"Zerschlagt Google Debatte": Hunderte Google Mitarbeiter spenden an US-Kongress / u.a. an Anna Eshoo, Bob Goodlatte

Doch jetzt kam heraus: Neun der 17 Kongress-Unterzeichner der Briefe an das Europaparlament hatten alleine in der Wahlkampfperiode 2013/2014 über 260.000 US-Dollar Spenden von Google erhalten. Unter den Spendern ist zum Beispiel Google-Aufsichtsratschef Eric Schmidt, aber auch der aus Deutschland stammende Google-Entwicklungschef Urs Hölzle. Konkret berichtet unter anderem das deutsche Online-Nachrichtenportal spiegel-online, wonach die folgenden US-Kongressmitglieder und Briefeschreiber an das Europaparlament Spenden durch Google erhalten haben:

Google greift auch nach dem Weltraum.

Insgesamt drei Warnbriefe hatten US-Kongressmitglieder kürzlich an ihre Kollegen im Europäischen Parlament, also dem Europaparlament, geschickt. In den Briefen hatten die amerikanischen Top-Politiker die Pläne der EU-Parlamentarier kritisiert, Google auf Grund seines mächtigen Monopols in unabhängige Geschäftseinheiten zu zerschlagen. Ihr Tenor: Lasst bitte Google in Ruhe.

In den Briefen an das EU-Parlament hatte beispielsweise der Republikaner Bob Goodlatte vor der Google-Abstimmung an diverse Fraktionsvorsitzende des EU-Parlaments geschrieben, wonach er "besorgt" sei, dass "einige" Europaabgeordnete Anti-Trust-Regelungen anstrebten, welche "offenbar von politischen Erwägungen statt faktischen und juristischen Prinzipien geleitet" seien.

Hinzu kommen gleich vier US-Senatoren, welche mit dem Demokraten Ron Wyden in einem Brief an den Parlamentspräsident des EU-Parlaments Martin Schulz (SPD) laut spiegel-online geschrieben haben sollen, wonach sie "zunehmend besorgt" seien "über einen Trend in der Europäischen Union, ausländische Firmen in Bezug auf die Digitalwirtschaft zu diskriminieren".

Teils über 40.000 Dollar an Kongressabgeordnete überwiesen

Zudem, schreibt spiegel-online, hätten "zwölf weitere Kongressabgeordnete aus beiden Kongressparteien unter Führung der Demokratin Anna Eshoo... in einem weiteren Brief" gewarnt, "die Entschließung des Parlamentes werde weitere Innovationen und Investitionen durch US-basierte Internetfirmen behindern".

Fakt ist jedenfalls, dass fast all diese Briefeschreiber an die EU sich in der Wahlkampfperiode 2013/2014 über teils üppige Google-Spenden freuen konnten:

So erhielt das Republikaner-Wahlkampfteam um den Kongressabgeordneten Dave Camp insgesamt 7.600 US-Dollar durch Google, Jason Chaffetz (Republikaner) waren 29.500 Dollar überwiesen worden, Anna Eshoo (Demokraten) heimste 40.050 Dollar an Google-Spenden ein.

Doch damit nicht genug: Bob Goodlatte, Republikaner und Vorsitzender des Rechtsausschusses des US-Repräsentantenhauses, konnte sich über 31.400 Dollar von Google freuen. Orrin Hatch, ebenfalls von den Republikanern, wurden 31.700 Dollar durch Google überwiesen, Darrell Issa (Republikaner) kam auf 32.145 Dollar Google-Spenden. Hinzu kommen: Zoe Lofgren (Republikaner) erhielt 32.600 Dollar von Google, Jared Polis (Republikaner) 18.800 Dollar und Ron Wyden (Demokraten) 37.500 Dollar.

Insgesamt erhielten also alleine für die Wahlkampfperiode 2013/2014 des US-Kongresses diese 9 Politiker, wovon die meisten zu den Republikanern gehören, 261.295 Dollar Spenden durch Google.

Neben den PAC-Spenden erhalten Kongressabgeordnete in den USA auch individuelle Spenden durch Konzerne wie Google

Allerdings gilt: Bei diesen Spenden handelte es sich nicht um persönliche Spenden durch Google, die privat verwendet werden dürfen, sondern um Google-Spenden für die Wahlkampfteams. Konkret spricht man in den USA von Super-PACs.

Unter Super-PACs versteht man zwar offiziell Wahlkampfspenden, die "unbegrenzt... von natürlichen und juristischen Personen" für US-Kongressabgeordnete kommen und nur dann angenommen werden dürfen, wenn die "Mittel nicht direkt an Kandidaten, Parteien" weitergeleitet würden. Doch Fakt ist: Dieses System ist völlig außer Rand und Band geraten und niemand kann mehr sagen, was konkret mit diesen Pacs, beziehungsweise den PAC-Spenden geschieht.

