Google muss Vergnügungsfotos von Formel 1 Boss Max Mosley aus Index entfernen

Jetzt ordnete ein französisches Gericht Google an, alle Links zu neun Bildern bezüglich des ehemaligen Formel 1 Bosses Max Mosley und der Prostituierten komplett aus dem Google-Search-Index im Internet zu entfernen. Britische Medien, für ihre Bösartigkeit bekannt, bezeichnen die Bilder gerne als Fotos einer "sadomasochistic orgy", also einer sadomasochistischen Orgie. Der durchaus auch presserechtlich wichtige Erfolg Max Mosleys stärkt das Recht auf Privatsphäre, welchem sich nach Ansicht zahlreicher Medien- und Presserechts-Anwälten auch Google nicht entziehen dürfen sollte. Der juristische Erfolg gegen Google gelang dem ehemaligen Formel 1 Boss Mosley vor dem Pariser "superior court".

Foto: Scrennshot Google Lateinamerika
Google wurde von einem Gericht verurteilt, Sexfotos zu entfernen.

Es ist durchaus ein Sieg für das Recht eines jeden Bürgers, aber auch eines jeden Unternehmens oder sonstigen Institution, bestimmte Dinge nicht mehr über sich im Internet auffinden zu lassen: Google hat in Frankreich einen Gerichtsstreit mit Max Mosley verloren. Konkret ging es um gerichtlich untersagte Videos und Fotos rund um private Vergnügungen mit Prostituierten, die nach wie vor über den Google-Index entweder textlich oder anderweitig auffindbar waren.

Die Fotos, die Google nun definitiv aus dem Index entfernen muss, zeigen Szenen, in welchen Mosley mit Prostituierten zu sehen ist. Besonders schwerwiegend aus Sicht des Gerichtes wog gegen Google, dass der Milliardenkonzern davon wusste, dass Mosley diese Bilder, die spielerisch, wahrscheinlich sexuell motivierte, militärische Impressionen widergaben, bereits vor einem Londoner Gericht hatte erfolgreich den Medien verbieten lassen. Britische und auch deutsche Medien hatten gerne behauptet, es wären Nazi-Sex-Szenen auf den Fotos zu sehen. In London hatte Mosley primär einen Gerichtsprozess gegen das Boulevardblatt News of The World (NoTW) erfolgreich geführt.

News of The World hatte gleich ein ganzes Video der angeblichen Orgie publiziert - und damit vorsätzlich das Recht auf Privatheit auch von Prominenten verletzt. Das Video und die Fotos hatten die Nutten kriminell, illegal und heimlich gemacht und veröffentlicht. Das Londoner Gericht hatte die für die Sonntagszeitung News of the World nicht gerade hohe Strafe von 60.000 britischen Pfund ausgesprochen.

Nach Ansicht vieler Presserechtler sei diese Strafe aber für einen Milliardenkonzern wie die News Corporation (Rupert Murdoch), welche hinter der News of The World steht, viel zu niedrig gewesen. Allerdings wägen Gerichte stets das hohe Gut der Pressefreiheit gegen das ebenfalls hohe Gut des Rechts auf Schutz der Privatsphäre ab. Dabei gilt allerdings: Je prominenter eine Person ist und desto aktiver sie ihr eigenes Privatleben öffentlich präsentiert, desto niedriger fällt dieser Schutz in der Regel aus Sicht der Gerichte gegenüber den Medien aus. Auch spielt die Größe und Schwere eines Verstoßes und bestehende andere Gerichtsurteile zu ähnlichen Fällen für das Strafmaß eine erhebliche Rolle.

Jedenfalls hatte das Gericht in London die weitere Verbreitung der neun Fotos der News of The World verboten. Die Fotos hätten "Fesselspiele, Schläge und Dominanz" gezeigt und dürfen nun auch von Google nicht mehr auffindbar im Google Search Index gemacht werden.

