Wie die britische Tageszeitung The Standard in ihrer Online-Ausgabe am 2. November 2024 berichtet, planen Hunderte von Bauern eine Großdemonstration in London. Die National Farmers’ Union (NFU) hat zu einer Massenkundgebung vor dem Parlament in Westminster am 19. November aufgerufen, um gegen die geplante Reform der Erbschaftssteuer auf landwirtschaftliche Flächen zu protestieren.
Der Anlass ist eine Entscheidung der Labour-Regierung unter Finanzministerin Rachel Reeves, die die bisherige Steuerbefreiung für Agrarland bei Erbschaften teilweise aufheben will.
Ab April 2026 soll laut Haushaltsplan nur noch für die ersten eine Million Pfund an landwirtschaftlichen und geschäftlichen Vermögenswerten eine hundertprozentige Steuerbefreiung gelten. Für darüber hinausgehende Werte wird diese auf fünfzig Prozent reduziert. Die Labour-Partei verteidigt die Änderung als „gerechtere Lösung“ für das Steuersystem, was jedoch bei vielen Bauern auf breite Ablehnung stößt.
Tom Bradshaw, Präsident der NFU, äußerte nach einem Gespräch mit Umweltminister Steve Reed massive Bedenken: „Die Pläne müssen dringend rückgängig gemacht werden.“ Er betonte die spürbare „Spannung, Wut und Frustration“ in der landwirtschaftlichen Gemeinschaft. Viele Bauern befürchten, dass die Reform das Ende für Familienbetriebe bedeuten könnte, die Versorgungssicherheit gefährden und den Naturschutz negativ beeinflussen könnte.
Um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen, erwägen Bauern, mit Traktoren und schweren Maschinen an der Demonstration teilzunehmen, was das Zentrum Londons lahmlegen könnte. Unterstützung erhalten sie unter anderem von prominenten Persönlichkeiten wie der TV-Immobilienexpertin Kirstie Allsopp und Moderator Jeremy Clarkson.
Umweltminister Reed verteidigt jedoch die Steuerreform als „fairen und ausgewogenen Ansatz“, der die Bedürfnisse von Familienbetrieben berücksichtige und gleichzeitig die öffentlichen Dienste verbessere. In einem Artikel im Daily Telegraph betonte er, dass „nur die reichsten Erben“ von der Reform betroffen seien und dass die meisten Bauern weiterhin ihre Höfe an die nächste Generation weitergeben könnten.
Trotz der Erklärungen der Regierung zeigt sich Tom Bradshaw unversöhnlich: „Ich denke, unsere Mitglieder haben das Gefühl, dass diese Regierung die Landwirtschaft nicht versteht.“ Die Debatte, die auch im britischen Parlament lebhaft geführt wird, entwickelt sich somit zu einem zentralen Thema der nationalen Agrarpolitik und sorgt in den ländlichen Regionen für große Aufregung.
Wie in Großbritannien gibt es auch in Deutschland viele Bauernfamilien, die seit Jahrhunderten ihr Land bewirtschaften und bewahren. Ein Beispiel aus Oberbayern verdeutlicht, was solche Höfe leisten und durchstehen: Eine NETZ-TRENDS bekannte Familie nahe Schliersee besitzt rund 20 Hektar Land (ca. 200.000 Quadratmeter), das seit 1740 in Familienbesitz ist. Der Wert dieser Fläche wird heute auf 7 bis 10 Millionen Euro geschätzt – doch handelt es sich dabei um einen reinen Buchwert, der die Realität des Lebens nicht widerspiegelt.
Auch wenn 20 Hektar viel klingt: Es ist zu wenig, um damit eine solide Einkommensbasis zu haben. Heißt: Solche Klein-Betriebe können vom Ackerbau allein kaum noch überleben. Daher hatte der Sohnemann die Idee, in der Gemeinde einen Antrag auf Zulassung des Baus eines Ferienhauses zu stellen, was die Gemeinde unterstützt hat. Nun wird das Ferienhaus ganzjährig an Einzelpersonen, Familien und Gruppen vermietet – ein attraktives Domizil, das Gästen 500 Euro pro Nacht wert ist und über Booking.com gebucht werden kann. Dieses Einkommen, zusammen mit der Verpachtung des Landes an einen größeren Landwirt, sichert die Existenz des Hofes, des uralten bayerischen Bauern-Anwesens.
Der Sohnemann selbst will den Hof zwar nicht mehr selbst bewirtschaften, aber das Familienerbe fortführen - nur in abgewandelter Form. Da ihm Oberbayern zu eng ist, verdient er zudem Geld als Steward auf der Langstrecke von Lufthansa. Der ortsansässige Pächter, der einen Großteil der 20 Hektar der benachbarten Familie per Pacht übernommen hat, bewirtschaftet mittlerweile 100 Hektar Land – eine Fläche, die heute notwendig ist, um in der Landwirtschaft noch wirtschaftlich gut bestehen zu können. Harte Arbeit, gutes Einkommen - das darf nicht nur in der Industrie gelten.
In Großbritannien ist die Situation ähnlich: Die geplante Erbschaftssteuerreform bedroht die Existenz von Familienbetrieben, die über Generationen hinweg die Versorgung der Bevölkerung gesichert haben. Dass eine solche Steuer jetzt Landwirte in die Enge treibt, mutet fast kriminell an, besonders bei jenen, die über Jahrhunderte ihre Heimat verteidigt und ihr Land gepflegt haben. Diese Höfe sind mehr als nur Grundstücke – sie stehen für eine Kultur des Zusammenhalts, der Loyalität und des unermüdlichen Einsatzes für das Land.
Die Solidarität deutscher Bauern mit ihren britischen Kollegen ist groß, denn die Gefahr einer ähnlichen Entwicklung wächst auch hierzulande. Die Landwirtschaft ist das Rückgrat unserer Versorgung, und solche Höfe verdienen Unterstützung statt zusätzlicher Belastungen.