Medisafe App & Co Gesundheits App: Deutsche wollen an Krankenkassen keine Gesundheitsdaten verkaufen

Auch kaufen lassen sich viele nicht – weder mit Rabatten noch Gutscheinen für eine Weitergabe privater Gesundheitsdaten. Entsprechend der aktuellen Studie zu Gesundheitsapps hätte die Mehrheit der 1279 Befragten ab 14 Jahren gesagt, sie sähen – wohl auch datenschutzrechtlich – die automatische Weitergabe ihrer Gesundheitsdaten an die Krankenkassen skeptisch bis ablehnend.

Kommentar - Die eindeutige Mehrheit der Deutschen möchte nicht, dass persönliche Gesundheitsdaten über Apps automatisch an ihre Krankenkassen übermittelt werden. Das ergab nun eine Studie.

Die kritische Haltung ist verständlich: So lange jemand gesund ist, hat er oder sie keine Nachteile bei einem Krankenkassenwechsel zum Beispiel aus Kostengründen zu befürchten. Doch sind dokumentierte Krankheiten oftmals ein Knockout für den Wechsel. Je nach Schwere der Krankheit ist beispielsweise ein Krankenkassenwechsel der rund acht Millionen privat Krankenversicherten in Deutschland (PKV) nicht mehr möglich. Wer einmal einen Herzinfarkt mit 40 hatte, kommt aus seiner privaten Krankenversicherung nicht mehr heraus in eine andere. Auch wer Krebs hatte oder sonst irgendeine chronische Krankheit, selbst eine schlimmere Verletzung oder Operation, kann Probleme beim Krankenkassenwechsel haben.

Jedenfalls gaben in der Studie für den deutschen IT-Branchenverband Bitkom nur rund ein Drittel der Deutschen an, wonach sie kein Problem hätten, wenn bestimmte Gesundheitsdaten automatisch per App an die Krankenkasse weitergegeben würde.

Sind wirklich gerade Ältere scharf, ihre Gesundheitsdaten ausgerechnet an Krankenkassen per App zu übermitteln?

Allerdings: Aus der öffentlich einsehbaren Bitkom-Pressemitteilung ergibt sich nicht detailliert, in welchen Altersgruppierungen der Befragten welche Antworten gegeben haben, auch nicht, ob die Umfrage nur online lief oder tatsächlich bevölkerungsrepräsentativ auch Nicht-Onliner eingeschlossen hat. Denn wäre die App-Studie nur online gelaufen, ergäbe sich automatisch das Problem: Rund ein Drittel der Deutschen sind nach wie vor offline, also nicht online. Besonders hoch ist dabei der Anteil der über 65-Jährigen.

Deshalb ist die pauschalisierend klingende Aussage von Dr. Bernhard Rohleder, dem Hauptgeschäftsführer des BITKOM sicherlich diskussionswürdig, wonach entsprechend der aktuellen Bitkom-Studie angeblich "gerade ältere Menschen" die Weitergabe ihrer Gesundheitsdaten an die Krankenkassen "als Chance" sehen würden. Man fragt sich hier: Ist das wirklich so? Bislang weiß man: Gerade Ältere legen großen Wert auf den Schutz ihrer Privatsphäre, erst Recht ihrer Gesundheitsdaten.

Nicht ganz nachvollziehbar ist zudem, warum der Bitkom eine Umfrage macht, ob Gesundheitsdaten per App den Krankenkassen zugeleitet werden sollten. Denn: Eigentlich gehen persönliche Gesundheitsdaten primär den persönlich betreuenden Arzt etwas an, der schließlich – im Gegensatz zur Krankenkasse – der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt.

Verkaufen Gesundheitsapps wie Medisafe persönliche Krankendaten?

Grundsätzlich gilt zudem: Eine Gesundheitsapp kann keinen Arzt zu ersetzen. Weder kann eine App sagen, ob man Hautkrebs hat – also ein Melanom - noch, ob man wirklich ernsthaft ein Augenleiden hat oder ein sonst die Gesundheit bedrohendes Leiden. Hinzu kommt: Gesundheitsapps, wie die aus Israel stammende Medikamenten-Erinnerungs-App Medisafe stehen im Verdacht, persönliche Gesundheitsdaten (zum Beispiel die Einnahme von Pillen) an Dritte zu verkaufen und zudem auch festzustellen, wer im persönlichen Telefonbuch auf dem Handy sonst noch Pillen nimmt.

