Google Ventures will in Europas Startups aus London 80 Mio. Euro investieren

Google - ein digitaler amerikanischer Monopolist und Gigant mit einem Jahresumsatz von über 60 Milliarden US-Dollar bei über 13 Milliarden Dollar Jahresgewinn - dürfte aber nicht nur plötzlich seine Liebe zu europäischen Startups entdeckt haben:

Die Google Inc. eröffnete in London ein Büro für seine Investment-Abteilung, die Google Ventures. Ausgestattet ist Google Ventures mit zunächst 100 Millionen US-Dollar (circa 80 Millionen Euro). Damit möchte Google in europäische Startups einsteigen. Nicht bekannt ist bislang, über welchen Zeitraum diese Summe investiert werden soll.

Vielmehr steht die Google Inc. in Europa zunehmend unter Druck. Der deutsche Bundeswirtschaftsminister Sigmund Gabriel (SPD) hatte kürzlich sogar indirekt in einem ganzseitigen Artikel im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) eine mögliche kartellrechtliche Zerschlagung der Google Inc. ins Spiel gebracht. Der Vorwurf: Wettbewerbsmissbrauch zum Schaden von Konkurrenten und zahlreichen Digitalunternehmen. Ähnlich hatte sich der Axel Springer CEO, Mathias Döpfner, geäußert. Doch ob es Google gelingt, mit den ins Gespräch gebrachten 100 Millionen US-Dollar Venture-Kapital nun etwas die Wogen zu glätten, bleibt abzuwarten.

Jedenfalls teilte Google Ventures mit, wonach man die 100 Millionen US-Dollar "in die besten Ideen aus den besten europäischen Unternehmen" stecken wolle. Doch das wollen auch andere europäische Konzerne: Alleine in Deutschland sind dies beispielsweise Holtzbrinck Ventures, Milliardärs-Family Offices von Otto bis Herz oder eben Konzerne wie Bertelsmann oder die Axel Springer SE (kaufte kürzlich die Gründerszene als publizistisch-strategisches Investment).

Google Ventures habe "überzeugende neue Unternehmen in London, Paris, Berlin" gesehen

Jedenfalls teilte nun Bill Maris, der Geschäftsführende Gesellschafter von Google-Ventures in einem Google-Blog mit, wonach "wir glauben, dass Europas Startup-Szene ein enormes Potenzial" habe. Man habe gesehen, wie "überzeugende neue Unternehmen entstehen aus Orten wie London, Paris, Berlin, der nordischen Region und darüber hinaus". Als Beispiele führte er Soundcloud, Spotify oder Supercell an.

Insgesamt vier verantwortliche Manager werden sich um die Google Investitionen in europäische Startups kümmern. Sie berichten alle direkt an Maris. Es wären dies: Eze Vidra, der Serienunternehmer Tom Hulme, der britische Angel Investor und Berater Peter Read sowie Avid Larizadeh, der Leiter des britischen Ausläufers von code.org sowie Mitbegründer von Bottica.com. Hinzu komme MG Siegler, welcher aber lediglich übergangsweise als Berater zwischen den USA und UK fungieren solle. Er ist ehemaliger Mitarbeiter von TechCrunch.

Es ist einmalmehr bezeichnend, dass sich die Google Inc. ausschließlich für englische oder amerikanische Manager bei Google Ventures entschieden hat. Dabei ist bislang bekannt, wonach das Google Ventures Büro im Londoner Stadtteil Clerkenwell residieren solle, also Nähe der "East London Tech City".

In London sitzen bereits zahlreiche Venture Unternehmen, die in Digital-Unternehmen investieren. Hierzu gehören zum Beispiel Index (550 Millionen Dollar Investment-Kapital für Startups oder Digital-Unternehmen in Europa und Israel), Accel (475 Millionen Dollar für Europa) oder Balderton (305 Millionen Dollar für Europa). Einige gehen davon aus, dass beispielsweise Index mit Google Ventures kooperieren könnte.

Ob die Google Inc. tatsächlich künftig jährlich bis zu 300 Millionen Dollar Google Ventures für Investitionen in europäische Startups oder andere Internet-Unternehmen und Digital-Unternehmen zur Verfügung stellt, wie einige anglikanische Medien berichten, ist bislang nicht klar.