Doch so oder so ist eine PAC Zuwendung nur die eine Seite der Medaille. Denn hinzukommen noch sogenannte individuelle Spenden, die also direkt auf das Konto der US-Kongressmitglieder fließen. Netz-trends.de recherchierte in der offenen Datenbank von opensecrets.org und wertete die Daten in einer Pivot-Tabelle aus. Demnach erhielten US-Kongressmitglieder in der Wahlperiode 2013/2014 von über 500 Google-Mitarbeitern zusätzlich über 1,3 Millionen US-Dollar an Spenden - und zwar letztlich auf die Privatkonten.

Schaut man sich nun an, welche Google-Mitarbeiter an jene Kongress-Abgeordneten Gelder in der Wahlperiode 2013/2014 spendeten, die sich nun in Briefen an das Europaparlament wendeten, um zu verhindern, dass das EU-Parlament weitere Maßnahmen gegen Google beschließt, stößt man auf einige prominente Namen:

Google-Aufsichtratschef Eric Schmidt ist mit dabei, aber auch Urs Hölzle

So erhielt der US-Kongressabgeordnete Bob Goodlatte direkt auf sein Konto in 2013 und 2014 insgesamt $11.400 Dollar und zwar von den folgenden Google-Vertretern: ERIC SCHMIDT (Aufsichtsratsvorsitzender; insgesamt spendete er über 300.000 US-Dollar an politische Institutionen in den Jahren 2013 und 2014), JOHN MR WALKER, SETH WEBB sowie STEWART JEFFRIES. Zudem erhielt der US-Kongressabgeordnete Dave Camp 2.600 Dollar und zwar von dem Google-Mitarbeiter AMITABH SINGHAL.

Außerdem konnte sich der US-Kongressabgeordnete Jason Chaffetz über 1.000 Dollar freuen und zwar überwiesen durch die Google-Mitarbeiterin SUSAN MOLINARI. Keine privaten Spenden durch Google hat hingegen die Kongressabgeordnete Anna Eshoo erhalten (dafür aber, wie spiegel-online berichtet, über 40.000 Dollar indirekter Google-Spenden). Ebenfalls keine privaten direkten Google-spenden erhielt der Kongressabgeordnete Orrin Hatch.

Anders hingegen bei dem US-Kongressabgeordneten Darrell Issa. Ihm überwiesen gleich mehrere Google-Mitarbeiter auf das private Kongresskonto 12.145 Dollar. Die Spender waren: SETH WEBB, ERIC SCHMIDT (Google Aufsichtsratschef), DAVID DRUMMOND, ROBERT EUSTACE, URS HOELZLE (Google Entwicklungschef) und STEWART JEFFRIES.

Der US-Abgeordnete Zoe Lofgren erhielt ebenso von zahlreichen Google-Mitarbeitern 2013/2014 recht viel Geld und zwar 22.600 Dollar. Die Google-Spender waren: ROBERT A EUSTACE, BENEDICT GOMES, SARAH LONGSTRETH, ERIC SCHMIDT (Google Aufsichtsratschef), FRED VON LOHMANN, LASZLO BOCK, JONATHAN ROSENBERG, FRED VON LOHMANN, JOHN KENT WALKER, KIRK DAILEY, URS HOELZLE (Google Entwicklungschef), CLAIRE JOHNSON und DUANE R VALZ.

Google engagiert sich in der Politik mit Millionen Dollar

Kein Geld auf das private Kongresskonto erhielt die Kongressabgeordnete Jared Polis durch Google-Mitarbeiter in den Jahren 2013 und 2014. Doch nicht so beim Kongresskollegen Ron Wyden. Ihm überwiesen wieder nicht wenige Google-Mitarbeiter in den Jahren 2013 und 2014 insgesamt 9.800 Dollar. Die Spender waren: ROBERT ALAN EUSTACE, URS HOEIZLE (Google Entwicklungschef), ERIC SCHMIDT (Google Aufsichtsratschef), FRED VON LOHMANN und BENNET YEE.

Insgesamt hatte die Google Inc. über 13 Millionen Dollar in den Jahren 2013 und 2014 an den US-Kongress gespendet.

Die nun bekannt gewordenen Spenden durch Google an Kongressmitglieder im US-Kongress hatte der EU-Spezialist und Berater Michiel van Hulten aufgedeckt und hierzu die US-Website Opensecrets.org durchforstet.

