Deutsches Deepl löst Google Translator ab und Schweizer Regierung testet es

Den Job des Übersetzers gab es schon am Hofe der Pharaonen von Ägypten oder unter den Herrschern Persiens, des ersten Weltreichs der Welt. Jetzt lösen aber zunehmend Übersetzungstools wie Deepl weltweit Tausende Übersetzer ab. Die wehren sich noch. Doch scheint der Krieg verloren. Das zeigt auch ein Test mit Deepl, welchen derzeit die Schweizer Regierung durchführt.

Lässt sich nicht mehr aufhalten Deepl & Co.

Sowohl der Perserkönig Kyros (550 – 530 v. Chr.), als auch seine Nachfolger aus dem Hauses Achaimeniden (522 – 330 v. Chr.), darunter Großkönig Xerxes, regierten den Vielvölkerstaat unter Involvierung des in unterschiedlichen Sprachen kommunizierenden lokalen Adels. Zudem wurden Gesetzeserlasse damals schon häufig mindestens zweisprachig übersetzt.

Das Problem kennt man ebenso in der Schweiz: Zwar spricht die Mehrheit der Schweizer deutsch, doch viele im Westen des Landes sprechen teils nur französisch und im Süden ist italienisch üblich.

Deshalb wird der Schweizer öffentlich-rechtliche Rundfunk SRF in mehrsprachigen Programmen ausgestrahlt. Viele Schweizer wachsen an der Schule mindestens dreisprachig auf – mit Deutsch, Französisch, Englisch. Einige sogar viersprachig.

Schweizer Regierung testet

Ebenso die Schweizer Regierung muss sich diesem Problem stellen und beschäftigt 450 Übersetzer. Da der Mindestlohn in der Schweiz monatlich bei gut 4.200 bis 4500 Franken liegt, ist das kein billiges Unterfangen. Und immer mehr stellen sich die Frage: Ist dieser Hofstaat an Übersetzern noch zeitgemäß oder nicht eine pure Verschwendung von Steuergeldern und von Zeit?

Besonders unter Druck geraten Translator, wie sie auf Englisch heißen, also Übersetzer, durch das erst vor zwei Jahren öffentlich von einem deutschen Start-Up gelunchte Übersetzungstool „Deepl“.

Deepl löste bei vielen Unternehmen wie Regierungen weltweit innerhalb weniger Jahre „Google Translator“ ab. Obwohl man sagen muss: Google Translator ist erstens generell kostenlos und zweitens bietet das Tool auch noch mehr Sprachen.

Zudem gibt es Google Translator auf dem Smartphone als vorzügliche App in interaktiver Sprachform: Man spricht einen Satz ins Handy und Google spuckt auf Knopfdruck per Roboterstimme dem Gegenüber den gesagten Satz in Spanisch, Französisch, Indisch und vielen anderen Sprachen aus.

Letzte Schönheitsfehler

Einziger noch zu bewältigender Schönheitsfehler: Trotz künstlicher Intelligenz (KI) kommt Google Translator gehörig ins Trudeln, je länger und verwinkelter Sätze sind. Deshalb sollte man möglichst kurze Sätze am besten ohne viele Kommas in Google Translator reinsprechen.

Doch einig sind sich viele: Im Englischen oder Französischen schlage Deepl mittlerweile die Google-Übersetzungsqualität. Ab 5000 Wörter ist Deepl zwar kostenpflichtig, aber es lohnt sich.

Wie in Google Translator können sogar in Office Word layoutete Dokumente als Dokumente in Deepl hochgeladen werden. Deepl schmeißt diese dann in Sekunden beispielsweise als englische Übersetzung raus. Meist sogar im original Layout, also mit Bildunterschriften, großen oder kleinen Überschriften, dem interaktiven Inhaltsverzeichnis.

Für Regierungen wie Unternehmen ist das eigentlich die perfekte Lösung. Dass Deepl so gut arbeitet, ist nicht nur der Arbeit vieler manueller Übersetzer zu verdanken, sondern vor allem auch der KI, der Künstlichen Intelligenz und der dahinter liegenden Algorithmen. Doch selbst KI wäre ohne jahrelange mühevolle manuelle Zuarbeit der menschlichen Übersetzer hilflos gewesen.

