Alle Hintergründe zur Google Shopping-Strafe über 2,4 Mrd. Euro

Das Alphabet-Produkt Google Shopping schädige massiv den Wettbewerb und behinderte unabhängige Preisvergleichsseiten. Deshalb, teilte nun die EU-Kommission mit, verhänge man eine Strafe von zunächst 2,4 Milliarden Euro.

Raketenanstieg: So pushte Alphabet sein Produkt Google Shopping in den Markt. (Chart: Präsentation im Bundeswirtschaftsministerium aus dem Jahr 2014).

Sollte Google, so die Europäische Kommission (Quelle: 1), weiterhin gegen das EU-Kartellrecht verstoßen, würden künftig Strafen verhängt, die jährlich bis zu 5% des weltweiten Google-Umsatzes sein könnten. Da Google auf die 100 Mrd. Euro Umsatz-Grenze zugeht, bedeutet dies eine mögliche Strafe von jährlich 5 Milliarden Euro.

Die EU-Kommission teilte mit:

Das Verhalten von Google stelle "eine missbräuchliche Ausnutzung seiner marktbeherrschenden Stellung in der allgemeinen Internetsuche dar, da es den Wettbewerb auf den Preisvergleichsmärkten" behindere.

In dem heutigen Beschluss komme "die Kommission zu dem Ergebnis, dass Google auf jedem nationalen Markt für allgemeine Internetsuche im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), das heißt in allen 31 EWR-Staaten, eine beherrschende Stellung" innehabe.

Google ist marktbeherrschend in 31 Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums

Nach Untersuchung der Marktstellung von Google stelle man für den Bereich der allgemeinen Internetsuche seit 2008 fest, "dass das Unternehmen… in jedem dieser Staaten mit Ausnahme der Tschechischen Republik seit 2008 eine beherrschende Stellung" innehabe. In der Tschechischen Republik bestehe diese marktbeherrschende Stellung seit 2011 – also zwei Jahre vor Einführung von Google Shopping im Jahr 2013 (Quelle: 2).

Allerdings sei, so die EU-Kommission, eine "marktbeherrschende Stellung an sich" nicht verboten.

Darum geht es: Dreiviertel der auf großen Computerbildschirmen sichtbaren Google-Startseite ist beim Suchen von Produkten – hier einem Tisch - ausschließlich Kommerz für Google. Besonders stören sich die EU-Regulierer an der rechten Anzeigenspalte von Google Shopping: Denn nur Google Shopping darf mit Bildern werben, sogenannten Display-Anzeigen. Grund: Das zieht die Aufmerksam der Google-Kunden, der Verbraucher, schneller auf Google Shopping. So verdient Google schneller Geld, als die Konkurrenten. Das spült viele Milliarden Euro in die Google-Kassen, denn der Konzern steuert auf die 100 Milliarden Euro-Umsatzgrenze zu, ist schon heute größer als Siemens. Zudem kritisiert die EU: Google schließe in den Display-Anzeigen rechts unabhängige Preisvergleichsseiten aus und setze diese doppelt unter Zugzwang, Geld an Google für eine Sichtbarkeit in der Suchmaschine zu bezahlen: Links oben für die Google Adwords-Anzeigen, rechts außen (oder manchmal auch oben) für Google Shopping.

Jedoch trügen "marktbeherrschende Unternehmen eine besondere Verantwortung, denn sie dürfen ihre starke Marktstellung nicht missbrauchen, indem sie den Wettbewerb auf dem von ihnen beherrschten Markt oder auf anderen Märkten" einschränkten.

Anderenfalls bestehe die Gefahr, "dass ein Unternehmen, sobald es auf einem Markt eine beherrschende Stellung erlangt hat (selbst wenn es sich im Wettbewerb durch eigene Leistung durchgesetzt hat), diese Marktmacht nutzen" könne, "um seine überlegene Stellung zu zementieren oder weiter auszubauen oder dadurch auf getrennten Märkten ebenfalls eine solche Stellung zu erlangen".

Google habe aber seine "beherrschende Stellung auf dem Markt der allgemeinen Internetsuche missbräuchlich ausgenutzt", indem es einem anderen Google-Produkt – seinem ursprünglich "Froogle" genannten Dienst, der 2008 in "Google Product Search" und 2013 in "Google Shopping" umbenannt habe. So habe Google sich "auf dem von der Suche getrennten Markt für Preisvergleichsdienste einen unrechtmäßigen Vorteil verschafft".

Google präsentiere Google Shopping mit Display-Anzeigen deutlich prominenter als andere Preisvergleichsseiten

Weiter führt die EU-Kommission, die faktische EU-Regierung aus:

Google habe seinen eigenen Preisvergleichsdienst systematisch am besten platziert:

"Die Ergebnisse seines Preisvergleichsdiensts werden ganz oben auf der Liste der Suchergebnisse oder manchmal in einem eigenen Feld auf der rechten Seite dieser Liste angezeigt und ansprechend präsentiert. Sie werden vor den Ergebnissen aufgeführt, die anhand der generischen Suchalgorithmen als relevanteste Ergebnisse ermittelt werden."