Die Resolution im EU-Parlament gegen zu viel Google-Macht hatten der deutsche CDU-Abgeordnete Dr. Andreas Schwab (Jurist) sowie der spanische Kollege Ramon Tremosa auf den Weg gebracht.

Sie hatten in ihrer im Europaparlament vorgelegten Resolution zwar namentlich nicht Google genannt, sondern lediglich davon gesprochen, man wolle regulatorisch künftig verhindern, dass Internetsuchmaschinen sowohl Geschäfte mit einer Internetsuchmaschine als auch mit Zusatzprodukten machten.

Das Problem, welches zahlreiche Internet-Unternehmen mittlerweile in der EU, so auch in Deutschland, sehen, ist, dass sie zwar einerseits teils über 100 Millionen Euro jährlich an Werbegeldern für Google überweisen (an Google AdWords), um überhaupt als E-Commerce-Unternehmen tätig sein zu können.

Kritiker werfen Google erhebliche Wettbewerbsverzerrungen vor

Doch, so lautet die Kritik an Google, mache der US-Konzern Google Inc. ihnen nun zunehmend Konkurrenz. Konkret gehe es dabei darum, dass Google Dank einer über Jahre durchgeführten Datensammelei direkt in den Werbe-Kundenkonten von Google nun perfekt wisse, welche Produkte in welcher Region mittels welcher werblichen Ansprache am besten verkauft werden können.

Das Problem: Dadurch hat Google einen uneinholbaren Wettbewerbsvorteil, welcher das gesamte Internet-Geschäft durcheinanderwirbelt und zwar stets zu Gunsten von Google.

So hatte Google erklärt, man wolle beispielsweise mit Google Android der weltgrößte Softwareanbieter für Handys werden (derzeit über 1 Milliarde Nutzer; das Ziel sind 2). Doch damit nicht genug: Derzeit arbeitet Google auch daran, der weltgrößte Finanzvermittler zu werden (mit Google Compare), der größte Hotelzimmer-Vermittler (mit Google Hotels), der größte Flugvermittler (mit Google Flights) oder der größte Produkt-Vermittler (mit Google Products).

Deutsche Produktvergleichsseiten sind in wenigen Monaten fast komplett von Google im Such-Index eliminiert worden - dafür wird Google Products gepusht

Wie dramatisch die Situation ist, das bekam netz-trends.de kürzlich in einem Chart zu sehen, welcher alleine für Deutschland klar belegte: Nahezu alle wichtigen deutschen Preisvergleichsseiten ließ die Google Inc. innerhalb von nur 8 Monaten fast komplett abstürzen, entfernte sie also so gut wie zu 90 Prozent aus dem Such-Index der Google-Internetsuchmaschine. Aufflällig: Der Absturz - und damit die Geschäfts-Eliminierung - erfolgte kurz nach der Kritik durch den CEO der Axel Springer SE an Google. Denn für zahlreiche E-Commerce-Webseiten gilt: Ein Verlust an Sichtbarkeit in der Google-Internetsuchmaschine führt fast eins zu eins zum gleichen Verlust an Umsatz und damit an der Unternehmens-Geschäftsbasis.

Mit der Eliminierung der deutschen Preisvergleichsseiten erhöhte Google massiv die Präsenz des eigenen Google-Dienstes, nämlich von Google Products – einem Google-Produktvergleich, in welchem Google nicht nur Werbegelder einnimmt, sondern auch eine Provision für die Vermittlung von Produkten.

Kritiker werfen Google auch deshalb erhebliche Wettbewerbsverzerrungen vor. Der CEO der Axel Springer SE, Mathias Döpfner, hatte im April 2014 in einem umfangreichen Aufsatz in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) gar davon gesprochen, man habe mittlerweile "Angst vor Google".

Dem schloss sich eine klare Ansage des deutschen Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel (SPD) an, in welcher er ebenfalls in der FAZ erklärte, wonach er sich ein Gedankenspiel vorstellen könne, Google kartellrechtlich zu zerschlagen (Artikel-Verweis: "Sigmar Gabriel: Google-Macht in der Netz-Trends-Analyse"):

Kurz darauf äußerten sich die deutsche Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) sowie der EU-Kommissar für das Digitalgeschäft, Günther Oettinger, kritisch zur Google-Macht.

Entsprechend eindeutig war am Donnerstag die Abstimmung im Europäischen Parlament: 384 gegen 174 Europaparlamentarier hatten bei 56 Enthaltungen gefordert, wonach Internet-Suchergebnisse in Internet-Suchmaschinen "frei von Verzerrungen und transparent" sein müssten. Auch dürfe es keine Überschneidung von Geschäftsinteressen der Internetsuchmaschinen-Anbieter geben.

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