United Airlines verklagt 22-jährigen Skiplagged.com Gründer auf 75.000 Dollar wegen billigerer Zwischenstopp-Tickets

Und darum geht es: Skiplagged.com macht mit Hilfe seiner Nutzer Flugreisende darauf aufmerksam, dass sie beispielsweise von München nach Los Angeles billiger fliegen könnten, wenn sie das eigentliche Flugziel - nämlich Los Angeles - im Rahmen eines anderen Flugtickets buchen, das Los Angeles lediglich als Zwischenstopp vorsieht:

Skiplagged sorgt mit Werbung für Ärger: Man könne viele Flugziele um bis über 30 Prozent billiger anbieten, als andere Flug-Webseiten oder die Fluglinien selber, wirbt die US-Seite.

In den USA zeichnet sich ein interessanter Rechtsstreit ab, welcher für die Flugbranche erhebliche Auswirkungen haben könnte, wenn es ein Grundsatzurteil gibt: So verklagt nun der amerikanische Fluglinien-Gigant United Airlines ( UAL ) gemeinsam mit dem Reisepartner Orbitz (OWW ) den 22-jährigen Amerikaner Aktarer Zaman, der die Webseite Skiplagged.com gegründet hat, per Zivilklage auf einen Schadensersatz in Höhe von 75.000 Dollar.

Möglich wäre so eine Flugkombination beispielsweise, indem man ein Flugticket bucht von Frankfurt nach Las Vegas mit Zwischenstopp in Los Angeles. Das hieße: Man stiege einfach in Los Angeles aus und würde nicht nach Las Vegas weiterfliegen.

Doch wer das tut, der bringt auch die Fluglinie oder die beteiligten Fluglinien in Probleme: Denn diese wären dann gezwungen, das Gepäckstück eines Passagiers, der nicht mehr an Bord ist, abzuladen. Das sehen sowohl Gesetze wie Sicherheitsrichtlinien vor. Denn kein Gepäckstück darf an Bord eines Flugzeugs sein, wenn der dazugehörige Passagier nicht mehr dabei ist. Man kennt das manchmal aus den Durchsagen, wenn plötzlich eine Stewardess zum Beispiel sagt: "Der Weiterflug verzögert sich etwas, da wir ein Gepäckstück entladen müssen, da der dazugehörige Passagier nicht an Bord ist".

Das heißt: Der Flugpassagier könnte beispielsweise eine deutsche Fluglinie wie die Lufthansa zwingen, ein Gepäckstück in Los Angeles herauszugeben, obwohl der Fluggast eigentlich bis Las Vegas gebucht hatte. Zwar empfiehlt Skiplagged deshalb den Reisenden, die Skiplagged nutzen, grundsätzlich ohne aufgegebene Gepäckstücke zu reisen, doch scheint das den Zorn von United Airlines derzeit nicht legen zu können.

Nun sagt die amerikanische Fluglinie United Airlines in ihrer eingereichten Zivilklage: Dadurch, dass die im Jahr 2013 in New York gegründete Webseite Skiplagged.com gezielt mit Hilfe seiner Nutzer auf günstigere Flugreisen aufmerksam mache, als von den Fluglinien geplant und angeboten, würde Skiplagged.com Beihilfe zum Betrug an der Fluglinie begehen, beziehungsweise für einen "unfairen Wettbewerb sorgen". Skiplagged.com vermittle, so der Vorwurf von United Airlines, letztlich "streng verbotene Flugrouten". Deshalb klage man nun auf Erstattung eines angeblichen Schadens in Höhe von angeblich 75.000 Dollar.

Skiplagged.com wirft Airline Irreführung der Kunden vor, United Airlines wirft Skiplagged unfairen Wettbewerb vor

Dem entgegnet der junge Betreiber der amerikanischen Flugticket-Webseite Skiplagged.com, er habe bislang keinen Profit aus dem Hinweis auf günstigere Flugreisen erzielt und er wolle lediglich seine Seite als Vermittlungs-Organ für günstigere Flugreisen anbieten. Das was er tue sei nicht illegal, sondern im Gegenteil:

Er sagte, er verhelfe mit Skiplagged.com den Reisenden, günstigste Flugverbindungen mit Hilfe eines "versteckten Stadt"-Ticketings ("hidden city") auffindbar zu machen, also die für sie günstigste Lösung. Die Airlines würden mit ihrem Verschweigen der Möglichkeit, dass man ein Reiseziel dadurch günstiger per Flugzeug erreichen könne, indem man es als Zwischenstopp eines größeren Reisetripps buche, ihrerseits Betrug an den Verbrauchern begehen. Er bezeichnet das Verhalten der Fluglinien als "verstecktes Stadt"-Ticketing.

