Urteil US-Justiz archaisch: "Silk Road"-Gründer Ross William Ulbricht ( 31) 2 mal lebenslänglich

Kommentar - Dass die USA mit ihren Werten in vielen Bereichen mit jenen der Europäischen Union (EU) nicht übereinstimmen, zeigt sich einmal mehr in dem irrwitzig hohen Strafmaß für den Gründer des Portals "Silk Road", über welches mittels der digitalen Währung Bitcoins überwiegend illegale Produkte gehandelt wurden.

Diese Webseite wurde dem Gründer zum Verhängnis.

Gleich zwei Mal lebenslänglich soll der 31-Jährige Gründer des Portals "Silk Road" (www.silkroad6ownowfk.onion) ins Gefängnis. Zusätzlich wurden weitere Haftstrafen von 15 und 20 Jahren verhängt. US-Bundesrichterin Katherine Forrest lehnte sich zufrieden zurück, atmete durch und war überzeugt, Recht gesprochen zu haben.

Doch was ist Recht? Nach US-Ansicht ist Recht, wenn das Prinzip Auge um Auge, Zahn um Zahn, Bombenangriff um Bombenangriff maximal vernichtend erfüllt ist. Sprich: Ganz nach dem Alten Testament. Es gilt in den USA mehr als in aufgeklärten Ländern der Europäischen Union. Denn hier gilt auch das Prinzip der Resozialisierung von Straftätern. Die Fehlbarkeit des Menschen ist ein großer Bestandteil von Justiz und dessen, was wir Europäer uns in Jahrhunderten als Bürgerrecht erstritten haben. Das "Du sollst vergeben" ist tief in unseren Herzen und gesellschaftlichen Standards eingegraben.

Nicht so in den USA. Dort gilt nicht das Vergebens-Prinzip für Straftäter, die Möglichkeit, dass aus einem Saulus ein Paulus werden könnte, das, wofür letztlich Jesus Christus gestorben ist, sondern das radikale Vernichtungsprinzip: Erst wenn das letzte bisschen Leben aus Straftätern oder vermeintlichen Straftätern aus den Adern, den Augen, dem Geist, dem Herzen gequetschtt ist, haben die meisten Richter und Geschworenen in den USA das Gefühl, einen ganz großen Dienst an der Menschheit, an ihrem privat-persönlichen Ego, dem gesellschaftlichen Ego geleistet zu haben.

Das bekam nun auch der "Silk Road"-Gründer su spüren. Dass Drogen seit Jahrzehnten gerade in westlichen Ländern der Leistungsindustrie von Millionen Menschen konsumiert werden, ist bekannt. Doch wehe jemand handelt damit. Das ist die Red Line, die keiner überschreiten sollte.

Was, um Himmels willen Ross Ulbricht, ein gut aussehender intelligenter junger Mann, ritt, als er im besten Jung-Erwachsenenalter von Mitte 20 "Silk Road" zügellos gründete, mag nur der liebe Gott wissen. Vielleicht weiß es nicht einmal Ross selber.

Fakt ist: Das was Ross Ulbricht gründete, war keinesfalls von Anfang an ein Portal zum massenhaften und illegalen Austausch von Drogen. Doch ein dubioses Portal mit dem Hang zur Illegalität war es. Ein Portal, wie es eigentlich nur zwei Art von Menschen gründen können: Zum einen größenwahnsinnige Teenager, die glauben, Grenzüberschreitungen gehörten zum Erwachsenwerden dazu und es sei ein Spaß. Zum anderen Menschen, die glauben, der Staat tue Unrecht, wenn er bestimmte Produkte verbiete. Auch das ist aber häufig eine Überzeugung, welche gerade bei Jugendlichen weit verbreitet ist.

Wenn man sich Ross Ulbricht anschaut, so kommt man zu dem Gefühl: Hier ist ein großer Schuljunge, der dachte, er macht einen Gag im Netz, etwas womit er sich gegenüber anderen Kumpels auf durchaus intellektuellem Niveau in Szene setzen konnte.

Keinesfalls ist aber Ross Ulbricht die Art von Mensch, die grundab böse wirkt und Böses will. Keine Frage: Seine übermütige Webseite, die versuchte, schrankenlos einen Marktplatz zu bieten für Produkte, die in einem Rechtsstaat zweifelhafter Herkunft und Nutzung sind, war vielleicht als Jugendwitz gedacht, mutierte aber zu einem Monster, das auf Kollision mit dem Rechtsstaat gehen musste.

Drogen sind sicherlich die wichtigste Rubrik auf Silk Road, der Webseite für einen "anonymous market". Doch es scheint nicht so, dass Silk Road von Anfang an genau dafür konzipiert worden ist. Und das ist eigentlich der entscheidende Punkt, welcher das Lebenslänglich für Ross Ulbricht so ungut erscheinen lässt.

So konnte auf Silk Road auch mit vielen anderen Produkten gehandelt werden. Dabei kann man sicherlich trefflich diskutieren, wer der größere Täter ist: Jener, der eine Webseite gründet, sie aber dann letztlich - was ja auch Ulbricht sagt - in die Hände anderer übergibt, damit diese sie als Plattform nutzen. Das ist im Prinzip auch ein Grundprinzip von Handelsportalen wie Ebay oder Amazon. Es sind ja die Händler und Privatpersonen, die hier gegen Provision Produkte verkaufen. Passiert Illegales, sind die Täter in der Regel die Händler, nicht unbedingt die Portalanbieter.

Was man Ross Ulbricht vorwerfen muss, ist, dass er selbst wie im Rausch seines Erfolges, völlig außer Augen verlor, was Recht und Unrecht ist und dass seine Plattform immer mehr zum Dreh- und Angelpunkt für Kriminelle abgleitete.

Doch schauen wir uns die Produkte an, welchen er ein Forum bot: Drogen, Alkohol, Apparel, Kunst, Biotechnologie, Bücher, Computer Zubehör, Digitale Produkte, Elektronik, Erotik, Hardware, Schmuck, Lotterie oder Medizin.

Für Ross Ulbricht, der vielleicht aus einem jugendlichen Spiel heraus, die Webseite Silk Road gründete, mag sein eigener "Erfolg" mit seiner Webseite zu seinem persönlichen Schicksal, ja Todes-Sargnagel geworden sein. Immerhin Waren im Gegenwert von angeblich bis zu 1,2 Milliarden US-Dollar seien über Silk Road gehandelt worden sein. Ross Chatname lautete "Dread Pirate Roberts". Betrachtet man ihn unter IT-Aspekten, mag Ross genial gewesen sein.

Doch er zeigte einmal mehr, dass der Staat auch verschlüsselten und über zig Länder verstreut gesteuerten Webseiten auf die Schliche kommen kann und dass es Sicherheit auch über Proxys kaum gibt.

Wenn die Internetszene eines aus diesem typisch amerikanischen Gerichtsurteil gegen den Silk Road-Gründer lernen kann, aus dem Auge um Auge, Zahn um Zahn in der amerikanischen ebenfalls brutal und inhuman agierenden amerikanischen Justiz, dann dies: Finger weg von Geschäften im Netz, die mit dem Recht nicht in Einklang stehen, oder sich in einem rechtlichen Graubereich befinden. Die amerikanische Gesellschaft selbst setzt aber einmal mehr der Welt ein nicht gutes Zeichen. Eben, dass die US-Justiz eine archaische Justiz ist, eine, wie man sie in der Steinzeit kannte, nicht aber in aufgeklärten europäischen Gesellschaften.

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