Schon vor 30 Jahren testete Microsoft mit Encarta

Schon vor 30 Jahren arbeiteten beispielsweise in München Dutzende Mitarbeiter an einem digitalen Übersetzungstool von Microsoft, Encarta, das aber niemals eine perfekte Marktreife erlangen konnte, da die Künstliche Intelligenz fehlte.

Heute ist das anders: Deepl übersetzt 400 DIN-A4-Seiten und mehr, Regierungsdokumente oder Unternehmens-Dokumente, in wenigen Minuten fast perfekt. Man lädt das Dokument hoch und kriegt die Übersetzung ausgeworfen. Klar, an manchen Stellen muss manuell nachgearbeitet werden. Aber das ist mit keinem Aufwand der manuellen Übersetzung mehr zu vergleichen.

Zudem: Wer jemals Übersetzer beschäftigt hat, weiß: Es gibt solche und solche. Also gute, mäßige, schlechte und grottenschlechte. In Tests haben wir das zigmal erfahren, dass auch menschliche Übersetzer hundsmiserable Ergebnisse ablieferten und für wenige DIN-A4-Seiten obendrein Tausende Euro abrechnen wollten.

Dann kommt noch das Spielchen dazu, dass einige Übersetzungsagenturen eine gestaffelte Preisliste anbieten: Für mäßige Übersetzungen muss man weniger zahlen, für einigermaßen gute, deutlich mehr.

Besonders schlimm waren menschliche Übersetzungsergebnisse imm wieder, wenn auf angebliche „Profi-Übersetzer“ aus anderen Ländern wie beispielsweise England, Frankreich oder Spanien zurückgegriffen wurde. Die angeblichen "Muttersprachler" waren in diversen unserer Tests oftmals scheinbar nicht einmal ihrer eigenen Sprache mächtig, geschweige denn einer Übersetzung ins Deutsche oder vom Deutschen ins Englische, Französische oder Spanische.

Deepl ist einfach zu gut

Alles Probleme, die mit Deepl und einigen anderen am Markt befindlichen Übersetzungstools langsam aber sicher der Vergangenheit angehören. Der Job des Übersetzers steht nicht nur auf der Kippe, sondern stirbt so langsam aus.

Klar, es wird immer mehrsprachige Menschen geben, die damit ihr Geld verdienen - auch als Profi-Übersetzer. Auch wird in vielen Weltkonzernen sowieso Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch, Indisch oder Chinesisch gesprochen. Und für viele normale Jobs in globalen Unternehmenskommunikationen, der IT oder BWL wird es häufig und zunehmend vorausgesetzt, dass man mindestens zwei, besser drei Sprachen gut bis sehr gut spricht.

Aber die Kernerarbeit der Dokumentenübersetzung werden Maschinen übernehmen. Zumal selbst Telefonate mit Echtzeit-Übersetzungen immer mehr an Qualität gewinnen.

Die Schweizer „Sonntagszeitung“ machte entsprechend am 17. November halbseitig mit der Schlagzeile auf: „Roboter übersetzt Bundesreglemente. Der Bund testet die deutsche Software Deepl an Vorstössen und Amtsberichten – Experten warnen“.

370.000 Seiten Dokumente jedes Jahr für die Schweizer Regierung zu übersetzen

Konkret lasse derzeit die Bundesverwaltung prüfen, welche Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung möglich ist, wenn Deepl den Job übernimmt und die jährlich rund 370.000 Seiten Schweizer Regierungs- und Verwaltungsdokumente automatisiert aus dem Deutschen ins Französische, Italienische, Englische übersetzt.

Bislang beschäftigt alleine die Schweizer Bundesregierung und deren Verwaltung dafür 450 eigene Übersetzer. Hinzu kommen 10 Millionen Franken, die jährlich an Übersetzungsagenturen für Übersetzungsaufträge überwiesen werden.

Ein schierer Wahnsinn meinen viele angesichts von intelligenter Übersetzungssoftware wie Deepl und einiger anderer Anbieter. Wie perfekt Deepl beispielsweise in der Übersetzung Deutsch-Englisch oder Deutsch-Französisch funktioniert, schreibt der Sonntagsblick auch:

„So fanden Sprachspezialisten der Swisscom bei einem internen Test im Schnitt pro übersetzte A4-Seite gerade einmal vier Fehler.“

Nur vier Fehler auf einer Seite

Für Regierungen oder Unternehmen gibt es Sonder-Zugänge von Deepl, eine Software. In der Basisversion steht das Tool aber jedem online kostenlos zur Verfügung – eben bis 5000 Zeichen je Übersetzung.