Doch ob das so ist oder nicht, das ist letztlich eine juristische Auslegungssache. Auch in Deutschland würde eine Reise-Webseite, die gezielt von einer Fluglinie Flugtickets weltweit zu Städten anbieten würde, die eigentlich im Rahmen des verkauften Tickets nicht zu einem möglicherweise günstigeren Preis als Direktziel angeboten werden, sondern nur im Rahmen eines Zwischenstopps angefolgen werden, wohl Ärger bekommen.

Flugexperte erklärt den Streitpunkt mit den billigeren Zwischenstopps, die als End-Stopp gebucht werden

Ein Mitarbeiter einer großen deutschen Fluglinie erklärt gegenüber netz-trends.de, warum das wohl so sei:

"Direktflüge sind immer besonders attraktiv und werden deshalb von den Fluglinien, die sowieso keine großen Margen mit ihren Flugtickets verdienen, teurer angeboten, auch wenn sie in manchen Fällen vielleicht auch etwas günstiger angeboten werden könnten. Doch das hat Gründe, da das gesamte Ticketing eine Mischkalkulation ist, sonst würden die meisten Fluglinien bankrottgehen."

Man solle sich beispielsweise Europa ansehen: "Nehmen wir an, es will jemand von Frankfurt nach Dubai fliegen. Ein anderer will aber von Paris nach Dubai fliegen. Wenn man nun annehmen würde, dass Lufthansa die Flugstrecke Frankfurt nach Dubai direkt anbieten würde und Air France würde Paris nach Dubai auch im Direktflug anbieten, gebe es eine Konkurrenzsituation zweier europäischer Fluglinien, die beide jedes Jahr hart kämpfen müssen, um Gewinne zu erwirtschaften. Wenn nun aber Lufthansa den Passagier, welcher von Paris nach Dubai möchte, für Lufthansa gewinnen möchte, dann könnte ja Lufthansa da keinen Direktflug von Paris nach Dubai wirtschaftlich anbieten, da nun einmal Air France in Frankreich, somit auch in Paris, der dominierende Anbieter ist."

Weiter erklärt er: "Um dem Passagier, welcher von Paris nach Dubai fliegen möchte, die Lufthansa als Fluglinien-Alternative schmackhaft zu machen, müsste Lufthansa die in Frankreich dominierende Fluglinie Air France im Preis unterbieten. Umgekehrt würde das auch Air France machen, wenn sie Passagiere von Frankfurt nach Dubai als Kunden gewinnen möchte. Es geht bei diesen Ticket-Angeboten also primär darum, Kunden ein möglichst flächendeckendes Netz anbieten zu können, selbst wenn die eine oder andere Strecke defizitär ist".

Dabei komme nun, erklärt der Flugfachmann, das von Skiplagged.com angebotene System der möglicherwiese günstigeren Flugreise ins Spiel, wenn man eine Reise mit einem Zwischenstopp buche. Er führt aus:

"Da der Passagier, welcher von Frankfurt nach Dubai möchte, möglicherweise sieht, dass die Lufthansa vielleicht einmal einen Flug von Paris über Frankfurt nach Dubai billiger anbietet als im Direktflug, würde er jetzt vielleicht ab Paris buchen und würde in Frankfurt zusteigen oder aussteigen wollen. Dieses Problem ist aber in den USA noch größer, als in Europa. Zwischenstops als Hauptstopps umzudrehen, würde aber auch eine Fluglinie wie die Lufthansa nicht dauerhaft zulassen, da eine Flugbuchung mit Start und Ende für die Lufthansa ein Produkt ist, das verkauft wird und zwar so, wie es angegeben wird - also Paris nach Dubai mit Zwischenstopp in Frankfurt, aber nicht gedacht als Zusteige-Möglichkeit oder Ausstiegsmöglichkeit in Frankfurt für einen Flugreisenden dessen Buchung lautete Paris nach Dubai und nicht Paris nach Frankfurt. Denn wer so eine angebotene Flugstrecke sich bucht, die gar nicht vorgesehen war, würde bewirken, dass eine Fluglinie wie die Lufthansa möglicherweise nicht mehr wirtschaftlich sein kann, da das komplette Pricing fehlgeleitet würde. Das gleiche gilt für alle anderen Fluglinien."

Die AGBs vieler Fluglinien sind selbstherrlich - räumen sich fast alle Rechte im Umgang mit Kunden ein

Um das Verhalten von Fluglinien wie United Airlines zu verstehen, lohnt sich auch ein Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) beispielsweise der deutschen Fluglinie Lufthansa. Deren AGBs sind so, dass eine Fluglinie wie die Lufthansa einem Flugreisenden den kompletten Transport kündigen kann, wenn sie mitbekommt, dass ein Fluggast versucht ein Flugticket mit Zwischenstopp als Umgehungsmodell nimmt, um einen eigentlich angebotenen Direktflug, der möglicherweise etwas teurer ist, zu umgehen.

