Google Inc. läuft Amok, schließt Google News Spanien wegen Verlags-Gebühr

Doch nun schließt die Google Inc. in einem weltweit einmaligen radikalen Akt und offensichtlich aus zunehmender Wut über die Tageszeitungs-Verleger und Zeitschriften-Verleger Spaniens sein eignes hervorragendes Angebot, Google News Spanien ("Google News España"). Damit schadet Google aber nicht nur den Verlagshäusern und sich selbst, sondern auch und vor allem dem Internet insgesamt - den Tausenden kleineren und größeren Nachrichtenblogs, die in Google News, also Googles Nachrichten-Überblick, von der Google Inc. aufgenommen und gelistet werden und darüber sich einigermaßen refinanzieren können:

Von El Mundo bis TeleCinco.es: Die spanischen Medien sind in heller Aufregung, seitdem das US-Unternehmen Google Inc. die Schließung von Google News España (Google News Spanien) bekannt gab.

Google News ist ein hervorragendes Produkt der Google Inc. aus den USA: Hier erhalten Leser weltweit und für Dutzende Länder eine Zusammenfassung von Nachrichten-Inhalten sowohl von Webseiten der Tageszeitungsverleger, Zeitschriften-Verleger, als auch von Blogs.

Google argumentiert in einer schnoddrigen Nachricht, wonach man Google News in Spanien schließen werde, da man ein spanisches Gesetz nicht akzeptieren wolle, wonach man für Nachrichten-Webseiten, die in Google News Spanien gelistet sind, an Verlagshäuser - also jene, die Print-Medien hinter ihren Online-Auftritten haben - eine Gebühr bezahlen solle.

Dabei muss gesagt werden: Einerseits verstößt das in Spanien durchgesetzte sogenannte "Leistungsschutzrecht" zu Gunsten von Tageszeitungs-Webseiten und Zeitschriften-Webseiten in der Europäischen Union (EU) sowieso gegen den Gleichheitsgrundsatz, der da lautet: Jeder ist gleich zu behandeln.

Warum sollen Nachrichtenwebseiten von Print-Verlagshäusern anders gestellt werden, als von reinen Online-Blogs - wie netz-trends.de - die ebenfalls unter großen Anstrengungen Nachrichten und Beiträge schreiben, um damit in Google News gelistet zu werden?

"Ohne eine Listung von Nachrichtenblogs in Google News wäre Refinanzierung von Journalismus im Internet nicht möglich"

Denn Realität ist: Erst ein Listung von Blogs und Nachrichten-Webseiten in Google News ermöglicht überhaupt eine minimale Refinanzierung für Online-Journalismus. Wenn Google nun aus Wut Google News beginnt zu zerstören - sein eigenes hervorragendes Nachrichtenprogramm - so beschädigt die Google Inc. damit das freie Netz und auch den vielfältigen Journalismus.

Denn ein großes Plus von Google News ist auch die politische Neutralität: ob linker Journalismus, rechter Journalismus, liberaler oder auch mal pazifistisch-radikaler – Google bietet in Google News letztlich jeder Meinung, jeder Richtung eine publizistische Plattform. Das tut dem Netz sehr gut, auch den Demokratien. Google News verfolgt in etwa den pluralistischen Ansatz, den es auch mit seiner Tochter YouTube fährt. Das ist grundsätzlich zu begrüßen.

Gleichzeitig ist es verständlich, dass sich Google dagegen wehrt, für Zeitungs- und Zeitschriftenverleger besondere Vergütungsregelungen abzuschließen. Letztlich, das ist die Realität, würden Hunderttausende Nachrichtenblogs ohne Google gar kein Geld verdienen.

