"Privat Taxi"-App Uber: Ami-Krieg gegen EU geht im Internet weiter / Taxifahrer demonstrieren

Denn während recht dünne Apps wie Uber über eine Milliarde Dollar Spielgeld erhalten, gewähren Deutschlands Politiker und EU-Politiker selbst großen deutschen oder europäischen Internet-Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern noch nicht einmal Fördergelder zum Bau einer Firmenzentrale. Solche Fördergelder erhalten nach wie vor nur Vertreter der Old Economy – also beispielsweise Ziegelstein-Produzenten. Insofern ist die Demonstration der Taxifahrer gegen den aus ihrer Sicht unfairen Wettbewerb durch Uber nur ein Tropfen auf den heißen Stein eines viel komplexeren Spiels. Mit Blick auf das Taxigewerbe versus private Fahrdienstleistungen ala Uber gilt:

Foto: cc
Es geht um mehr, als Taxis in der EU und Deutschland: Die Politik muss dem Amikrieg im Internet gegen die EU etwas entgegensetzen - durch stärkere Fördermaßnahmen der Digital-Unternehmen in Deutschland und der sonstigen EU.

Die Uber-App ist eine in den USA einigermaßen erfolgreiche Privatauto-App, welche Nutzern den Dienst anbietet, ein privates Auto zu bestellen, das vorgibt, die Dienstleistung eines Taxis anzubieten. Seit Monaten kündigt Uber an, weltweit expandieren zu wollen, auch nach Deutschland. Allerdings ist bis heute noch gar nicht mal klar, ob eine solche Dienstleistung wie sie Uber anbietet, in Deutschland und der EU überhaupt erlaubt ist. Doch klar ist: Der Ami-Krieg gegen die EU-Konkurrenten im Internet durch Milliarden-Dollar-Förderung amerikanischer Internet-Dienstleister geht weiter:

Eine Taxilizenz ist in Deutschland, aber auch in Österreich oder der Schweiz, an umfangreiche Voraussetzungen gebunden. Hierzu gehört unter anderem eine Prüfung mit dem Nachweis, dass man sich in der Stadt vorzüglich auskennt - vor allem ein Nachweis dass man das Straßenverzeichnis auch auswendig kann. Es scheint so, als ob die Politik einmal mehr verpennt, einen Internet-Trend auch rechtzeitig- und zwar so früh also möglich - rechtlich zu prüfen und zu regulieren.

Insofern ist einerseits die für Mittwoch geplante Demonstrations-Fahrt ("Sternfahrt") beispielsweise von 1000 Berliner Taxifahrern, die sich - im Gegensatz zu München - sowieso in der Hauptstadt bereits einen ruinösen Wettbewerb liefern (6 Euro Stundenlohn für die Fahrer sind keine Seltenheit), ein Signal an die Politik, sich um die Ami-App-Dienstleistung von Uber umgehend zu kümmern.

Auf der anderen Seite sind die Demonstrationsfahrten von Europas Taxifahrern aber auch eine ungewollte PR-Aktion für die US-App Uber: Denn bislang kannte Uber faktisch in Deutschland kaum jemand. Erst durch die groß angekündigte Aktion der Taxifahrer Europas, darunter auch der Berliner, nun eine Demonstrations-Fahrt gegen die Uber-Privatauto-App ("Taxi-App") zu starten, läuft die Uber- PR-Maschine wie geschmiert. Durch die umfangreiche Medienberichterstattung lernen plötzlich Millionen Verbraucher auf einen Schlag mal wieder eine amerikanische App kennen, die vorher niemanden hierzulande groß interessierte.

Die Nachrichtenagentur dpa berichtet jedenfalls, wonach "Taxifahrer gegen Online-Dienste auf die Barrikade" gingen. Neben dem Haupt-Demonstrationsort Berlin solle es nach Angaben des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands, schreibt dpa, "in Hamburg, Köln und München" kleine Demonstrationsfahrten geben.

Mangelnde staatliche Regulierung von Ami-Apps in der EU und Deutschland

Dass die Taxifahrer durch eine private Auto-Dienstleistung eines Fahrdienstes ihr Geschäft bedroht sehen, ist verständlich. Dass der Wettbewerb unfair ist, da die Ami-App mal wieder europäisches Recht großzügig auslegt, stimmt ebenfalls. "Möglicherweise haben wir es sogar tatsächlich mit einer juristisch nicht akzeptablen Wettbewerbs-Verzerrung zu tun", sagt ein Leipziger Anwalt.

