Bauen und Wohnen Mietpreisbremse in Zürich - Eine Schweizer Debatte mit europäischer Relevanz

Zürich, eine der teuersten Städte der Schweiz, erlebt derzeit eine hitzige Diskussion über Mietpreiserhöhungen. Diese Debatte ist nicht einzigartig für Zürich, sondern spiegelt ähnliche Probleme in anderen europäischen Städten wie Berlin, Wien, Meran, Rom, Paris und London wider.

Zürich und Zürichsee bei Nacht aufgenommen vom Hausberg, dem Uetliberg. (Foto: NETZ-TRENDS)

Die Wohnkosten in Zürich steigen stetig, und die Stadt ist berüchtigt dafür, dass Vermieter ihre Mieter oft abzocken. Altbauten werden selten oder nur minderwertig saniert, was den Druck auf die Mieter zusätzlich erhöht. Da Wohnraum knapp ist, ist Zürich ein Eldorado für Vermieterhaie. Darunter gibt es viele alteingesessene Zürcher Familien, die seit Generationen auf ihren Wohnungen oder Häusern sitzen und deren Haupteinnahmequelle das Vermieten von Wohnraum ist. Kein Wunder, gibt es in Zürich doch noch haufenweise mehrstöckige Mehrfamilienhäuser, die bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen, besonders in der Altstadt.

Ein Bauboom setzte in den 1950er und 1960er Jahren ein, in dem viele Wohnblöcke oft billig und minderwertig hochgezogen wurden, die bis heute teuer und immer teurer vermietet werden. Gleichzeitig trägt auch der Wahn von Bürgern und Bürgerinnen zur Mietpreissteigerung bei, da für viele ein Wohnen außerhalb von Metropolen wie Zürich, Berlin, Paris oder Wien nicht in Frage kommt. Selbst Asylanten und andere Europa überflutende Flüchtlinge haben häufig keine Lust, auf dem Land oder in ländlichen Gebieten zu leben.

In dieser angespannten Lage hat der Schweizer Mieterverband nun beschlossen, eine Volksinitiative zur Einführung einer Mietpreisbremse zu starten, um den überhöhten Mietpreisen entgegenzuwirken und die Situation für die Mieter zu verbessern.

Der Fall einer Mieterin

Ein aktueller Fall aus dem Zürcher Stadtkreis 6 verdeutlicht die Problematik. Eine Mieterin sah sich mit einer drastischen Mietsteigerung konfrontiert: Von 1.887 Franken auf 2.660 Franken für ihre 64 Quadratmeter große Wohnung. Der Vermieter begründete die 41-prozentige Erhöhung mit gestiegenen Kosten und der Notwendigkeit einer angemessenen Rendite. Die Mieterin legte jedoch Einspruch ein und wandte sich an die Schlichtungsbehörden. Das berichtet nun die Neue Zürcher Zeitung (NZZ).

Explosion der Streitfälle

Seit dem Anstieg des Referenzzinssatzes für Mieten hat sich die Zahl der Mietstreitigkeiten in der Schweiz deutlich erhöht. Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) berichtete von einem Anstieg um 46 Prozent im zweiten Halbjahr 2023. In Zürich stieg die Zahl der anhängigen Verfahren auf 1.659, weit mehr als die üblichen 500 Fälle. Diese Entwicklung führte dazu, dass viele Schlichtungsstellen zusätzliches Personal einstellen mussten, um der Flut von Fällen Herr zu werden.

Volksinitiative des Mieterverbandes

Ziel der geplanten Schweizer Mietpreisbremse ist es, klarer zu definieren, welche Mietpreissteigerungen zulässig sind und welche als überhöht gelten. Diese Maßnahme soll die überhöhten Mietrenditen reduzieren, die Mieter jährlich Milliarden kosten. Michael Töngi, Vizepräsident des Mieterverbandes und Nationalrat der Grünen, betont die Notwendigkeit, das Prinzip der Kostenmiete einzuführen. Dabei sollen Mieten nur noch auf Basis der tatsächlichen Kosten und einer begrenzten Rendite festgelegt werden.

Auf der anderen Seite ist es teuer, Wohnraum zu kaufen. Wer kauft oder gar baut und dann vermieten möchte, muss seine investierten Kosten durch den Mietzins refinanzieren können. Zudem braucht es als Anreiz für die Investitionen die Aussicht auf Gewinn, also eine Rendite innerhalb von 20 Jahren. Oft ist dies jedoch nicht der Fall. Nicht selten werden Wohnungen so teuer weiterverkauft, dass der Käufer oder die Käuferin auch nach 20 Jahren Vermietung noch keinen Gewinn erzielen kann.