Klar, führt der Schweizer Sonntagsblick weiter aus: Hunderte staatlich angestellte Übersetzer zitterten um ihre Jobs. Denn Deepl könne viele ihrer Jobs abnehmen: „Gewiss wird es so oder so in Zukunft Übersetzer brauchen, welche automatisch übersetzte Texte je nach Wichtigkeit noch einer Nachprüfung unterziehen“, so die Sonntagszeitung. Doch werde der Aufwand nur noch bei einem Bruchteil des derzeitigen liegen.

Naturgemäß sehe auch der Schweizerische Übersetzer- und Dolmetscher-Verband (AST-TI) in Deepl & Co. eine große Gefahr und führt – als letzten Argumentenanker – an:

Angeblich gefährdete Deepl möglicherweise die Sicherheitslage der Schweiz, da Deepl beispielsweise Regierungsdokumente der Schweiz angeblich auf externen Servern in Deutschland ablege und diese dort automatisiert übersetzt würden. Deshalb seien angeblich „Vertraulichkeit und Datenschutz nicht gewährleistet“.

Datenschutz

Doch jeder, der den EU-Datenschutz, welcher 2018 weiter verschärft wurde, kennt, weiß: Dieses Argument ist halbherzig. Außerdem könnte es relativ schnell endgültig dadurch entkräftet werden, indem unter Aufsicht eines Schweizer Datenschutzbeamten in der Schweiz die Server aufgestellt und abgesichert werden.

Ebenfalls ins Feld führen Deepl-Gegner Fehler, die sie in Übersetzungen entdeckt hätten. Dafür dürften sie zwar oftmals lange suchen, aber klar: Je länger und verschachtelter Sätze, desto eher findet man auch logische Übersetzungsfehler. Aber die gibt es eben auch bei menschlichen Übersetzern - und oftmals nicht mal so wenige.

Doch auch die maschinellen Übersetzungsfehler werden Dank IT & Künstlicher Intelligenz immer weniger. Wobei gerade die Übersetzungs-Anforderungen an verschachtelte Sätze oder Bandwurmsätze bei Google Translator häufig noch eine sehr große Schwachstelle ist. Die Übersetzungs-Ergebnisse sind dann teils tatsächlich komplett falsch und sinnentstellend. Dies gilt vor allem für die Fälle, wo das schnell oder nuschelig gesprochene Wort zu übersetzen ist. Doch gute schriftliche Dokumente haben dieses Problem sowieso weniger.

Die angeblich bislang fehlende Datensicherheit gemäß Schweizer Vorgaben, aber auch die Problematik der möglicherweise wegfallenden Jobs haben zumindest beim staatlichen Schweizer Telekommunikationsunternehmen Swisscom „trotz positiver Testergebnisse“ Deepl erst einmal wieder aus dem Rennen geworfen.

Trotz positiver Testergebnisse erstmal andere Lösung im Spiel

Vorerst werde das deutsche Übersetzungstool Deepl bei der Swisscom zumindest angeblich nicht als „Standardübersetzungsmaschine“ eingeführt. Man arbeite derzeit an einer anderen Lösung, die sämtliche „Security- und Datenschutzkriterien“ erfülle, heißt es nicht ganz überzeugend.

Doch auch beim für Kunden teuren Schweizer Telekommunikationsanbieter Swisscom dürfte gelten: Viele Abteilungen und Mitarbeiter dürften trotzdem weiterhin Deepl, Google & Co nutzen.

Dies dürfte gerade für die üblichen alltäglichen Übersetzungen, auch die Übersetzungen von PowerPoint-Präsentationen und sonstiger alltäglicher Arbeitsmaterialien gelten, welche eben weniger mit grundsätzlichen politischen Entscheidungen von Unternehmensführungen, die auch vom Staat abhängig sind, zu tun haben.

Doch wegdiskutieren lassen sich Deepl & Co nicht mehr. Der Siegeszug lässt sich nicht mehr dauerhaft aufhalten.

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