Amazon IT für Unternehmen: Vorstand Werner Vogels im Interview mit DIE ZEIT

Was viele nicht wissen: Amazon ist längst nicht mehr nur ein Online-Kaufhaus, sondern auch eine Größe im Software-Bereich. Immer mehr bedeutende Unternehmen, auch aus dem E-Commerce und auch aus Deutschland, vertrauen ihre Daten externen Dienstleistern wie Amazon an:

Bild: Amazon
In diesem Gebäude in Amerika wurde der Weltkonzern Amazon geboren.

Er gilt in der Fachwelt als eine Amazon-Legende: Dr. Werner Vogels, 56, der niederländische Amazon CTO, also Chief Technology Officer und Vizepräsident der Amazon.com Inc. (Abkürzung an der US-Börse NASDAQ: AMZN).

Mit dem Aufbau des neuen gigantischen Rechenzentrums von Amazon in Frankfurt am Main, das entsprechend der strengen europäischen Datenschutzvorschriften aufgesetzt wurde, will Amazon vor allem sein Geschäftsfeld der Amazon Cloud weiter ausbauen, aber auch des Services von Rechenleistungen, welche man zur Verfügung stellt. Im Interview mit der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" (Ausgabe vom 29. Januar 2015, S. 21) äußerte sich Werner Vogels gegenüber dem Zeit-Autor Götz Hamann nun zu den weiteren Plänen:

Auf die Frage von der "Die Zeit" wie lange es noch dauere, "bis das geistige Eigentum der Welt bei Amazon" lagere, antwortete Vogels, wonach Amazon im Bereich des Geschäfts mit dem Speichern von Daten für andere Unternehmen weltweit "fünfmal größer als die nächsten relevanten Firmen" sei. Als Basis nimmt der weltweit oberste IT-Chef von Amazon Daten des amerikanischen Marktforschers Gartner.

"Auch Traditionsunternehmen nutzen Amazon IT"

Im Interview mit der deutschen Wochenzeitung gibt Amazon-Vorstand Vogels bekannt, wonach er sagen könne, dass "inzwischen auch große Traditionsunternehmen ihre Daten zu uns verlagern". Unter den Kunden sei beispielsweise der niederländisch-britische Ölkonzern Shell, oder die amerikanische Hotelkette Kempinski.

Zu den Beweggründen, warum selbst große Unternehmen mittlerweile ihre IT-Infrastruktur in wesentlichen Teilen outsourcen, erklärt der Chef-ITler von Amazon, wonach beispielsweise die Hotelgruppe Kempinski dadurch die Kosten für IT um 40 Prozent senken könne. Ähnliche Beweggründe hätten den amerikanischen Vermittler von privaten Wohnräumen für Kurzmieter, Airbnb, dazu bewegt, die IT an Amazon outzusourcen.

Derzeit nutzen über 25 Millionen Menschen weltweit Airbnb für die Suche nach günstigem Wohnraum für eine Kurzzeit-Anmietung. In Deutschland ist hier der Konkurrent Wimdu (Beteiligung der Berliner Rocket Internet) erfolgreich. An den Start ging in diesem Segment nun zudem der Konkurrent von wg-gesucht.de, Nestpick (ebenfalls eine Rocket Internet-Beteiligung).

Auch wenn Amazon sicherlich nicht dafür bekannt ist, als Wohltäter durch die Geschäftswelt zu ziehen, so kommt im Zeit-Interview der Amazon IT-Chef Vogels dennoch zu der Erkenntnis: Man habe immer wieder ansehen müssen, "wie vielversprechende Firmen im Silicon Valley gescheitert sind, die zwar eine gute Geschäftsidee hatten, aber nicht in der Lage waren, ihren Kundenstamm technisch zu bewältigen".