Automatische Mietzinskontrolle

Ein zentrales Element der Schweizer Initiative ist die Einführung einer automatischen und regelmäßigen Mietzinskontrolle. Damit soll sichergestellt werden, dass Mieter nicht auf sich allein gestellt sind und unrechtmäßige Mietpreiserhöhungen ohne eigenes Zutun angefochten werden können. Dieses System soll verhindern, dass Mieter aus Angst vor Repressalien durch Vermieter oder aufgrund mangelnder Ressourcen ihre Rechte nicht wahrnehmen.

Kritik der Vermieter

Der Hauseigentümerverband Schweiz warnt vor den Auswirkungen der geplanten Maßnahmen. Eine reine Kostenmiete ohne Berücksichtigung der Marktlage könnte Investitionen und Neubauten verhindern, was die Wohnraumknappheit weiter verschärfen würde. Markus Meier, Direktor des Verbandes, sieht die automatische Mietzinskontrolle als praktisch unmöglich umsetzbar an, da es in der Schweiz 2,8 Millionen Mietverhältnisse gibt, die alle individuell überprüft werden müssten.

Gericht entscheidet zugunsten der Mieterin

Im konkreten Fall der Zürcher Mieterin entschied das Mietgericht schließlich, dass die geforderte 41-prozentige Mieterhöhung unangemessen sei. Stattdessen wurde die Miete auf 2.320 Franken festgelegt, was einer 23-prozentigen Erhöhung entspricht. Dieses Urteil könnte als Präzedenzfall für ähnliche Streitigkeiten dienen und die Diskussion um eine Mietpreisbremse weiter anheizen.

Eigentumsverhältnisse und Wohnungsbestand in Zürich

In Zürich gibt es nach Angaben des Bauamts der Stadt Zürich insgesamt 54.378 Gebäude, von denen 34.897 Wohngebäude sind. Diese Wohngebäude beinhalten insgesamt 233.903 Wohnungen. Davon sind 215.357 Mietwohnungen und 41.476 Genossenschaftswohnungen. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es rund 19 Millionen Wohnungen und Häuser, von denen weniger als 10 Prozent nach 1995 gebaut wurden. Die Wohnfläche pro Person in Zürich beträgt 39,5 Quadratmeter (Stand: 2023). Der Median der Mietpreise für eine 3-Zimmer-Wohnung liegt bei 1.470 Franken netto (2022).

Zürcher Index der Wohnbaupreise

Der Zürcher Index der Wohnbaupreise liefert wichtige Daten zur Preisentwicklung im Wohnungsbau. Seit April 2023 sind die Wohnbaupreise um 0,3 Prozent gestiegen und haben im Oktober 2023 einen Stand von 114,2 Punkten erreicht (Basis April 2020 = 100). Der Totalindex lag im April 2024 bei 114,5 Punkten, was eine Steigerung um 0,5 Prozent seit April 2023 bedeutet. Der Gebäudeindex erreichte 114,9 Punkte im April 2024 und blieb im Vergleich zu April 2023 unverändert. Der Umgebungsindex stieg auf 109,3 Punkte, was einer Zunahme von 0,5 Prozent entspricht. Die Baunebenkosten erhöhten sich erheblich auf 111,1 Punkte, ein Anstieg von 11,9 Prozent seit April 2023.

Europäische Dimension und externe Faktoren

Die Mietdebatte in Zürich ist exemplarisch für viele europäische Großstädte. Dazu kommen externe Faktoren, die die Situation weiter verschärfen:

Die Abbestellung von russischem Gas hat in ganz Europa zu explodierenden Energiepreisen geführt. Die Corona-Shutdowns und die Einschränkungen des weltweiten Handels während der Pandemie haben die Kosten vieler Rohstoffe um Hunderte Prozent in die Höhe getrieben, was Großprojekte schwer kalkulierbar macht. In Deutschland führte dies zu einem weitgehenden Einbruch des Neubaus von Wohnraum. Verschärft wurde dies durch die Politik der Bundesregierung aus SPD, GRÜNEN und FDP, die sich den Kampf gegen die Industrie und deren Auswirkungen auf die Umwelt auf die Fahnen geschrieben hat. Auch die EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leye trägt zu dieser Entwicklung bei. Sie ist zwar offiziell CDU-Mitglied, jedoch bewerten Beobachter ihre politische Ausrichtung (ESG-Ratings für die Industrie) eher als deutlich links.

Fazit

Der Ausgang des politischen Streits um die Mietpreisbremse in Zürich wird nun durch die Volksabstimmung entschieden. Dieses Thema betrifft jedoch nicht nur Zürich, sondern steht stellvertretend für ähnliche Herausforderungen in vielen europäischen Großstädten wie Berlin, Wien, Meran, Rom, Paris und London, die ebenfalls mit steigenden Mieten und angespannten Wohnungsmärkten konfrontiert sind.

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