Google erhält verhältnismäßig niedrige Strafe

Nach dem neuen französischen Gerichtsstreit muss Google eine verhältnismäßig geringe Strafe bezahlen - 5.000 Euro für die Anwaltskosten für Mosley (die für Mosley in Wirklichkeit aber erheblich höher liegen dürften) und 1 Euro (£0.89) als "Token". Was darunter zu verstehen ist, ist noch nicht klar. Google selbst polterte, man sehe auf Grund des Gerichtsurteils einen Eingriff in die Freiheit und sehe sich als Bestandteil des Aufbaus einer "censorship machine". Interessant wäre sicherlich zu sehen, was die Google-Gründer selbst machen würden, wenn von ihnen in Google Sexvideos oder Sexfotos kursierten....

Dass die Gerichte zunehmend die Technik des Internets besser verstehen, zeigt sich daran, dass die französischen Richter Google anordneten nicht nur aktuelle Treffer, sondern auch Treffer aus der Historie der Suchmaschine, also Bilder aus dem Cache, zu entfernen und zwar rückwirkend für fünf Jahre - also dem Beginn der von Medien als Sexskandal bezeichneten Medienaffäre rund um Max Mosley.

Heikel ist hierbei aber, dass faktisch alle Webseiten im Internet von so genannten Wayback-Machines automatisch gescannt und für alle Ewigkeit gespeichert werden. Hier stellt sich nun aber die Frage: Google selbst wird das kaum löschen können. Sind nun aber auch die Wayback-Machines am Zuge, selbst dafür Sorge zu tragen, dass die Bilder dort entfernt werden? Nach Meinung von Presserechtlern sehr wohl. Denn eine gerichtlich durchgesetzte Verfügung ist für alle Medien bindend - zumal wenn sie in recht großem Umfang medial bekannt geworden ist. Üblich ist aber, dass Prominente oder Unternehmen Webseiten kostenfrei darauf aufmerksam machen, wenn solche Urteile gefällt wurden, um diesen eine Chance zu geben, Content unentgeltlich zu entfernen.

Googles Rechtsvertreter vor dem französischen Gericht, Daphne Keller, sagte jedenfalls, sie sehe das neue Gerichtsurteil gegen Google als schwierig an, mit ernsthaften Konsequenzen "für die freie Meinungsäußerung". Deshalb wolle Google jetzt dagegen angehen. Doch das dürfte problematisch sein. Denn: Je höher eine Gerichtsinstanz in ihrem Urteil, desto bindender und richtungsweisender ist dieses Urteil dann für alle anderen Gerichtsinstanzen - häufig mit internationaler Ausstrahlung. Wenn Google also auch in der nächsten Instanz verlieren würde, hätte Google es mit allen künftigen und gegenwärtigen ähnlichen Prozessen (Stichwort: Bettina Wulf) schwer, wenn nicht sehr schwer.

Google ist das bewusst und räumte ein, mittlerweile einen schnellen und effektiven Weg gefunden zu haben, gesetzlich nicht mehr erlaubte Medientreffer aus dem Google-Index zu entfernen. Technisch sind solche gerichtlich verbotenen Treffer in Suchmaschinen durchaus ein umfangreicheres aber zumutbares Unterfangen. Komplex wird es, wenn gerichtlich verbotene Videos oder Fotos, auch Texte, weltweit auf unzähligen Servern über Filesharing Plattformen filetiert wurden und dann über Aktivierung eines Linkes wieder zusammengesetzt werden. Aber auch in solchen Fällen ist im Falle Max Mosleys Google nun dazu verpflichtet worden, Trefferlinks im Such-Index zu unterbinden und zu entfernen. Vor Gericht war Mosley durch den Presseanwalt El Reg vertreten worden.

Unternehmen und Prominente nutzen Geld und naive Gerichte um die Pressefreiheit auszuhebeln

Dennoch gilt: So schön der Erfolg für Mosley ist, so schwierig ist es doch für die Masse anderer solche Presseprozesse überhaupt erst einmal zu führen, durchzuhalten und zu bezahlen. Mosley dürften die Presseprozesse Millionen Euro gekostet haben. Da Gerichte häufig nach Gebührensätzen abrechnen, dürfte Mosley auf einem Großteil der Anwalts- und Gerichtskosten selber sitzen bleiben.