Diese Vernetzung wird zwar von Medisafe als Vorteil hingestellt – also die Interaktion beispielsweise innerhalb einer Familie – doch ergeben sich daraus auch erhebliche Probleme. So ist netz-trends.de ein Fall bekannt, in welchem ein Vorgesetzter eines deutschen Konzerns plötzlich von Medisafe auf seinem Smartphone mitgeteilt bekam, wonach ein ihm Untergebener sich ebenfalls mittels Medisafe an Medikamente erinnern lasse.

Jedenfalls schreibt Omri Shor, Gründer und CEO der Medikamenten-Erinnerungs-App MediSafe (Boston, Massachusetts, USA; aus dem Englischen von netz-trends.de übersetzt): "MediSafe ist eine Cloud-basierte Medikamente-Plattform - entwickelt, um die persönlichen Ursachen der nicht-Einhaltung zu verstehen. Diese Informationen werden in Echtzeit verwendet, um ein besseres langfristiges Engagement zu unterstützten und die Einhaltung der Medikament-Einnahme zu erhöhen. MediSafe verbessert sowohl die gesundheitlichen Folgen für den Patienten, als auch die finanziellen Ergebnisse für alle in der Vertriebskette der Medikamente. Hierzu gehören die Pharma-Industrie, Apotheken, Leistungserbringer und Versicherer."

Zudem schreibt Medisafe, dessen Stammsitz in Israel ist (ebenfalls von netz-trends.de aus dem Englischen übersetzt): "Das Medisafe Enterprise Analytics Dashboard bietet ein Menü von standardmäßigen und benutzerdefinierten Berichten, darunter über die Medikamenten-Verwendung, Einhaltung, Wirksamkeit, die Geo-Lage (Anmerkung: wohl des einnehmenden Patienten), Bevölkerung-Management und (einiges) mehr (anonym). Dadurch erhalten Sie Echtzeit-Einblicke in Ihre Kunden..."

Auch diese Stellungnahme der Gesundheits App Medisafe deutet darauf hin, dass auf individueller Ebene heimlich Daten aufgezeichnet und verknüpft werden sowie möglicherwiese weiterverkauft werden. Datenschutz? Damit sieht es schlecht aus.

Dennoch... Gesundheitsapps helfen vielen Patienten

Doch trotz des datenschutzrechtlichen Problems bei Gesundheitsapps gilt: Natürlich helfen einige Apps tatsächlich den Menschen. Und Medisafe hat durchaus Recht, wenn der Anbieter sagt, wonach viele Gesundheitsprobleme sich dadurch verschärften, indem Medikamente nicht zu der mit dem Arzt vereinbarten Zeit eingenommen werden. So würden alleine in den USA 700.000 Menschen ein ernsthaftes Krankheits-Problem bekommen, da sie ihre Medikamente vergessen hätten oder nicht entsprechend des vorgegebenen Rhythmus eingenommen hätten (Angaben gelten für 2008).

In der jetzigen Gesundheits-App-Umfrage von Bitkom lautete eine Frage jedenfalls "Es gibt Apps, die persönliche Daten zu Fitness, Ernährung und Lebensstil sammeln. Können Sie sich vorstellen, bei diesen Apps die Möglichkeit zu nutzen, Ihre Gesundheitsdaten an die Krankenkasse weiterzuleiten?" Konkret antworteten:

60,2% der Befragten sagten, sie lehnten eine Weitergabe persönlicher von Apps gemessener Gesundheitsdaten an die Krankenkassen ab. Weitere 19,4% gaben an, sie seien dazu bereit. Doch sei für eine Weitergabe die Voraussetzung, dass man im Gegenzug beispielsweise Rabatte für seinen Krankenkassen-Tarif erhalte. Neben Rabatten erhoffen sich einige auch Gutscheine oder gar Bargeld dafür, dass sie ihre Gesundheitsdaten an die Krankenkassen weitergeben – also indirekt durch eine App verkaufen.

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