Sorgen AdBlue und SCR bei VW: 62 Mrd. Euro für Diesel-Aufrüstung? Sorgen um Selbständigkeit der Volkswagen AG

Kommentar - Alleine bei der Zahl dürfte VW-Anlegern schwindlig werden. Das US-Portal Wired berichtet, wonach eine nachträgliche Aufrüstung von VW Diesel-Fahrzeugen mit der emissionsreduzierenden Technologie der "Selective Catalytic Reduction" (SCR), welche auf AdBlue zurückgreife, Kosten in Höhe von 5000 US-Dollar (4.391 Euro) bis 8000 US-Dollar (7.026 Euro) produziere. Je Auto.

Bild: Volkswagen AG
Der Volkswagen Touran 1.2 TSI ist ein ideales Familienauto. Der Kraftstoffverbrauch liege auf 100 km kombiniert bei 6,4 – 5,9 Liter, innerorts bei 8,0 bis 7,2 Liter.

Rechnet man das auf die bis zu 11 Millionen weltweit auf den Straßen befindlichen Dieselfahrzeuge der Volkswagen AG hoch, kommt man auf eine schwindelerregend hohe Zahl - auf im Schnitt 71 Milliarden US-Dollar zusätzlicher Investmentsumme für den Automobilkonzern, beziehungsweise 62 Milliarden Euro. Wir sprechen also bald von einem Drittel des Jahresumsatzes der Volkswagen AG (202 Milliarden Euro in 2014).

Das ist so viel Geld, dass man sich mittelfristig ernsthaft um die Existenz von VW als selbstständiger deutscher Automobilkonzern Sorgen machen muss. Selbst wenn VW nur die Hälfte der Dieselfahrzeuge nachträglich aufrüsten müsste, würden wir immer noch von Kosten in Höhe von 35 bis 40 Milliarden Dollar sprechen.

Darin sind noch nicht einmal die hohen Strafzahlungen enthalten, welche in den USA eine Größenordnung von bis zu 16 Milliarden US-Dollar erreichen könnten, also 14 Milliarden Euro. Die Summe ist deshalb so hoch, da Techniker der Volkswagen AG über Jahre vorsätzlich Behörden mit einer Software veräppelten, die falsche Umweltfreundlichkeit von Dieselfahrzeugen vorgaukelte.

AdBlue-Technologie-Patent liegt beim VDA

Jedenfalls teilte die Volkswagen AG mit, man wolle so schnell wie möglich damit beginnen, in Europa und Nordamerika die Diesel-Fahrzeuge mit der AdBlue-Technologie, beziehungsweise der Scr-Technologie aufzurüsten. Mit dem sehr teuren Verfahren könne man dann die politischen Umwelt-Ziele erfüllen. Zeit-Online beschreibt das Verfahren wie folgt:

"Für die SCR-Technologie benötigt man den Zusatzstoff mit dem Markennamen AdBlue, eine Mixtur aus 67,5 Prozent Wasser und 32,5 Prozent Harnstoff. Sie wird in den Abgas-Strom eingespritzt und vom Katalysator chemisch zersetzt. Dabei bildet sich Ammoniak, der mit den Stickoxiden reagiert und sie weitgehend unschädlich macht. Weil bei diesem Verfahren gezielt nur die Stickoxide selektiert und angegriffen werden, heißt die Methode in der Fachsprache Selective Catalytic Reduction, kurz SCR." Die AdBlue-Lizenz liege wiederum, so Zeit-Online. beim deutschen "Verband der Automobilindustrie" (VDA).

In den USA ist es für VW nach wie vor imagemäßig besonders schlimm, dass der Konzern dort mit dem "Clean Diesel"-Slogan geworben hatte. Damit begründete man, warum es eben sinnvoll sei, gut 3000 US-Dollar mehr für ein Auto zu bezahlen, als für einen Benziner. Eben, da die Diesel-Technik sauber, also angeblich umweltfreundlicher sei.

Liegt für VW die Zukunft in den Elektroautos?

Doch wissen wir jetzt, dass der Feinstaub-Ausstoss zu bezahlbaren Verfahren eben nicht technisch umsetzbar war. Jedes Diesel-Auto hätte, um eine Diesel-Technik mit den sehr hohen politischen Vorgaben in der Europäischen Union (EU) und den USA einhalten zu können, gut 6000 bis 10.000 Euro mehr gekostet. Heißt: Das wäre eindeutig zu viel. Gleichzeitig kann man wohl ernsthaft vom Ende des Diesel sprechen. Die Vorgaben der EU und der USA sind einfach zu hoch und für die Automobilkonzerne nicht refinanzierbar.

Entsprechend sagte VW nun, man wolle stärker in den Bereich Elektrofahrzeuge vorstoßen, sowie in die Plug-in-Hybrid Technik. Doch auch diese Technologie ist teuer. So schreibt beispielsweise der US-Blog wired.com weiter und bezieht sich auf eine Veröffentlichung der Volkswagen AG:

"Die Pressemitteilung ist voll von hochherzigen Aussagen über die Vergangenheit und Zukunft. Der erste Phaeton wäre ein Wunder der Technik… eine der schönsten Exklusiv-Limousinen aller Zeiten. Schade, dass niemand in Amerika einen $ 70.000 Volkswagen haben möchte."

Künftig möchte VW den Phaeton mit einem reinen Elektroantrieb ausstatten, der auch für Langstrecken geeignet sei - also wahrscheinlich mindestens 400 Kilometer. Doch ist eine solche Technologie ebenfalls teuer. Und ob der Brand Volkswagen hier mit Konkurrenten wie Tesla oder Mercedes-Benz, ja selbst mit der VW-Tochter Audi beim Kunden in Konkurrenz treten kann, wird sich erst noch zeigen.

Gefällt mir
4