Dies geschehe immer dann, wenn ein Verbraucher in der allgemeinen Google-Suchmaschine nach einem Produkt suchte, für das Google Ergebnisse seines Preisvergleichsdiensts zeigen möchte. Folglich wende Google seine generischen Suchalgorithmen nicht auf den eigenen Preisvergleichsdienst an.

Fakt sei vielmehr, moniert die Europäische Kommission, dass "bei konkurrierenden Preisvergleichsdiensten… diese generischen Algorithmen für die Platzierung genutzt" würden und bewirkten, "dass es auch Herabstufungen gebe, sodass diese auf der Liste der Suchergebnisse weiter nach unten" rutschten.

Preisvergleichsdienste im EWR können durch mindestens zwei verschiedene Algorithmen, die 2004 beziehungsweise 2011 erstmals angewendet worden seien, herabgestuft werden, führt die EU weiter aus:

"Die am besten platzierten Wettbewerber werden nachweislich im Durchschnitt erst auf Seite vier der Suchergebnisse von Google angezeigt, und andere Dienste sind sogar noch weiter unten platziert."

Praktisch bedeute dies, "dass die Verbraucher konkurrierende Preisvergleichsdienste nur sehr selten in den Suchergebnissen von Google zu sehen" bekämen.

"Während Google Shopping an Marktmacht zulegte, verloren Konkurrenten"

Die EU-Kommission schreibt weiter:

Während Google Shopping (und Google Flights, Google Hotels) durch eine dominante Platzierung in den Google-Suchergebnissen massiv an Nutzern gewännen, seien "die Nutzerzahlen konkurrierender Preisvergleichsdienste zurückgegangen".

Beispielsweise habe die Kommission folgende Beweise gefunden: So sei die Anzahl der Aufrufe von konkurrierenden Websites stark zurück gegangen. Der Grund liege darin, dass die Preisvergleichsseiten in den generischen Suchalgorithmen von Google schlechtere Berücksichtigung fänden. Unabhängige Preisvergleichsseiten hätten im Vereinigten Königreich um 85 % verloren, in Deutschland um 92 % und in Frankreich um 80 %.

Diese plötzlichen Rückgänge ließen sich nicht durch andere Faktoren erklären, bilanziert die EU, die weiter zu folgendem Urteil kommt:

"Infolge der rechtswidrigen Verhaltensweisen von Google und der daraus resultierenden Wettbewerbsverzerrungen hat der Preisvergleichsdienst von Google auf Kosten seiner Wettbewerber erhebliche Marktanteile hinzugewonnen. Das hat die europäischen Verbraucher daran gehindert, die Vorteile eines Leistungswettbewerbs – d. h. echte Wahlmöglichkeiten und Innovation – voll auszuschöpfen."

EU-Kommission droht weitere Schritte für die Zukunft an

Die EU-Kommission vergisst nicht darauf hinzuweisen, dass sie mit der Untersuchung der Preisvergleichsseiten noch nicht am Ende ist. Unter der Überschrift "Andere Wettbewerbssachen" schreibt die EU-Regierungseinheit zudem:

So sei die Kommission bereits bei zwei anderen noch laufenden Verfahren zu dem vorläufigen Schluss gelangt, dass Google eine beherrschende Stellung ebenfalls missbraucht habe:

  1. Im Zusammenhang mit dem Betriebssystem Android habe die Kommission Bedenken, dass Google bei einer Reihe von Anwendungen und Diensten für mobile Geräte im Rahmen einer allgemeinen Strategie die Auswahl verringert und Innovationen verhindert habe, um seine marktbeherrschende Stellung bei der allgemeinen Internetsuche zu schützen und auszubauen.
  2. Über Google AdSense könne Google nach Auffassung der Kommission eine Verringerung der Auswahl bewirken, indem es verhindere, dass Websites von Dritten auf Suchmaschinenwerbung von seinen Wettbewerbern zugreifen.

Die Kommission werde zudem der Frage weiter nachgehen, "wie Google andere spezialisierte Google-Suchdienste auf seinen Suchergebnisseiten behandele".

Der nun nach Jahren gefasste Beschluss in Bezug auf Google Shopping sei ein Präzedenzfall, der den Rahmen für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit solcher Verhaltensweisen abstecke.

Quellen:

  1. Quelle 1: Pressemitteilung der EU-Kommission, t3n vom 27. Juni 2017.
  2. Quelle 2: "Google Shopping: Was die Umstellung für Online-Händler bedeutet", EU-Kommission vom 29. Mai 2013.
Gefällt mir
3