Etikettenschwindel im Gewürzregal: Verbraucherzentrale kritisiert irreführende Kennzeichnungen

Ein aktueller Marktcheck des Verbraucherportals Lebensmittelklarheit hat aufgedeckt, dass viele Gewürzprodukte in Supermärkten und Online-Shops irreführend oder falsch gekennzeichnet sind. Besonders auffällig ist, dass mehrere bekannte Hersteller und Fernsehköche ihre Produkte nicht korrekt deklarieren. So wird beispielsweise ein "Kartoffel-Gewürz" eines Fernsehkochs als hochwertiges Gewürz beworben, besteht jedoch zu mehr als einem Drittel aus preiswertem Salz. Ein weiteres Beispiel ist ein "Apfelkuchen Gewürz", das neben Zucker hauptsächlich Standardgewürze und das günstige Aroma Vanillin enthält, aber über 200 Euro pro Kilogramm kostet.

Insgesamt wurden 22 Produkte untersucht, von denen 15 durch ihre Bezeichnung hochwertige Gewürze suggerierten, tatsächlich jedoch minderwertigere Gewürzzubereitungen oder Würzmischungen waren. Besonders problematisch ist, dass vier der fünf Produkte mit komplett falscher Kennzeichnung von Fernsehköchen stammen. Diese Produkte waren im Durchschnitt um 74 Prozent teurer als vergleichbare Produkte.

Die deutsche privatrechtliche, aber staatlich unterstützte deutsche Institution "Verbraucherzentrale" fordert daher eine eindeutige Kennzeichnung von Gewürzprodukten. Verbraucher und Verbraucherinnen sollten auf den ersten Blick erkennen können, um was für ein Produkt es sich handelt und wie hoch der Gewürzanteil ist. Die rechtlich definierte oder verkehrsübliche Bezeichnung sollte auf der Vorderseite der Verpackung stehen, und der Gesamtanteil der enthaltenen Gewürze sollte in Prozent angegeben werden.


Für weitere Informationen und Details zu den untersuchten Produkten besuchen Sie bitte die offizielle Pressemitteilung des Verbraucherzentrale Bundesverbands: Verbraucherzentrale Bundesverband.Verbraucherzentrale Bundesverband

Etikettenschwindel im Gewürzregal – Wenn Marketing den Geschmack verdirbt

Kritischer Kommentar zur Verbrauchertäuschung durch prominente Hersteller und Fernsehköche

Von außen betrachtet, wirken sie hochwertig, kreativ, manchmal sogar handgemacht – die vermeintlich edlen Gewürzmischungen in bunten Gläsern und Dosen. Oft lächelt ein bekannter Fernsehkoch vom Etikett, der Preis ist stolz, der Name verheißungsvoll: „Kartoffel-Gewürz“, „Apfelkuchen-Mix“, „Barbecue-Blend“. Doch was sich tatsächlich hinter diesen Produktnamen verbirgt, hat wenig mit kulinarischer Raffinesse zu tun – und umso mehr mit gezielter Verbrauchertäuschung.

Ein aktueller Marktcheck des Verbraucherportals Lebensmittelklarheit entlarvt, was viele bereits ahnten: Der Gewürzmarkt ist ein Spielfeld für Etikettenschwindel. Von den 22 untersuchten Produkten waren 15 irreführend beschriftet, teils sogar klar falsch deklariert. Besonders bitter: Vier der fünf klar fehlbeschrifteten Produkte stammen von prominenten Fernsehköchen, deren Namen offenbar nicht nur den Absatz steigern, sondern auch das Gewissen der Käufer beruhigen sollen.

Teure Namen, billiger Inhalt

Ein Paradebeispiel für die Kritik ist ein „Kartoffel-Gewürz“, das zu mehr als einem Drittel aus billigem Salz besteht – trotz anderslautender Erwartungen. Ein anderes Produkt, das als „Apfelkuchen-Gewürz“ verkauft wird, enthält vor allem Zucker und künstliches Vanillin – und kostet über 200 Euro pro Kilogramm. Das grenzt an bewusste Irreführung und ist angesichts der Preisgestaltung in Verbindung mit dem tatsächlichen Inhalt kaum anders zu bewerten als moderner Etikettenschwindel.

Die Unterscheidung zwischen „Gewürz“, „Gewürzmischung“, „Gewürzzubereitung“ und „Würzmischung“ mag juristisch trennscharf sein – für Verbraucher ist sie es in der Praxis nicht. Denn während der Gesetzgeber zulässt, dass Produkte mit nur 15 Prozent Gewürzanteil als „Gewürzsalz“ durchgehen, wird auf der Vorderseite der Verpackung häufig etwas völlig anderes suggeriert. Wer sich nicht durch die Kleingedruckten auf der Rückseite kämpft, tappt schnell in die Marketingfalle.

Prominente Vorbilder mit fahlem Beigeschmack

Besonders problematisch ist, dass ausgerechnet Prominente mit großer Reichweite ein Teil dieses Systems zu sein scheinen. Wenn Fernsehköche ihre Namen für Produkte hergeben, die nicht halten, was sie versprechen, untergraben sie nicht nur das Vertrauen in die Lebensmittelkennzeichnung, sondern auch in ihre eigene Glaubwürdigkeit. Wenn der Preis dann noch um 74 Prozent über dem Durchschnitt liegt, wird aus gutem Marketing gezielte Irreführung – mit Gewinnabsicht.

Die Forderung ist überfällig

Die Verbraucherzentrale fordert zu Recht, dass der Gewürzanteil in Prozent auf der Vorderseite der Verpackung angegeben werden muss. Denn was nützt die schönste Verpackung, wenn der Inhalt im Widerspruch zu den Erwartungen steht? Begriffe wie „Würzmischung“ oder „Gewürzzubereitung“ sind nicht nur sprachlich diffus, sondern oft auch bewusst eingesetzt, um minderwertige Inhalte aufzuwerten.

Es ist nicht hinnehmbar, dass ein Produkt, das mit Begriffen wie „Kräuter“ oder „Gewürz“ wirbt, tatsächlich kaum mehr enthält als Salz, Zucker und künstliche Aromen. Und es ist bezeichnend, dass dieses Spiel gerade dort gespielt wird, wo Konsumenten glauben, zu besonders hochwertigen Produkten zu greifen – bei Gewürzen von „Experten“.

Ein Gewürzmarkt ohne Transparenz

Die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs sind klar – aber sie sind rechtlich nicht bindend. Das nutzen Hersteller offenbar aus. Das Problem ist strukturell: Eine freiwillige Selbstkontrolle durch Anbieter reicht nicht, wenn wirtschaftliche Interessen über Verbrauchertransparenz gestellt werden. Was es braucht, ist eine verbindliche, gesetzlich geregelte Kennzeichnungspflicht, die das Marketing auf der Vorderseite an die Wahrheit auf der Rückseite bindet.

Bis dahin hilft nur: genau hinschauen, skeptisch bleiben – und Fernsehköchen nicht alles glauben.

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