Fakt ist: Bislang lehnt sich die Politik zurück, indem sie bei Apps seltsamerweise sagt, das Recht einer App basiere ausschließlich auf dem Ursprungsland und nicht auf dem Land, in welchem eine App zur Anwendung gelange. Warum die Politik und auch die Richter von Deutschland, das einfach so klaglos hinnehmen, verwundert. "Schon bei der offensichtlichen nicht vollumfänglichen Einhaltung der umfangreichen Datenschutzgesetzte Europas durch Messenger-Dienste wie Whatsapp oder Viber", habe das, sagt eine Anwältin, sehr gewundert und sie halte das "auch für skandalös".

Bislang versucht Uber in rund 20 europäischen Städten private Autofahrer dazu zu bewegen, eine Fahrdienstleistung für Uber anzubieten. Doch wirklich erfolgreich war das zumindest in Deutschland nicht.

Doch viel wichtiger ist: Dass US-"Bewertungen" von Internet-Unternehmen mit deutschen und europäischen Bewertungen von Internet-Dienstleistungen überhaupt nichts mehr gemein haben und wir es mit einer gigantischen Blase zu tun haben, zeigt einmal mehr die geradezu pervers hohe Bewertung von "Uber":

Mit Milliarden Dollar das Internet noch stärker amerikanisieren - Uber fast so viel Wert wie Daimler-Benz?

Angeblich sei die Dienstleistungs-App fast so viel wert - 17 Milliarden Dollar - wie die deutsche seit über 100 Jahren erfolgreiche Automobilmarke Marke Mercedes Benz, welche mit 24 Milliarden Euro als Marke nur etwas über Uber bewertet ist. SAP ist entsprechend einer Markenbewertung sogar unter Uber bewertet - mit rund 15 Milliarden Euro. Als Basis dieser Einschätzung dient, dass Spekulations-Investoren in Uber kürzlich 1,2 Milliarden Dollar investierten. Doch ist bislang weder bekannt, dass Uber wirklich erheblich Geld umsetzt, noch eine Gewinn-Maschine wäre. Ein Investment in Uber in dieser Größenordnung kann man also getrost als Investitions-Wette, auch als Investitions-Spiel ansehen.

Deshalb können solche Investments mittlerweile durchaus mit der in den USA vor Jahren geplatzten Immobilienblase verglichen werden. Der Vorteil dieses Mal ist nur: Es trifft nicht ganz so viele Kleinanleger, sollte diese Internet-Spekulations-Blase einmal platzen – und die, die das Geld geben, schwimmen sowieso im Geld. Dennoch hat es enorme mikroökonomische und makroökonomische Auswirkungen.

Banken und Family Offices müssen auch die deutsche Internetszene fördern - und zwar wettbewerbsfähig zu den USA

Dem Investment-Spiel die Krone setzt es gleichzeitig auf, dass erfolgreiche deutsche Internet-Unternehmen häufig um jedes noch so kleine Investment bei Banken und Fonds, auch Family Offices, anstehen müssen, als wären sie Bittsteller fünfter Klasse. Doch das wirft Deutschland und die EU immer weiter zurück im Kampf gegen ein ausschließlich von den USA dominiertes Internet und Digitalgeschäft.

Das heißt: Es gibt ein komplett unterschiedliches Werte-Koordinaten-System zwischen den USA und Deutschland und Europa bezüglich der Bewertung des Zukunftsmarktes Internet. Für die USA ist klar: Die Welt wird ausschließlich digital, deshalb die sehr hohen Investitionen auch in recht dünne Apps wie Uber. In Europa weigern sich Banken häufig an Internet-Unternehmen überhaupt auch nur Kredit einzuräumen mit den Worten: Wir können Eurer Digital-Geschäft nicht bewerten, da Ihr keine Produktionsstätten - also Fabriken mit Maschinen - habt.

Derzeit läuft es in Deutschland und der sonstigen EU so: So würde beispielsweise eine Firma mit 1000 Mitarbeitern, welche Ziegelsteine produziert, umfangreich Fördergelder für den Bau einer Firmenzentrale für seine Mitarbeiter von der EU, aber auch anderen deutschen staatlichen Förderfonds erhalten können. Nicht aber eine Internetfirma mit 1000 Mitarbeitern. Hier sagt der deutsche Staat, aber auch die EU, trotz der immer stärkeren Amerikanisierung des Internets und Digitalgeschäfts zu deutschen Start-Ups, aber auch zu großen Internetfirmen: Ihr seid nichts wert, wir geben Euch keine Fördergelder für den Bau einer Firmenzentrale.

