Onlinekaufhaus Amazon-Gründer Jeff Bezos schreibt 180.000 Mitarbeitern nach New York Times-Kritik am Arbeitsklima

Die Wochenendausgabe der New York Times (NYT) kritisierte in einer umfangreichen Reportage Amazon als Arbeitgeber massiv. Das Arbeitsklima sei unerträglich, der Druck mache Mitarbeiter krank, so die NYT.

BILD: Amazon press
Amazon-Gründer Jeff Bezos war schon 1999 Man of The Year auf dem Time-Cover.

Die New York Times gehört neben dem Wall Street Journal, der USA Today und Washington Post zu den größten und einflussreichsten Tageszeitungen der Vereinigten Staaten von Amerika. Entsprechende Aufmerksamkeit erhält derzeit die wenig schmeichelhafte Amazon-Reportage.

In dem Artikel hatten Reporter der New York Times Interviews – viele anonymisiert – mit rund 100 aktuellen oder ehemaligen Amazon-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geführt. Darin wird ein Bild über den Arbeitgeber Amazon gezeichnet, welches in den USA viele schockierte. Konkret ging es in der Reportage darum, wie Amazon Mitarbeiter als Ausbeutungs-Experiment ansehen würde, aus welchen man immer mehr Leistung herauspressen könne, egal welche Kollateralschäden dies beim Mitarbeiter hinterlasse.

Auch in Deutschland geriet Amazon in den vergangenen Jahren immer wieder negativ in die Schlagzeilen. Dennoch möchte Amazon-Gründer und Großaktionär Jeff Bezos die Kritik der New York Times so nicht auf sich sitzen lassen. Deshalb wendete sich der Chef des weltgrößten und auch umstrittenen Online-Einzelhandelsriesen am Montag in einem Schreiben an seine 180.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Darin sagte er, er habe die in der New York Times gelesene Kritik schockierend empfunden und könne lediglich feststellen, dass ihm solch dramatische Beispiele schlechter Mitarbeiterführung bei Amazon noch nicht begegnet seien. Gleichzeitig erklärte er, wonach es bei Amazon kein Platz gebe für "erschreckend gefühllose Management-Praktiken".

Der New York Times-Artikel war am Wochenende mit der Überschrift versehen worden "Innerhalb Amazon: Wrestling Big Ideas - Blutergüsse am Arbeitsplatz", beziehungsweise auf Englisch "Inside Amazon: Wrestling Big Ideas in a Bruising Workplace".

Jedenfalls wendete sich Jeff Bezos nun mit diesen Worten an seine 180.000 Amazon-Mitarbeiter (übersetzt durch netz-trends):

"Lieber Amazonians,

Wenn du den Artikel nicht bereits hast, ermutige ich dich, diesen (sehr langen) New York Times Artikel sorgfältig zu lesen… Und dies ist der Grund, warum ich dir schreibe:

Der NYT-Artikel schildert Anekdoten über erschreckend gefühllose Managementpraktiken. Darin werden auch Menschen beschrieben, die ohne Einfühlungsvermögen handeln, auch während dauerhafter Familientragödien und schwerer gesundheitlicher Probleme. Der Artikel beschreibt nicht Amazon, wie ich es kenne und Amazon, wofür ich jeden Tag arbeite. Aber wenn dir Geschichten bekannt sind, wie sie in dem Artikel geschildert werden, möchte ich diese auf der HR-Seite skalieren. Du kannst mir auch per E-Mail direkt an mich jeff@amazon.com schreiben. Auch wenn es selten oder getrennt ist - unsere Toleranz für solchen Mangel an Empathie muss Null sein.

Der Artikel geht aber weiter, als nur isolierte Anekdoten zu bieten. Er behauptet, dass es unser innigstes Ziel ist, einen seelenlosen, düsteren Arbeitsplatz zu schaffen, wo es keinen Spaß gibt und wo kein Lachen zu hören ist. Nochmals: ich kenne Amazon so nicht und ich hoffe sehr, Du auch nicht. Doch noch weiter: Ich glaube nicht, dass irgendein Unternehmen in der hart umkämpften Technik-Welt überleben könnte, wenn es so ein Arbeitsklima bieten würde.

Die Menschen, welche wir beschäftigen, gehören zu den Besten der Besten. Ihr werdet jeden Tag von anderen Weltklasse-Unternehmen rekrutiert und jeder von euch kann überall arbeiten, wo er möchte.

Ich glaube fest daran, dass jeder, der so arbeiten müsste, wie es in der NYT beschrieben wird, verrückt wäre, zu bleiben. Ich weiß, ich hätte ein solches Unternehmen verlassen.

Aber hoffentlich kannst du das beschriebene Unternehmen nicht erkennen. Ich hoffe, du hast Spaß bei der Arbeit mit einer Reihe von brillanten Teamkollegen, die helfen, die Zukunft zu erfinden und auf dem Weg dorthin auch lachen.

Danke,

Jeff"

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