Die Lufthansa bemüht unter anderem den Hinweis auf folgende internationale Abkommen, die sich auch auf Zwischenlandestopps beziehen. Beim Lesen der AGBs wird deutlich, wie allumfassend und teils auch selbstherrlich die Fluglinien sich faktisch sämtliche Rechte im Umgang mit Fluggästen nehmen:

"Das Übereinkommen bezieht sich auf die jeweils zutreffende(n) der folgenden gesetzliche(n) Grundlage(n):

• das am 12. Oktober 1929 in Warschau unterzeichnete Abkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr;

• das Warschauer Abkommen in seiner in am 28. September 1955 geänderten Fassung;

• das Warschauer Abkommen in seiner durch das Montrealer Protokoll Nr. 1 (1975) geänderten Fassung;

• das Warschauer Abkommen in der Fassung des Haager Protokolls und des Montrealer Protokolls Nr. 2 (1975) ;

• das Zusatzabkommen von Guadalajara (1961);

• das am 28. Mai 1999 in Montreal unterzeichnete Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (nachstehend als Montrealer Übereinkommen bezeichnet).

Zum Thema "Vereinbarte Zwischenlandeorte" schreibt die Lufthansa: "Im Sinne des Abkommens und dieser Beförderungsbedingungen sind solche Orte, ausgenommen Abflug- und Bestimmungsort, die im Flugschein oder im Flugplan des Luftfrachtführers als planmäßige Landepunkte auf dem Reiseweg des Fluggastes vermerkt sind."

Weiter schreibt die Lufthansa in ihren AGBs:

"Beförderungsverweigerungsrecht: 7.1. Wir können Ihre Beförderung oder Weiterbeförderung verweigern, wenn wir Sie im Rahmen unseres pflichtgemäßen Ermessens vor der Buchung schriftlich davon in Kenntnis gesetzt haben, dass wir Sie vom Zeitpunkt der schriftlichen Benachrichtigung an nicht mehr auf unseren Flügen befördern werden. Dies kann der Fall sein, wenn Sie auf einem früheren Flug gegen die in den Artikeln 7 und 11 genannten Verhaltensregeln verstoßen haben und Ihre Beförderung deshalb unzumutbar ist. Wir dürfen ferner Ihre Beförderung oder Weiterbeförderung verweigern oder Ihre Platzbuchung streichen, wenn

7.1.1. diese Maßnahme aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung oder zur Vermeidung eines Verstoßes gegen behördliche oder gesetzliche Auflagen des Staates notwendig ist, von dem aus abgeflogen wird oder der angeflogen oder überflogen wird; oder

... 7.1.4. Sie sich auf einem früheren Flug in nicht unerheblichem Maße regelwidrig verhalten haben und Grund zu der Annahme besteht, dass sich solches Verhalten wiederholen kann; oder

... 7.1.8. Sie einen Flugschein vorlegen, den Sie auf illegalem Wege oder unter Verstoß gegen die Miles and More Teilnahmebedingungen erworben oder erhalten haben

... Sollten wir oder sollte eines unserer Partnerunternehmen (Code Share, Interlining, Charter) Ihnen die Beförderung aus einem der vorgenannten Gründe verweigern, sind sämtliche Beförderungs- und Ersatzansprüche ausgeschlossen."

Auch wenn Lufthansa, United Airlines & Co glauben, alle Rechte in der Hand zu haben, so könnte der jetzt von United Airlines angestrengte Prozess gegen den 22-jährigen Jung-Unternehmer Aktarer Zaman, der die amerikanische Flugvermittlungs-Webseite Skiplagged 2013 gründete, ein Prozess mit riskantem Ausgang für die weltweiteFluglinien-Industrie sein. Denn es ist bekannt, dass man "vor Gericht und auf hoher See in Gottes Hand ist".

Es gibt zahlreiche Gründe, die auch für die Argumentation der Webseite Skiplagged sprechen

Denn es gibt durchaus zahlreiche Gründe, die für die Webseite Skiplagged sprechen. Denn wer möchte in einer Demokratie einer Webseite untersagen, einem Reisenden die günstigste Variante anzubieten? Und auch das gilt: Es kann ja wohl keine Fluglinie einem Reisenden verbieten, bei einem Zwischenstopp auszusteigen - selbst wenn der Reisende sich diese günstigere Flugvariante in gewisser Weise auf Umwegen angeeignet hat. Doch in einem solchen Fall von Betrug zu sprechen, würde wohl die Sache nicht treffen. Denn so wie jedes Unternehmen für sich in Anspruch nimmt, die günstigsten Lieferbedingungen für Waren und Dienstleistungen für sich auszuhandeln und in Anspruch nehmen zu können, so müsste dieses Recht auch auf den Verbraucher zutreffen.