Selbst große Firmen mit gut 2.000 Mitarbeitern und mehreren hundert Millionen Euro Umsatz im Jahr haben oftmals erhebliche Probleme juristisch eindeutig falsche Behauptungen im Internet entfernen zu lassen. "Häufig übernehmen hunderte Webseiten juristisch verbotene Inhalte". Ein Großteil dieser Webseiten bekommt überhaupt nicht mit, dass hier gerichtlich bestimmte Inhalte verboten wurden oder weigern sich selbst nach Aufforderung, den Content offline zu nehmen“, berichtet der Leiter der Unternehmenskommunikation eines bekannteren Unternehmens.

Hier bleibt dann den betroffenen Unternehmen oder Personen häufig nur übrig, mit einer Abmahnkanzlei hunderte Medien anschreiben zu lassen. Dabei wird aber oftmals abgewogen zwischen der Tatsache, dass es gefährlich sein kann, sich mit allen Medien anzulegen und dem Anliegen, kleinere Blogs und kleinere Nachrichtenseiten nicht in den Konkurs treiben zu wollen oder unverhältnis stark mit Kosten belasten zu wollen. Beispielsweise setzt eine Webseite wie Netz-Trends.de mit monatlich rund 30.000 Seitenaufrufen monatlich gerade einmal rund 150 bis 250 Euro um. Viele Mitarbeiter arbeiten also eher ehrenamtlich am Aufbau dieses Nachrichtenblogs mit.

"Deshalb legt beispielsweise die Rechtsabteilung mir stets alle falschen und juristisch verbotenen oder angreifbaren Dinge, die im Internet auf Webseiten über unser Unternehmen publiziert wurden, vor", berichtet der Leiter der Unternehmenskommunikation eines Unternehmens Netz-Trends.de weiter. "Hier entscheide ich dann, ob eine Webseite gleich kostenpflichtig abgemahnt wird von der Anwaltskanzlei oder lediglich ein unentgeltliches Warnschreiben erhalten soll".

Je nach Größe der Webseite falle die Entscheidung, ob eine anwaltliche Abmahnung mit Kostenbelastung oder ohne Kostenbelastung verschickt werde - und falls mit Kostenbelastung, in welcher Höhe. Dabei gelte: "Je kleiner eine Nachrichtenseite oder ein sonstiger Blog, desto eher tendiere ich zu einer kostenlosen Variante", erzählt der Leiter der Unternehmenskommunikation.

Doch das habe wiederum für ihn selbst als Leiter der Unternehmenskommunikation Konsequenzen, berichtet er Netz-Trends: "Denn eine Anwaltskanzlei möchte ja auch Geld verdienen. Deshalb haben wir Pauschalen verhandelt, die wir ab einer bestimmten Erfolgsquote der Offline-Nehmung von Inhalten als Unternehmen der Kanzlei bezahlen."

Wenn Unternehmen gegen kleine Webseiten gleich mal 500.000 Euro Streitwert vor Gericht angeben

Doch es gibt auch andere Unternehmen, die vorsätzlich und zielgerichtet Webseiten kaputt machen möchten. Das Mittel dazu ist recht einfach: Eine Anwaltskanzlei mahnt eine kleine Webseite mit einem völlig überzogenen Streitwert beispielsweise in Höhe von 500.000 Euro ab - beispielsweise, wenn diese geschrieben hat, Produkte der Firma XY seien "Schrott". Die Kanzlei legt dann gleich noch eine Abmahnrechnung in Höhe von 600 bis 5.000 Euro bei und bittet um umgehende Begleichung. Hier haben dann die Webseiten die Möglichkeit entweder in Widerspruch zu gehen und einen Gerichtsentscheid abzuwarten, oder sich gleich zu unterwerfen und die Inhalte offline zu nehmen. Doch das würde dann auch die Begleichung der hohen Rechnung der Anwaltskanzlei bedeuten.

