung auf 0 Prozent, wird die journalistische Grundversorgung und die lokale Medienvielfalt unwiederbringlich verloren gehen.

Politik muss endlich handeln

Die Politik steht jetzt in der Pflicht, endlich zu handeln, bevor der Schaden unumkehrbar ist. Es ist höchste Zeit, dass die für den höchsten Mindestlohn weltweit verantwortlichen Parteien, SPD, Grüne, Linke sowie CDU und CSU, Verantwortung für ihre Fehlentscheidungen übernehmen und die Zukunft der lokalen und regionalen Medien sichern. Denn eines ist klar: Ohne sofortiges politisches Umsteuern droht zahlreichen lokalen und regionalen Zeitungen sowie Wochenblättern und Anzeigenblättern das endgültige wirtschaftliche Aus. Die Uhr tickt. Geradezu absurd ist, dass viele Journalisten und Journalistinnen eher links wählen, also die Parteien, die am Ende den Untergang der Zunft mit besiegeln.

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