Respekt! Regina, 66, zu Corona: „Die, die das Land aufgebaut haben, sollen weggeschlossen werden? Nicht in Ordnung!“

Netz-trends: Regina, wie findest Du die Idee, dass nur die Risikogruppe, also alle über 65 Jahre, während der Coronakrise in Quarantäne sollen und die Jüngeren sich normal bewegen dürfen?

Regina wehrt sich dagegen ausgesperrt zu werden.

Regina, 66, wuchs in Niedersachsen auf. Dann ging sie in den 1970er Jahren nach München, studierte dort Sozialpädagogik. Im Gespräch mit Netz-trends nimmt sie Stellung zu Gedankenspielen, dass nur alle über 65 Jahre während der Coronakrise und auch danach in Quarantäne gehen sollen, und die Jüngeren arbeiten und sich frei bewegen dürfen. Uns gegenüber stand sie Rede und Antwort:

Regina: Derzeit ist die ganze Bevölkerung eingeschränkt. Darüber kann man diskutieren, da hat jeder seine Meinung. Jetzt in der Zeit, wo sich Politik und Wirtschaft Gedanken machen, wie und wann kehren wir zur Normalität zurück, wenn da nun der Gedanke wäre: Nur die sogenannten Risikogruppen, primär die Bürger über 65 Jahre, sollen zu Hause bleiben und sich still verhalten, muss man das höchst sensibel angehen.

Warum?

Regina: Weil ich es sehr respektlos finde. Weil die ganze Generation der Älteren das Wirtschaftssystem mit aufgebaut hat. Auch das Gesellschaftssystem. Die ganze Generation hat den Wiederaufbau nach dem Krieg vollbracht. Den Wirtschaftsaufschwung vorangetrieben. Die Gesundheitssysteme aufgebaut, was leider immer noch ein Stiefkind ist. Die Ideen der 68 er Generation haben die Gesellschaft positiv beeinflusst und den Jüngeren ihre Freiheiten ermöglicht, die sie heute haben.

Du möchtest also nicht nur als Risikogruppe angesehen werden?

Regina: Nein. Es ist einfach nicht ok. Die Älteren haben andere Wege gesucht, das Leben zu gestalten. Daraus ist auch die antiautoritäre Erziehung entstanden, die ganze Liberalität, diese wunderbare Freiheit und auch der Wohnstand. Es ist wichtig, dass man das zunächst mal respektiert, was die Älteren alles so großartig geschaffen haben. Da darf jetzt nicht darüber weggegangen werden.

Es darf jetzt auch nicht nur der Gedanke im Mittelpunkt stehen, wie die Wirtschaft schnell wieder in Schwung gebracht werden kann. Mein Wunsch: Lasst uns das alles als Chance sehen und gemeinsam was Neues erschaffen. Jung mit Alt.

Ok. Wobei man natürlich auch verstehen kann, dass die Jungen noch arbeiten müssen und auf Jobs und eine vitale Wirtschaft angewiesen sind. Das droht ja vielen wegzubrechen.

Regina: Ich weiß, die brauchen auch großen Schutz. Das ist doch ganz klar! Um es aber auf den Punkt zu bringen: Wir als Ältere möchten nicht ausgegrenzt werden, nur weil wir ein größeres Gesundheitsrisiko durch das Coronavirus haben. Die jetzt 30-jährigen sollen sich doch mal vorstellen, wenn es in 30 Jahren wieder so eine Pandemie geben würde und man die dann auch in Ghettos stecken würde. Wie fänden die das? Ich sehe aber auch, dass es Ältere gibt, die sich nicht an die Auflagen halten, wandern gehen und so tun: Was geht mich das alles an.

Was also können wir lernen?

Regina: Aus einer Krise können immer neue Wege entstehen. Als ich in den 1970 er Jahren in München studiert habe, waren in München-Pasing auf eine Hauswand riesen groß die Worte gemalt: Aus dem Chaos können neue Wege entstehen.

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