Wir möchten in einem Akt der maximalen Online-Transparenz für netz-trends.de darlegen, wie die Finanzierung von kleineren Nachrichtenblogs in Deutschland, deren Listung und Aufnahme in Google News ein großes Glück ist, aussieht:

Bevor netz-trends.de in Google News gelistet wurden, bewegten sich die monatlichen Zugriffe mit Mühe und Not bei 5.000 Seitenzugriffen. Nach der Aufnahme von netz-trends.de in Google News stiegen diese Zugriffe in manchen Monaten auf über 100.000. Gleichzeitig hatte das entsprechende Auswirkungen auf die Einnahmen:

Ohne eine Berücksichtigung von netz-trends.de in Google News Deutschland wurden mit Mühe und Not zwischen 20 und 70 Euro an Werbeeinnahmen monatlich durch die Einbindung von Google Adsense Anzeigen auf dem Nachrichtenblog netz-trends.de erzielt. Also nichts. Nach der Aufnahme in Google News Deutschland erhöhten sich die Einnahmen wenigstens auf rund 170 bis 260 Euro pro Monat. Das ist nicht viel - aber doch eine deutliche Steigerung.

Ohne Google News, also auch ohne Google News Deutschland, gäbe es einen unabhängigen Nachrichtenblog wie netz-trends.de wohl nicht mehr. Das bedeutet: Google News ist erstmals ein Online-Produkt, das es ermöglicht, Journalismus zu betreiben auch an großen Zeitungshäusern oder Zeitschriftenhäusern vorbei, einfach aus eigener Kraft.

"Google News ist ein großes Plus für das freie Internet"

Das ist ein großes Plus für das freie Internet. Deshalb kann der Argumentation der Google Inc. durchaus gefolgt werden, wenn die Google Inc. sagt, erstens wolle man keine Ungleichbehandlung von Nachrichten-Seiten in dem Nachrichtenbereich von Google News und zweitens wolle man auch nicht dafür bezahlen, dass man dort einzelne Blogs, also Nachrichtenseiten liste.

Wenn sich das sogenannte "Leistungsschutzrecht" über das Netz zieht, sind die Konsequenzen absehbar: Die Suchmaschinen-Anbieter würden verpflichtet, an Verlage eine Gebühr zu bezahlen, wenn beispielsweise Google deren Headlines in Google News listet und dort ein bis zwei Zeilen des Artikels einblendet. Dies hätte wiederum möglicherweise zur Folge, dass Anbieter wie Google höchstwahrscheinlich mittelfristig immer weniger Nachrichtenblogs listen würden. Das wiederum würde die publizistische Vielfalt, welche vital für eine Demokratie und das freie Internet ist, massiv beschädigen.

Die Gewinner wären die mächtigen Tageszeitungs-Verlage wie die Axel Springer SE mit Angeboten wie welt.de, bild.de oder computerbild.de. Die Verlierer einer solchen Google aufgezwungen Politik der Bevorzugung von Verlagshäusern, wären die vielen kleinen unabhängigen Nachrichten-Blogs.

Dabei werden schon heute die Nachrichtenangebote von Häusern wie Axel Springer, ebenso Angebote wie spiegel-online oder focus-online, in Google News Deutschland dominierend von Google gegen die anderen Nachrichtenblogs positioniert.

Das bedeutet: Diese Angebote vereinen einen Großteil der Werbeeinnahmen, die sie dank Google News erzielen können. Denn auch für Angebote wie welt.de, bild.de oder spiegel-online.de gilt: Ohne eine Berücksichtig in Google News würden diese Angebote wohl jährlich jeweils nach Schätzungen Werbeeinnahmen im gut achtstelligen Bereich - also weit über 1.000.000 Euro - verlieren.

"Google Inc. bevorzugt unfair Nachrichten-Angebote von Tageszeitungen oder Zeitschriften in Google News"

Grund: Je besser ein Artikel in Google News Spanien oder Google News Deutschland gelistet ist, desto höher sind die Werbeeinnahmen, da eine gute Listung in Google News die Zugriffe explodieren lässt. Beispielsweise kann ein Artikel, welcher in Google News auf der Startseite in der Rubrik "Deutschland" als erster Treffer eingeblendet wird, mit gut 5.000 bis 30.000 Zugriffen in nur einer Stunde rechnen – was stündliche Werbeeinnahmen durch Klicks auf die auf diesen Webseiten eingeblendeten Google Adsense Anzeigen von 35 bis 80 Euro bedeuten kann.

Dabei erhalten Nachrichtenblogs und sonstige Internet-Angebote in aller Regel erst dann Werbeeinnahmen, wenn auf eine eingeblendet Anzeige (Textteil oder Display-Anzeige) auch geklickt wird. Das reine Einblenden einer Werbeanzeige bringt meist keine Einnahmen - was die Refinanzierung von Journalismus im Internet so schwierig macht.

