Fettes Minusgeschäft: Google stößt Motorola für 2,9 Mrd. an Lenovo ab

Larry Page wird mit den Worten zitiert, wonach man künftig eng zwischen Google und Lenovo zusammenarbeit: "Now, as we set our sights bringing the mobile Internet to the next 100 million people, Lenovo is the perfect partner to help us achieve that goal." Erst kürzlich hatte Google bereits 2,6 Milliarden Dollar mit dem Verkauf von "Motorola Home" erlöst. Dabei handelt es sich um das im Pay-TV-Markt benötigte Geschäft mit TV set-top boxen. Summiert man die Verkaufserlöse zusammen, hat Google bislang satte 7 Milliarden Dollar weniger einnehmen können, als ursprünglich für Motorola im Mai 2012 hingeblättert worden war – nämlich 12,5 Milliarden Dollar.

Foto: Motorola.com Webseite
Die Motorola-Handys tun sich nach wie vor schwer auf dem Weltmarkt.

Dass Google in einem sagenhaften Reichtum schwimmt, zeigt sich daran, dass es sich der stark inhabergeprägte Konzern aus Mountain View in den USA leisten kann, nach nur zwei Jahren den US-Handyhersteller Motorola Mobility (Moto X Handy, Moto G) für nur 2,9 Milliarden Dollar an Lenovo in China zu verkaufen. Das verkündete nun Google CEO Larry Page. CEO bei Motorola ist Dennis Woodside.

Der nun von Google offensichtlich überstürzt in die Spur gebrachte Verkauf des amerikanischen Handyherstellers Motorola liegt daran, dass Motorola Smartphones "Made in the USA" bislang die Käufer nicht so recht überzeugt hatten. So soll alleine in den ersten neun Monaten des Jahres 2013 der Motorola-Verlust bei 645 Millionen Dollar gelegen haben.

Trotz des jetzigen Verkaufs ist man bei Motorola stolz auf das Erreichte in den vergangenen drei Jahren. So heißt es auf der Konzernwebseite unter Bezugnahme auf die Leistungen des Google CEOs Dennis Woodside: "Dennis was Google’s Vice President of Americas Operations, managing the company’s relationships with partners and advertising agencies. In the U.S. alone, Dennis and his team drove revenue from $10.8 billion to $17.5 billion in fewer than three years."

Der Verkauf von Googles Handysparte Motorola zusammen mit rund 2.000 Patenten an ein chinesisches Unternehmen gilt als unternehmerischer Paukenschlag bei Google. Viele fragen sich: Was soll das? Zunächst dachten alle, Google wolle ernst machen, mit seinem Ziel sich auch offline als Industrie-Gigant zu etablieren. Nun erfolgt aber dieser drastische Rückzieher. Verständlich wird er nur, wenn man sich die Bilanzen anschaut und die Verluste, die der bisherige US-Konzern Motorola einfährt.

Noch eindrucksvoller als mal eben im Handstreich einen Verlust von gut 7 Milliarden Dollar beim Verkauf eines Unternehmens einfach so hinzunehmen, kann man Macht nicht darstellen, wie mit dem jetzigen Verkauf der Handysparte an Lenovo. Trotz der offensichtlichen erheblichen unternehmerischen Fehlentscheidung von Google beim Kauf von Motorola zeigt die Google-Aktie noch nicht einmal sonderlich große Ausschläge an der Börse. Das wäre derzeit bei nahezu allen 30 Dax-Unternehmen komplett anders. Hier würden sich die Krisenmeldungen über den Verkäufer wahrscheinlich überschlagen. Bei Google nimmt man selbst ein Minus-Geschäft im Umfang von 7 Milliarden Dollar an der Börse recht locker.

Ob sich Lenovo an Motorola Mobility überhebt oder nicht - das ist nun nicht mehr Googles Problem. Es heißt, wonach sich der Verkaufspreis aus "cash, stock and deferred payments" zusammensetze. Konkret: Lenovo bezahlt lediglich 660 Mio. Dollar in bar, 750 Mio. Dollar sollen in näherer Zukunft fließen - und zwar zum Zeitpunkt des Deal-Abschlusses. Weitere 1,5 Mrd. Dollar zahlt Lenovo an Google in Form eines Drei-Jahres-Schuldscheins.

Verhebt sich Lenovo an Motorola?

Immerhin sichert sich Google angeblich 5 % an dem neuen chinesischen Großhandyhersteller Lenovo. Das erinnert ein bisschen an den Versuch von Porsche den Volkswagen-Konzern zu übernehmen. Heute ist Porsche mit VW faktisch fusioniert und die Porsche-Familie hat zwar ihren 100%-Anteil an Porsche verloren, ist aber dafür mit einem großen Aktienpaket an VW beteiligt - einer Marke, die derzeit auf dem besten Weg ist, die Nummer 1 der Autokonzerne weltweit zu werden.

Als Google im Mai 2012 für 12,5 Milliarden Dollar den damals bereits angeschlagenen Handyhersteller Motorola übernahm, hatte Google vor allem ein Ziel: Apple mit dem Motorola Konkurrenz zu machen. Dabei hoffte man auch, wonach die großen Flügel der glamourösen Marke Google ausreichten, um Motorola weltweit nach vorne zu pushen.

Doch auch heute noch redet kaum jemand, der ein neues Handy in Deutschland, Österreich oder der Schweiz kaufen möchte, unbedingt von Motorola. Viele hören diesen Namen eigentlich immer nur dann, wenn es um Veränderungen in der Anteilseigner-Struktur gibt.

Als Google Motorola übernahm, kaufte das Unternehmen gleichzeitig 17.000 Patente. Es scheint, dass diese Patente nun eben nicht komplett an Lenovo übergehen, sondern dass Google 15.000 Patente behält. Insofern müsste man dieses fairerweise mit den rund 7 Milliarden Dollar geringeren Erlösen beim Verkauf aufrechnen. Doch eines ist klar: Es bleibt ein dickes Minusgeschäft für Google.

Die bei Google verbleibenden rund 15.000 Patente dürfte der Internetsuchmaschinen-Monopolist höchstwahrscheinlich im Rahmen des Ausbaus seines Smartphone-Betriebssystems Android weiterhin nutzen. Insofern könnte der Verkauf wiederum Sinn machen. Denn: Android hat weltweit nach Schätzungen bereits einen Marktanteil unter den Handy-Betriebssystemen von über 30 % und liegt damit weit vor Microsofts Handy-Betriebssystem.

Ob es die Marke Motorola auch weiterhin geben wird, ist derzeit unklar. Am erfolgreichsten agieren weltweit Handymarken wie Apple, Samsung, Nokia (Microsoft), BlackBerry (bedingt) oder HTC.

Dennoch scheint der chinesische Konzern Lenovo über weitreichende finanzielle Mittel zu verfügen. Denn erst vor kurzem kauften die Manager des Reichs der Mitte für stolze 2,3 Milliarden Dollar das "industry-standard server business" von IBM.

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