Besonders problematisch ist es, wenn Internet-Unternehmen beispielsweise unterschiedliche E-Commerce-Plattformen aufbauen in unterschiedlichen Geschäftsfeldern und beispielsweise durch eine staatsanwaltschaftliche Untersuchung oder durch eine Razzia eines deutschen Datenschutz-Beauftragten gezwungen werden, schnell einzelne Kundendatenstämme herauszugeben.

Wenn der Staatsanwalt kommt: Viele Unternehmen können Daten nicht abgrenzen

Nicht selten sind selbst größte deutsche E-Commerce-Unternehmen nicht in der Lage, hier Kundendaten pro Geschäftsfeld auf ihrer internen IT abzugrenzen. Das hat einen entscheidenden Nachteil: Staatsanwälte oder Datenschützer saugen dann häufig sämtliche Daten ab, auch solche, die gar nicht Bestandteil einer richterlichen Freigabe beispielsweise im Rahmen einer Razzia wären. So kumulieren sich schnell weitere rechtliche Probleme. Denn Staatsanwälte sind beim Beschlagnahmen von Daten in aller Regel wenig zimperlich.

Neben Kunden wie Shell, Airbnb oder Kempinski nennt der Amazon IT-Chef den deutschen Reinigungskonzern Kärcher als Amazon IT-Kunden, ebenso viele kleinere Hotels.

Derzeit betreibt Amazon weltweit 28 Rechenzentren. Dabei habe man, sagt Vogels, diese Rechenzentren in 28 Zonen der Welt aufgebaut. Die Rechenzentren seien "logisch voneinander getrennt, damit im Fall einer Naturkatastrophe oder eines Stromausfalls stets ein Standort für einen anderen einspringen kann".

Die Kunden aus Deutschland habe Amazon lange Zeit aus dem Niedrigsteuer-Land Irland bedient, so Vogels, wobei man diese nun direkt aus dem neuen Frankfurter Amazon IT-Zentrum bediene. Dass Amazon das neue IT-Zentrum in Frankfurt aufbaut, dürfte wohl auch an dem nach deutschem Recht illegalen Hackertum der amerikanischen Regierungsbehörde NSA liegen.

Dienstleister wie Amazon bieten auch stundenweise Rechenleistung als Service

Der NSA-Skandal - aufgedeckt durch Edward Snowden - hatte ebenso zu Tage gefördert, dass fast alle großen amerikanischen IT-Unternehmen mit der NSA zusammen arbeiten. Gerüchteweise solle Amazon in diesen Kreis gehören.

Amazon arbeitet aber nicht nur dauerhaft mit Unternehmen in der Amazon Cloud oder im Bereich anderer IT-Dienstleistungen zusammen, sondern auch als Geschäftspartner, der seine IT-Struktur nur stundenweise zur Verfügung stellt. Werner Vogels erklärt in der Zeit, warum eine Part-Time-Lösung für Unternehmen sinnvoll sein kann:

"Die Produktentwicklung hat sich verändert. Überall in den Unternehmen werden aufwendige Modellrechnungen angestellt. Da wird eine Ölbohrung simuliert. Ein neues Automodell. Oder es wird eine Maschine, eine ganze Fabrik am Computer entworfen. Und hinterher werden diese Modelle - ebenfalls am Computer - getestet. Für die Entwicklung braucht man richtig viel Rechenpower, aber nicht auf Dauer, sondern nur für ein paar Stunden, Tage oder Wochen. Da ist es billiger und geht viel schneller, diese Leistung von einer Minute auf die andere zu mieten, als sich selbst ein Rechenzentrum für solche Simulationen zu bauen."

Dass Amazon weiterhin auf Wachstumgspfad ist, lässt sich an der Aktien-Entwicklung ablesen. So steigt die Amazon Aktie seit Jahren und liegt derzeit bei 336 Euro (382,70 US-Dollar). Die Marktkapitalisierung der Amazon.com Inc. an der Börse beträgt 154 Milliarden Euro (175,15 Milliarden Dollar).

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