Da Google aber vor allem die Nachrichtenseiten der Tageszeitungs-Verlage oder Zeitschriften-Verlage fast immer am besten und zum Nachteil der kleineren Blogs top in Google News positioniert, sind die Verleger bereits heute deutlich besser gestellt, als alle anderen Nachrichtenblogs.

Fair ist das nicht. Die Wut von Google über die Verlagshäuser ist also einerseits verständlich. Auf der anderen Seite sollte Google sich mittelfristig durchaus Gedanken machen, wie ein fairer Share von Einnahmen, die Google ja mit seinem Monopol in Deutschland oder Spanien erzielt, aussehen könnte.

Dass Google nicht nur die Made sein kann, die im Speck frisst (eben den redaktionellen Angeboten), sondern auch dafür sorgen sollte, dass der Speck nicht abmagert, diese Nachricht dürfte mittlerweile auch in Mountain View angekommen sein. Denn es ist nun einmal Fakt, dass bis zu 94 Prozent der Zugriffe auf eine Online-Nachrichtenseite durch Such-Eingaben in Google News erfolgen.

"Es ist nicht Google's Schuld, dass die Werbeeinnahmen für Online-Journalismus nicht ausreichen"

Eine Möglichkeit für die Google Inc. stärker als bislang dafür zu sorgen, dass redaktionelle Blogs finanziell existieren können und das Abschöpfen von Werbegeldern im Internet nicht zu schätzungsweise 80 Prozent nur durch ein US-Unternehmen - nämlich Google - erfolgt, wäre beispielsweise in Deutschland eine regelmäßige höhere Zahlung durch Internet-Suchmaschinen wie Google in einen gemeinschaftlichen Urheberrechtsfonds wie die gesetzlich gegründete deutsche VG Wort (Verwertungsgesellschaft Wort). Ähnlich funktioniert es im Bereich der Musik in Deutschland (GEMA).

Im Rahmen der staatlich etablierten, geschützten und reglementierten gemeinschaftlichen deutschen VG Wort könnten durch höhere Einzahlungen durch Internet-Suchmaschinen stärker als bislang Ausschüttungen an die Urheber von redaktionellem Content erfolgen - ohne dass eine Bevorzugung von Verlagshäusern stattfinden würde.

Nicht fair gegenüber der Google Inc. ist es zu sagen: Google solle nun Zeitungshäuser und Zeitschriftenhäuser bevorzugen. Dass eine durchschnittliche regionale Tageszeitung in Deutschland online nur circa 1 Millionen Euro mit Werbeeinnahmen erzielt - auch mit den von Google News angebotenen Google Adsense Werbeanzeigen - ist ja nicht primär die Schuld von Google sondern der veränderten Rezeption von Nachrichten im Internet generell geschuldet.

Hinzu kommt: Dass Google sich für die Einbindung der unterm Strich sehr guten Google Adsense Werbeanzeigen mit circa 50 Prozent einen Teil der Einnahmen nimmt, ist durchaus marktüblich: Auch andere große Online-Werbeplatzvermarkter verlangen beispielsweise in Deutschland in der Regel zwischen 30 bis 50 Prozent der Einnahmen aus vermittelten Aufträgen für Online-Werbeanzeigen. Zu nennen wären beispielsweise die deutschen Onlinevermarkter, welche im Ranking der deutschen Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung (AGOF) geliste werden.

Falsch ist allerdings, wenn Google sich mit Google News Spanien nun hinstellt und sagt, die Google Inc. aus dem kalifornischen Örtchen Mountain View verdiene überhaupt nichts mit der Einbindung von Nachrichtenblogs in Google News. Richtig ist aber vielmehr:

"Google stellt mit Google Adsense Werbeanzeigen ein sehr gutes Angebot zur Verfügung"

Natürlich verdient Google durch Zugriffe auf Nachrichtenseiten mit - eben durch die Einbindung des Google Werbesystems Google Adsense. Dass die Google Inc. hier mit verdient, ist letztlich fair und richtig. Der Grund liegt auf der Hand: da Google einerseits Google News als sehr gute Möglichkeit für Blogs zur Verfügung stellt, überhaupt Einnahmen (durch Nutzer-Klicks auf Werbung) zu erhalten, da Goolge News nun einmal drastisch zur Steigerung der Leser beiträgt (und damit der potentiellen Klicker auf Werbung).