Dennoch erzählt ein Mitarbeiter einer großen Fluglinie: "Könnte eine Fluglinie wie Lufthansa einem Reisenden nachweisen, dass er sein Lufthansa-Flugticket von Frankfurt nach Las Vegas gebucht hat, da er weiß, dass das Flugzeug in Los Angeles zwischenlandet und er als eigentliches Ziel immer nur Los Angeles haben wollte, nicht aber Las Vegas, so könnte die betroffene Fluglinie wahrscheinlich versuchen, unter Bezugnahme auf ihre AGBs die Differenz zur Buchung eines Direktfluges mit eben dieser Airline zurückzuverlangen."

Es scheint genau diese Art von Denke zu sein, die United Airlines nun veranlasst hat, zu versuchen, ein in AGBs festgeschriebenes Verhalten sich auch vor Gericht bestätigen zu lassen und zwar indem man eine einfache und dabei noch offensichtlich mit Bugs - also wahrscheinlichen Programmierfehlern übersehene Webseite - versucht wirtschaftlich kaputt zu machen. Doch könnte dieses Ansinnen daneben gehen: Denn weltweit berichten immer mehr Medien über den Fall United Airlines gegen Skiplagged.com, eine Reiseseite die auch auf die beiden Flugportale hipmunk.com sowie kayak.com Nutzer vermittelt.

Spendenauruf soll 22-jährigen Flugbuchungs-Betreiber von Skiplagged.com vor Ruin wegen Gerichtsverfahren retten

Mittlerweile wurde auf Skiplagged.com ein Spendenaufruf veröffentlicht, der bereits am Sonntag den 30. Dezember bis 12 Uhr 15.000 Dollar an Spendenzusagen erbrachte. Doch erstens ist bekannt, dass Spendenzusagen viele Nutzer dann doch nicht einlösen und noch ist die Webseite so oder so von den notwendigen 75.000 Dollar weit entfernt. Hinzu kommen Rechtsanwaltskosten, die leicht die Summe sprengen dürften. Denn wer sich in den USA vor Gericht verteidigen möchte, der benötigt sehr viel Geld. Wer spenden möchte: http://www.gofundme.com/skiplagged

Der Gründer von Skiplagged schreibt in seinem Spendenaufruf:

"Sehr geehrte Verbraucher, der alleinige Zweck von Skiplagged ist immer, Ihnen zu helfen, günstig zu verreisen. Wir haben das getan, indem Preisineffizienzen bei Flugreisen aufgezeigt werden. Leider haben wir es bisher getan, aber offensichtlich zu gut, weshalb nun United Airlines und Orbitz kürzlich gemeinsam uns mit einer Klage in die Quere kommen. Alles was Skiplagged bislang getan hat und weiterhin tun wird, ist legal, aber der einzige Weg, um effektiv dies zu beweisen, ist mit Anwälten. Bitte zeigen Sie Ihre Unterstützung für Skiplagged mit einer Spende für diese Kampagne, welche zur Finanzierung unseres Rechtsbeistands dienen soll. Danke, Aktarer (Gründer) Skiplagged."

Doch trotz des Spendenaufrufs: Der Betreiber von Skiplagged handelt teils auch etwas naiv, indem er seinen juristischen Gegnern geradezu recht einfach Vorlagen liefert. So bewirbt die Seite ihre Dienste mit einem Superlativ, das auch in Deutschland wettbewerbsrechtlich höchst umstritten sein dürfte: "Skiplagged is better at finding cheap flights than any other website!" Übersetzt heißt dies: Skiplagged ist besser im Auffinden eines billigen Flugs als alle anderen Webseiten:

Doch wer auf Skiplagged einen Flug sucht, landet bei zahlreichen Versuchen im Nichts. Zwar kommen dann Versprechungen, wonach man schon bald möglicherweise eine günstige Flugverbindung anbieten könne, doch man findet auch Stunden später nichts. Gut möglich, dass Skiplagged bereits einige Verbindungen offline genommen hat, um die möglichen weiten Kosten vor Gericht nicht weiter zu steigern.

Klassische Fehlermeldungen sind derzeit: "Skiplagged does not have enough data points. If that changes (usually in a couple of hours), this text will be replaced with an interactive chart showing you how the price of the cheapest for this search changes. The chart will be updated hourly with the latest price." Doch dass dieses Versprechen Unsinn ist, lässt sich schon beim einfachen Preisvergleich mit anderen Reisebuchungsseiten wie kayak, preisvergleich.de oder hipmunk.com sehen.

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