Ranking 110 Städte: Wo Kontrolleure am häufigsten Mängel feststellen

(mp) Das Verbraucherportal billiger.de wertete in Zusammenarbeit mit netz-trends.de Statistiken der amtlichen Lebensmittelüberwachung von über 100 deutschen Städten aus. Daraus entstand ein Ranking, welches viele Verbraucher verschrecken dürfte. Im bundesweiten Vergleich schnitten 17 Städte besonders schlecht ab.

Schimmel, Krabbeltiere und Zigarettenkippen – in Deutschlands Gastronomie- und Lebensmittelbetrieben sind kleine und große Hygienesünden keine Seltenheit. Das Produkt- und Preisvergleichsportal billiger.de zeigt nun in einem bundesweiten Vergleich, in welcher Stadt die Lebensmittelkontrolleure die meisten Verstöße registrierten. Hierzu fragten die Studienmacher in Kooperation mit netz.trends.de bei 110 Städten zu Kontrollen in Lebensmittel- und Gastronomiebetrieben für das Jahr 2016 an.

Das Ergebnis dürfte viele Verbraucher schockieren. Im Studienschnitt wurden 31 von 100 kontrollierten Betrieben beanstandet, also fast jede dritte Einrichtung. Doch Achtung: Zwischen den untersuchten Städten gibt es erhebliche Abweichungen. Während in Pirmasens knapp 84 Prozent aller kontrollierten Betriebe bemängelt wurden, liegt die Beanstandungsquote in Mülheim und Trier mit 3 Prozent deutlich unter dem Studien-Mittel.

Für die Berechnung der Beanstandungsquote dividierten die Studien-Macher die Anzahl der Betriebe mit Verstößen durch die Anzahl der kontrollierten Einrichtungen einer Stadt. Der daraus gebildete Quotient diente dann als Vergleichsgröße für die Studie. Das Problem: Von 110 angefragten Städten stellte nur knapp die Hälfte Daten zu Lebensmittelkontrollen bereit. Demnach konnten auch nur 57 Städte im Gesamtranking berücksichtigt werden.

Auch weitere Zahlen standen im Fokus des Rechercheverbundes, darunter Angaben zu Verwarnungen, eingeleiteten Bußgeldverfahren und Betriebsschließungen. Die Erhebung basiert dabei auf den übermittelten Daten der jeweiligen Städte, Veterinärämter und Statistischen Landesämter.

17 Städte bilden „Spitzengruppe“ im Ekel-Ranking: Pirmasens, Heidelberg, Hof belegen vordere Plätze

Das Ranking wird von einer „Spitzengruppe“ – bestehend aus 17 Städten – angeführt, wobei die rheinland-pfälzische Stadt Pirmasens den ersten Platz belegt. Im Jahr 2016 beanstandeten dort die Lebensmittelkontrolleure 84 pro 100 geprüfte Lebensmittelbetriebe. Damit liegt die Stadt 175 Prozent über dem ermittelten Studien-Durchschnitt.

In absoluten Zahlen bemängelten die Kontrolleure 215 von 255 Speisegaststätten, Imbiss- oder Lebensmittelbetrieben in Pirmasens. Als Maßnahme wurden 68 Verwarnungen erteilt, acht Bußgeldverfahren eingeleitet und drei Betriebe dicht gemacht.

Auf Platz zwei des Ekel-Rankings liegt Deutschlands älteste Universitätsstadt Heidelberg. Hier beanstandeten die Lebensmittelkontrolleure 71 Prozent aller überprüften Einrichtungen. Dabei waren einige Mängel so schwerwiegend, dass acht Betriebe im Jahr 2016 zumindest vorrübergehend geschlossen werden mussten. Zudem wurden 20 Verwarnungen ausgesprochen und 24 Bußgeldverfahren eingeleitet. Im Vergleich liegt Heidelberg mit seinen registrierten Verstößen 131 Prozent über dem Studienschnitt.

Die bayerische Stadt Hof weist eine Beanstandungsquote von 68 Prozent auf und rangiert damit auf Platz 3 im Ranking (120 Prozent über dem Studien-Durchschnitt). Von 496 kontrollierten Betrieben verstießen 335 gegen die strengen Auflagen der Kontrollbehörden. Zudem gab es 99 Verwarnungen sowie eine Betriebsschließung.

Weitere Städte, die zur Ekel-Spitzengruppe zählen, sind: Bremen (64 Betriebe mit Verstößen pro 100 kontrollierte Einrichtungen), Zweibrücken (64 Betriebe mit Verstößen pro 100 kontrollierte Lebensmittel- und Gastronomiebetriebe), Weimar (63 bemängelte Betriebe pro 100 kontrollierte Einrichtungen), Wilhelmshaven (61 bemängelte Betriebe pro 100 kontrollierte Einrichtungen) sowie Schwerin, Stuttgart, Pforzheim, Goslar, Dortmund, Düsseldorf, Augsburg, Halle, Rostock und Passau.