In Spanien tritt das umstrittene Leistungsschutzrecht zum 1. Januar 2015 in Kraft. Wenn die Google Inc. nun Google News Spanien schließt, zeigt Google gegenüber Europa gleichzeitig seine eigene Macht, die da bedeutet: In Spanien dürften nun Tausende von Google in Google News Spanien aufgenommene Nachrichtenblogs drastisch abschmieren und ihre Existenz einstellen müssen.

Denn auch das ist Fakt: Bei Google News muss sich jeder Blog um Aufnahme bewerben. Google nimmt keinen Blog willkürlich in Google News auf. Deshalb ist das Geschrei einiger Tageszeitungs-Verleger oder Zeitschriften-Verleger auch etwas unfair gegenüber der Google Inc.

Zum letzten Mal soll Google News Spanien am 16. Dezember online sein. Hält Google an seiner radikalen Haltung fest und versuchen auch die Tageszeitungs-Verleger und Zeitschriften-Verleger nach wie vor primär für sich weitere Einnahmen durch Druck auf Google herauszuholen, ohne dabei das gesamte Internetsystem im Blick zu haben, was bedeutet, dass auch normale Nachrichtenblogs ohne Print-Hintergrund in Gesetzen berücksichtig werden müssen, nimmt das gesamte Internet schaden.

"Deutsche Verlagshäuser wie Gruner + Jahr haben die Weichen im Internet katastrophal falsch gestellt"

Google News ist das Rückgrat des Internet-Journalismus, da Google letztlich das Internet ist – ob einem das nun gefällt oder nicht. Fakt ist aber auch: Große deutsche Verlagshäuser wie Gruner + Jahr (G+J; Bertelsmann) hatten ja um 1999 bereits eine große Internetsuchmaschine erfolgreich im deutschen Internet positioniert – beispielsweise Fireball. Fireball brachte es damals, also vor 15 Jahren, auf gut 25% aller Suchanfragen im Internet im deutschsprachigen Raum.

Da aber Gruner + Jahr keine Lust hatte, weiter in Fireball zu investieren und die Segel im Suchmaschinen-Markt strich, überließ man leichtfertig den Amerikanern mit Angeboten wie Google das Feld. Diese Fehlentscheidung sollte sich als letztlich katastrophal herausstellen, da man damit das Google-Monopol erst ermöglichte, unter welchem heute nicht wenige Unternehmen und Publisher leiden.

In Spanien gehen die Gesetzgeber mittlerweile aber nicht nur gegen Unternehmen wie Google vor in dem Bestreben, einen nachhaltigen fairen Wettbewerb im Internet zu gewährleisten. Vielmehr geraten andere Internetunternehmen ebenso in den Fokus – teils totalitär. Beispielsweise sollen in Spanien Anbieter von angeblich illegalen Download-Angeboten künftig wirtschaftlich existenzbedrohende hohe Strafen bezahlen: bis zu 600.000 Euro.

Dies sind Strafen, die noch nicht einmal bei einem Verstoß einer in Deutschland richterlich erlassenen Einstweiligen Verfügung (EV) gegen eine Person oder ein Unternehmen fällig werden. In Deutschland liegen die Höchststrafen bei Verstößen gegen eine Einstweilige Verfügung - die oft bei Urheberrechtsverletzungen erlassen wird - bei maximalen 250.000 Euro:

Doch diese Summe droht erst, wenn man gegen eine gerichtliche EV verstoßen hat, nicht schon für das pure Anbieten eines vermeintlich illegalen Download-Angebots – wie es nun in Spanien der Fall ist.

In Spanien positionieren sich vor allem Parlamentarier der spanischen Konservativen Volkspartei (PP) des Ministerpräsidenten Mariano Rajoy mit strengeren Internet-Gesetzen. Kritik an der neuen "Google Gebühr", die Verlagshäuser bevorzugen würde, kam in Spanien - wie bereits in Deutschland - vor allem von eher linken Politikern und Parteien.

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