Netz-Trends weis von so einem Fall: Ein Hersteller hatte ein Portal wegen einer angeblich rufschädigenden Behauptung gleich mit 500.000 Euro Streitwert abgemahnt und eine Rechnung über 5.000 Euro beigelegt. Daraufhin hatte das Portal den Artikel zwar freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht sogar ganz offline genommen (was es nicht hätte tun müssen), um eine weitere juristische Auseinandersetzung zu vermeiden. Dennoch war das gegnerische Unternehmen vor das Landgericht Stuttgart gezogen.

Problem: Dort ist die Abteilung, welche sich um Klärung presserechtlicher Sachfragen kümmert, noch nicht für Onlinemedien zuständig. Deshalb landete der Fall in einer Nebenkammer, die sich aber mit Presserecht nicht auskennt. Entsprechend wurde ein Urteil gegen das Portal gefällt in einem unüblichen "und rechtlich auch zweifelhaften Ausmaß" (O-Ton Presseanwalt aus Berlin). Auch der Streitwert war unüblich hoch festgelegt worden - auf 150.000 Euro. Üblich wären in solchen Fällen aber Streitwerte zwischen 5.000 und 20.000 Euro gewesen. Letztlich wurden dann auch zahlreiche Passagen dem Onlineportal verboten, welche aber von einem Pressegericht wahrscheinlich überhaupt nicht moniert worden wären.

Sich vor Gericht gegen klagende Unternehmen zu wehren kostet leicht 5.000 bis 30.000 Euro

Dennoch hat sich das Portal gerichtlich unterworfen, da die Gerichtskosten und Anwaltskosten schon bei 5.000 bis 10.000 Euro lagen. Die nächst höhere Instanz hätte Kosten von 15.000 Euro mit sich gebracht. Das ist für kleine Webseiten mit 30.000 Seitenaufrufen im Monat faktisch nicht mehr zu bezahlen, wohl aber für klagende Unternehmen. Um weitere hohe Kosten mit einem entsprechenden Prozessrisiko zu vermeiden, hatte sich das Portal schließlich unterworfen – und muss obendrein wahrscheinlich gut 5.000 bis 6.000 Euro Kosten tragen und das, obgleich das Bundesverfassungsgericht dem Portal wahrscheinlich Recht gegeben hätte (O-Ton Presseanwalt).

Doch eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht kostet leicht 30.000 bis 50.000 Euro. Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, kann dieses Risiko eingehen, nicht aber kleine Nachrichtenseiten im Internet, die das häufig aus Kostengründen sich nicht leisten können.

Deshalb nutzen viele Unternehmen und Prominente exakt solche Möglichkeiten – nämlich ausschließlich auf die finanzielle Unterlegenheit der Blogs und Nachrichtenseiten zu setzen und die Unerfahrenheit von Amtsgerichten oder Landgerichten mit dem Presserecht - um sich angebliches Recht zu verschaffen gegen Medien oder Blogs.

Doch noch heißt es im deutschen Grundgesetzt zumindest in der Theorie: "Jeder hat das Recht seine Meinung in Wort, Bild und Schrift frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus frei zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten".

Doch immer mehr Amtsgerichte und Landgerichte untergraben dieses wichtige Recht durch eigene mangelnde Kompetenz und machen sich damit zu Handlangern von Großkapital oder Prominenten, die letztlich in der Tat versuchen, eine moderne Form der Zensur aufzubauen. Ganz nach dem Motto: Positive Nachrichten sind willkommen, negative und kritische aber nicht. Dabei wissen sie aus Erfahrung: Sich wirklich wehren gegen Zensur, das können sich finanziell nur die großen Player am Markt leisten: Der Spiegel zum Beispiel, Gruner + Jahr, Axel Springer, Burda, die ARD oder das ZDF, auch RTL oder Pro7.

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