Neben London und in Paris baut Google in Deutschland seine Präsenz aus. Neben Hamburg wird -besonders für Schulungen - die Google-Dependance in Berlin-Mitte wichtig. Die von Google Ventures genannten positiven Startup-Beispiele skizziert Netz-Trends.de hier noch einmal näher und nennt auch wichtige dortige Investoren:

Soundcloud

Soundcloud (SoundCloud Limited) wurde im Jahr 2007 in Berlin von dem Briten Alex Ljung und dem Schweden Eric Wahlforss gegründet. Die Plattform entwickelte sich innerhalb weniger Jahre von einem Außenseiter-Projekt für Musiker (jeder konnte dort seine Stücke kostenlos einstellen) zu einer weltweiten Success-Story mit mittlerweile über 30 Millionen registrierten Nutzern und angeblich rund 180 Millionen heruntergeladenen Apps. Das Unternehmen beschäftigt derzeit rund 170 Mitarbeiter. Der in Berlin wohnende Alex Ljung twittert schon einmal, wie das Leben im bei Kreativen und Jungen sehr angesagten Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg (x-berg) derzeit so sei: "What's up x-berg? What's with all the police everywhere? More riots?"

Ähnlich erfolgreich ist das von Google Ventures erwähnte schwedische Startup Spotify, welches seine Unternehmenszentrale in Stockholm in Schweden hat und zwar als Spotify GmbH. Seltsam ist dies vor allem deshalb, da der Musikstreaming-Dienst nach einem Artikel der Wirtschaftswoche nach wie vor ungelöste Probleme mit dem Musikrechte-Dienst GEMA habe. Allerdings widerspricht dem Spotify: "Wir haben keine ungelösten Probleme mit der Gema" heißt es aus dem Umfeld von Spotify. Spotify wurde im Jahr 2008 aus der Taufe gehoben. Das Unternehmen hat mittlerweile weltweit Büros.

Gründer von Spotify sind Martin Lorentzon und Daniel Ek. Die Wirtschaftswoche schreibt auf ihrem Onlineportal, der wiwo: "Für die Musikbranche war wohl kaum ein Thema 2011 so wichtig wie Streaming, also das direkte Abspielen von Songs im Netz. Immer mehr Nutzer verzichten darauf, sich – legal oder illegal – riesige MP3-Berge auf ihre Festplatten zu schaufeln, wenn sie doch im Netz per Mausklick Zugriff auf Millionen von Stücken haben."

Supercell Oy

Das dritte von Google Ventures angeführte Startup ist die finnische aus Helsinki stammende Supercell Oy, ein im Jahr 2011 gegründeter Gaming-Hersteller. Das Unternehmen schreibt in seinem Porträt:

"Supercell first started developing games for tablets in 2011, and we haven't looked back for a second. Smoosh together all the best parts of gaming from consoles and PCs, add mobility along with a new touch UI and — BOOM — tablets have emerged as today's ultimate games platform. The best games on any platform are those designed specifically for that platform. Tablet First means we focus all of our energy and passion on creating, from scratch, the absolute best experience possible for the tablet – our primary target platform."

Als Investoren und Kapitalgeber konnte Supercell bislang gleich mehrere Unternehmungen begeistern: Accel Partners (auf Gaming spezialisiert; aber auch Investments in Groupon oder Kayak) oder Atomico. Atomico wurde von Niklas Zennström, einem co-founder von Skype, gegründet und investierte unter anderem auch in Rovio, Jawbone, Fab oder Klarna.

Ein weiterer Supercell-Investor ist Cerval Investments. Diese Firma wurde wiederum von "one of the most successful Finnish ICT entrepreneurs" gegründet - von Jari Ovaskainen (Gründer und CEO von Iobox – bereits im Jahr 2000 für 230 Millionen € an die Telefonica verkauft). Weiterer Geldgeber für Supercell ist zum Beispiel Index Ventures. Dieser Kapitalgeber verfügt über Investments in MySQL, Skype, Last.fm oder Betfair. Insgesamt wurde in über 150 Firmen in 20 Ländern Kapital gesteckt. Darunter sind auch: SoundCloud, Dropbox, Path, Funding Circle, Nasty Gal oder Etsy. Hinzu kommen: Playfish, King (Candy Crush Saga) oder Mind Candy (Moshi Monsters).

Ebenfalls zum Aufbau von Supercell beigetragen haben die Venture-Firmen Initial Capital oder Institutional Venture Partners (bereits 1980 gegründet; heute vor allem in der Gaming-Szene bekannt; so gibt es u.a. Investments in Zynga oder ngmoco, aber auch in Twitter, HomeAway, MySQL, Buddy Media, Kayak oder Fleetmatics).

Als letzten Investor führt Supercell Klaas Kersting auf, den Gründer und CEO von flaregames (das Unternehmen beschäftigt circa 400 Mitarbeiter bei nach eigenen Angaben rund 100 Millionen Euro Jahresumsatz). Hinzu kommen als Investoren für Supercell Lifeline (gegründet von Timo Ahopelto, Jarkko Joki-Tokola sowie Petteri Koponen) und London Venture Partners (gegründet von David Gardner, Phil Harrison, Paul Heydon und David Lau-Kee).

Anmerkung: Natürlich hat Google nur ein zweistellige exklusive Domain für sein Google Ventures: gv.com.

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