Trotz der hohen Beanstandungsquoten sollte man sich die Lust auf den nächsten Biergarten- oder Eisdielenbesuch nicht nehmen lassen. So merken die Studien-Macher an, dass sich aus den nackten Zahlen kaum Rückschlüsse auf den allgemeinen Hygiene-Zustand eines Betriebes bilden ließen. Bei einem Großteil der üblicherweise festgestellten Verstöße handle es sich um kleinere Beanstandungen, die oftmals schon während des örtlichen Kontrolltermins abgestellt würden.

Kaum Hygienemängel in Mülheim an der Ruhr, Trier, Eisenach, Gera, Bayreuth, Ingolstadt, Memmingen, Suhl, Bielefeld

Die Studie nennt auch jene Städte mit besonders niedrigen Beanstandungsquoten. Dem Ranking zufolge ist Mülheim an der Ruhr die sauberste Stadt im Hygiene-Check. Dort bemängelten die Kontrolleure nur drei Prozent aller überprüften Betriebe, Speisegaststätten und Eisdielen (91 Prozent unter dem Studien-Durchschnitt). Nach Hygiene-Verstößen gab es zwar 19 eingeleitete Bußgeldverfahren, Betriebe wurden im untersuchten Jahr aber nicht geschlossen.

Trier gehört ebenfalls zur Städte-Gruppe mit niedrigen Mängelquoten. Im Jahr 2016 stellten die Kontrolleure auch hier bei rund drei Prozent aller kontrollierten Einrichtungen Verstöße fest (90 Prozent unter dem Studien-Mittel). Die Kontrolleure beanstandeten gerade einmal 27 von 900 überprüften Lebensmittelbetrieben. Im Rahmen der Überprüfungen gab es zwölf eingeleitete Bußgeldverfahren und drei Betriebsteilschließungen.

Mit einer Abweichung von 88 Prozent unter dem Studien-Mittel zählt das in Thüringen gelegene Eisenach ebenfalls zu den Top-Städten mit wenigen Hygiene-Verstößen. Hier wurden nur 15 Betriebe von 395 Einrichtungen beanstandet. Trotz der geringen Verstöße gingen die Lebensmittelkontrolleure mit 13 Verwarnungen und vier eingeleiteten Bußgeldverfahren hart gegen die registrierten Ekel-Betriebe vor.

Wenig zu meckern hatten auch die Lebensmittelkontrolleure in folgenden Städten: Gera (4 Betriebe mit Verstößen je 100 Einrichtungen), Bayreuth (4 beanstandete Betriebe pro 100 untersuchte Einrichtungen), Ingolstadt (5 Betriebe mit Verstößen je 100 kontrollierte Einrichtungen), Memmingen (6 Betriebe mit Verstößen je 100 kontrollierte Einrichtungen), Suhl, Bielefeld, Dessau-Roßlau, Erfurt, Bottrop, Krefeld, Neustadt an der Weinstraße, München, Wiesbaden, Nürnberg, Kassel, Ulm, Jena und Mönchengladbach.

53 Städte hielten wichtige Daten zurück

Dem Studien-Team von billiger.de zufolge dauerte die Recherche mehrere Monate lang. Ein Grund: die Hartnäckigkeit der Städte. Von 110 angefragten Gemeinden übermittelten lediglich 57 verwertbare Zahlen. Die übrigen Städte weigerten sich auch nach mehrmaliger Anfrage, Daten zur amtlichen Lebensmittelüberwachung herauszugeben. Als Begründung führten viele Städte an, dass keine Personalressourcen zur Verfügung stünden, der Arbeitsaufwand zu hoch sei oder bestimmte Werte gar nicht erfasst würden.

Diese Argumente wurden teilweise ad absurdum geführt, als andere Gemeinden – mitunter aus denselben Bundesländern – innerhalb weniger Tage die gewünschten Zahlen ohne Nachfrage liefern konnten. Während beispielsweise Berlin-Reinickendorf die angefragten Daten sofort übermittelte, gaben andere Berliner Bezirksverwaltung an, dass man gar keine Statistik über kontrollierte und bemängelte Betriebe führe.

Zahlen für ganz Berlin, so die Berliner Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz, gebe es erst recht nicht. Auch Hamburg und das Saarland bedienten sich zahlreicher Hinhaltetaktiken, um bestimmte Informationen unter Verschluss zu halten. Hier hätte sich das Recherche-Team auch im Sinne der Verbraucher eindeutig mehr Transparenz gewünscht.

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