Es geht um mehr als Taxis: Es geht um ein freies europäisches Internet das wettbewerbsfähig ist

Insofern wird auch die Demonstrationsfahrt der Taxifahrer gegen Uber nicht viel bringen, da Deutschlands und die EU-Politiker immer noch schlafen und schlafen und schlafen.

Neben rund 1000 "streikenden" Taxifahrern in Berlin werden weitere rund 5000 in Madrid erwartet, in Paris 3000. Insgesamt rechnen die Organisatoren mit bis zu 20.000 streikenden Taxis. In Paris könnte deshalb am Mittwoch beispielsweise eine Taxi-Abfahrt von den bekannten Flughäfen Orli oder Charles de Gaulle schwierig werden. Ähnlich könnte es an den Flughäfen in Lissabon, Sao Paolo, aber auch der US-Stadt Chicago aussehen. Denn selbst in den USA stehen die Taxifahrer, aber auch einige Politiker, der neuen privaten Fahrdienst-Leistungs-App Uber nicht ganz gelassen gegenüber.

Wer ein Auto mit der Uber-App mietet, der könnte auf zahlreiche Probleme stoßen. So sei man, warnt beispielsweise der Präsident des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands BZP, Michael Müller, nicht wie in einem Taxi versichert. Auch müssten die Privatfahr-Dienstleister weder einen Gesundheitscheck nachweisen, noch belegen, dass ihre Autos auch vollumfänglich fahrtüchtig seien und den Sicherheitsanforderungen an eine solche Dienstleistung entsprächen.

Immerhin reagieren mittlerweile einige EU-Städte. In Brüssel sei, schreiben diverse Medien, eine private Fahrdienstleistung per App untersagt. Immerhin konnte in Berlin eine Einstweilige Verfügung erwirkt werden gegen Uber. Da jedoch der Amidienst Milliarden Euro im Hintergrund hat, getrauen sich die Taxifahrer derzeit nicht, die EV auch zu vollstrecken.

Die EU und Deutschland fördert mit staatlichen Fördergeldern zum Bau von Firmenzentralen nur Firmen der Old Economy - eine Internetfirma mit 1000 Mitarbeitern erhält in Deutschland kein Fördergeld

Man sehe für das eigene Gewerbe für eine Auseinandersetzung mit der Milliarden-Poker-App Uber zu große wirtschaftliche Risiken, erklärt ein Taxifahrer. Bleibt also wohl nur eins: Deutschlands Politiker und die EU-Politiker müssen ihren Hintern hochbekommen und sich des Themas annehmen - dazu gehört nicht nur Uber, sondern auch eine Änderung der Förderkriterien durch staatliche Fördergelder gegenüber Internetunternehmen generell, aber auch eine starke Einbindung aller in der EU angebotenen Apps an europäisches- und damit auch deutsches Recht.

Außerdem gilt: Deutschland und die EU müssen sowohl privatwirtschaftlich (Banken und andere Investoren) als auch staatlich endlich aufhören, die Internetszene, welche es hierzulande gibt, in ihrem Wachstum zu hindern, sondern fördern – und zwar vergleichbar dem Amikrieg gegen die EU im Internet.

Wenn das nicht geschieht, wird die schon jetzt bestehende erhebliche Wettbewerbsverzerrung zwischen den Amis und der EU noch weitere Gräben schlagen, die schon jetzt schier uneinholbar sind. Zumindest auf politischer Seite ist bislang der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eine seltene Ausnahme mit seiner Google-Attacke, in welcher er dem Internet-Suchmaschinen-Dienstleister, welcher bereits über 60 Milliarden Dollar umsetzt bei rund 13 Milliarden Dollar Jahresgewinn, deutliche staatliche Reglementierungen ankündigte – möglicherweise auch mit Hilfe des Kartellgesetztes.

Am Ende könnte das zumindest in der EU auf eine Zerschlagung der Google-Macht hinauslaufen. Denn gut 90% aller Suchanfragen laufen über Google, was bedeutet, dass Google die kartellrechtliche heikle Marke von 30% Marktanteil beispielsweise im Bereich der Internetwerbung wohl überschritten hat.

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